Javier Frana: "Jurij Rodionov hat viele Qualitäten und Tugenden"
Mit Javier Frana hat Jurij Rodionov seit diesem Jahr einen neuen Coach - und mit ihm großen Erfolg. Im Gespräch mit matchtenis.com spricht der Argentinier über seinen neuen Schützling und erklärt, was es braucht, um ein guter Trainer zu sein.
von Michael Rothschädl
zuletzt bearbeitet: 22.03.2020, 15:06 Uhr
Was war 2019 nur für ein verkorkstes Jahr für Jurij Rodionov. Eigentlich hätte der junge Österreicher im Vorjahr nach den starken Ergebnissen 2018 der Durchbrung und der Sprung in die Top-100 der Weltrangliste gelingen sollen, doch stattdessen lief es überhaupt nicht nach Wunsch für den gebürtigen Nürnberger. Die Folge: Der Österreicher verlor in der ATP-Weltrangliste an Land und fiel bis weit außerhalb der Top-300 zurück. Es musste sich etwas ändern. Und was ist das Naheliegenste, wenn es nicht läuft und man nicht weiß, warum? Ein neuer Coach, neue Trainingsbedingungen, neue Reize müssen her.
Wolfgang Thiem holt Javier Frana
Für den jungen Rodionov bedeutete dies, sich Unterstützung von Wolfgang Thiem zu holen. Seit vergangenem Winter trainierte der Niederösterreicher also unter der Ägide von Papa Thiem, der in Rodionov ganz großes Potenzial sieht: "Er ist ein talentierter Spieler mit großen Stärken. Für mich hat er unglaubliches Potenzial", so Thiem. Wolfgang Thiem war es außerdem, der Jurij Rodionov einen neuen Touring-Coach zur Seite stellte. Durch die Kontakte von Nicholas Massu, der Touringcoach von Dominic Thiem, war dieser schnell gefunden: Mit Javier Frana nahm den Österreicher nicht nur ein ehemaliger Weltklassespieler unter seine Fittiche, Javier Frana hat auch als Coach einiger südamerikanischer Spieler bereits einiges an Erfahrung vorzuweisen.
Seine Zeit als Spieler sieht Frana zwar als guten Grundstein für eine Trainertätigkeit, eine Erfolgsgarantie sei dies aber keineswegs: "Gespielt zu haben, kann ein Vorteil sein und vieles erleichtern, aber nur wenn man weiß, wie man sie übertragen kann, wenn man weiß, wie man sie interpretiert und kommuniziert", erzählte der Argentinier im Interview mit matchtenis.com. Man könne nachvollziehen, in welchen Situation ein Spieler sich befindet, aber dies sei nicht alles. "Die zentrale Rolle des Coaches ist es, die Identität des Spielers zu finden", so Frana. Wenn er noch ein aktiver Spieler wäre, würde er seinen Coach als erstes fragen: "Was siehst du in mir und wie siehst du mich in der Zukunft", erklärt der 53-Jährige.
"Jurij Rodionov fühlte sich wohl"
Eine Taktik, die er auch in seinen Anfängen als Coach von Jurij Rodionov angewendet hat: "Was wir in den wenigen Tagen tun konnten, war, mit zwei oder drei Prämissen zu arbeiten: Du bist Linkshänder und spielst gerne so, du fühlst dich wohl bei diesem und jenem, und damit begannen wir, die Chips zu bewegen. Diese Reihenfolge erlaubte es ihm, sein bestes Tennis herauszunehmen und eine strategische Reihenfolge zu finden, die ihm die guten Ergebnisse brachte", erzählte Frana. Wie Wolfgang Thiem sieht auch Javier Frana in Jurij Rodionov großes Potenzial: "Jurij Rodionov hat viele Qualitäten und Tugenden."
Javier Frana verfolgt als Coach eine ganz eigene Philosophie: "Am Ende spielt es keine Rolle, ob der Punkt gewonnen oder verloren wurde; wenn der Plan richtig war, dann war der Punkt in Ordnung." Jurij Rodionov habe sich wohl gefühlt, die Siege ihm das nötige Selbstvertrauen gegeben - dadurch wären die Siege zustande gekommen. "Seine Qualitäten haben uns auch geholfen", betonte Frana. Qualitäten, die Jurij Rodionov seit der Zusammenarbeit mit Frana eindrucksvoll unter Beweis stellte. Der Sieg beim hochdotierten Challenger in Dallas, wo er drei Top-100-Spieler aus dem Weg räumte, war dabei erst der Anfang. Rodionov holte auch in Cuernacava den Titel, zog in Columbus ins Halbfinale ein und legte beim Davis-Cup-Duell mit Uruguay eine neuerliche Talentprobe ab, als er Routinier Pablo Cuevas an den Rand einer Niederlage drängte.