Marion Bartoli will weniger Geld im Doppel sehen: "Manche Spieler haben sechs Leute bei sich"

Wimbledonsiegerin Marion Bartoli hat gegen die Preisgelder von Doppelspielerinnen gewettert - und muss sich nun einiger Kritik aussetzen.

von Florian Goosmann
zuletzt bearbeitet: 28.05.2020, 14:46 Uhr

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Marion Bartoli

Sie werde sich vermutlich keine Freunde machen, war sich Bartoli bereits zu Beginn ihrer Ausführungen bewusst. Aber sie denke, man müsse es mal aussprechen. Und tat genau dies. "Ich verstehe die ganzen Doppelwettbewerbe über's gesamte Jahr nicht. Ich verstehe das während der Grand Slams und Olympia, weil Doppel ein Teil der Geschichte des Tennis ist", sagte die 35-Jährige in einem Chat. "Ich bin mit meiner Spielerin auf einigen Turnieren gewesen und gesehen, dass die Doppelspieler nun Teams haben, sechs Leute um sich herum. Als ich Spielerin war, Einzelspielerin, konnten wir es uns nicht leisten, sechs Leute zu zahlen, die ständig mit uns gereist sind. Und sie können sich das leisten, sechs Leute zu zahlen, obwohl sie nur Doppel spielen."/

Bartolis Meinung: Das entsprechende Geld, das im Doppel verdient würde, solle lieber an (Einzel-)Qualifikanten gehen, oder Spieler auf Challenger-Turnieren. Denn im Doppel betreibe man nicht denselben Aufwand wie als Einzelspieler. "Da trainiert man nicht so viel... und dennoch spielen sie weiter, verdienen Woche für Woche dieses Geld." Sie wisse nicht, ob man komplett mit dem Doppel aufhören solle, "aber weniger auszuschütten und dieses Geld den Qualifkanten und anderen zu geben, das wäre eine Lösung."

Bartolis Aussagen stießen selbstredend bei den Doppelspielern auf heftige Kritik. "Wir könnten uns niemals sechs Leute leisten", twitterte beispielsweise Joran Vliegen, aktuell die Nummer 36 der Doppelwelt. "Wir haben erst kürzlich einen Touring-Coach hinzugeholt. Und trainieren fünf bis sechs Stunden täglich. Das ist für sie wohl nicht genug." Natürlich gebe es ein Problem mit der Preisgeldverteilung bei den niedriger platzierten Spielern. "Aber das ist nicht die Lösung, um das zu ändern."

Gaby Dabrowski kontert Bartoli: "Kein Doppelspieler kann sich Vollzeit-Team leisten"

Eine entschiedene Kritik übte auch Gaby Dabrowski, die Nummer 7 der Doppelwelt. Doppelspieler würden im Schnitt weniger als 19 Prozent der Einnahmen von Einzelspielern verdienen. Ob Bartoli bewusst sei, dass dieses Geld dann noch zwischen den zwei Spielern aufgeteilt werden müsse..? Doppel sei zudem ein anderen Spiel, es käme auf andere Tugenden wie Finesse und Netzspiel an. Und die Arbeit, die Bartoli selbst investiert hätte - sie habe teilweise Stunden vor einem Match trainiert - würden auch andere Einzelspieler nicht investierten, die meisten würden sich nur 30 Minuten bis 1 Stunde am Matchtag aufwärmen. Viele Doppelspieler würde wohl gerne mehr trainieren, aber bekämen keine Plätze. "Mit dem Geld, das die Grand Slams und andere machten, könnte man die tiefer gerankten Spieler kinderleicht unterstützen, wenn das von den Dachorganisationen gewünscht wäre. Vielleicht fängt man mit denen an, die Hunderte Millionen verdienen, bevor man zu denen übergeht, die Peanuts im Vergleich dazu kriegen."

Wenn sie zudem nur einen Dollar bekäme, für jedesmal, wenn sie gefragt würde, wo man mehr Doppel schauen könne oder warum Doppel so selten auf großen Plätzen angesetzt würde, "dann könnte ich sofort in Ruhesand gehen", so Dabrowski weiter.

Und das Wichtigste: "Niemand, der nur Doppel spielt, reist mit sechs Leuten. Kein einziger." Manche Tennisverbände würden eine Gruppe an Leuten schicken, um mit allen Spielern zu arbeiten. Aber sie kenne keinen Doppelspieler, der mit maximal einem oder zwei Leuten reise, das selbst das nur zeitweise. In der Realität teile man einen Coach mit einem oder mehreren anderen Spielern. Und warum? "Weil sich Doppelspieler kein Vollzeit-Team leisten kann. Wir würden so wöchentlich Geld verlieren."

von Florian Goosmann

Donnerstag
28.05.2020, 14:25 Uhr
zuletzt bearbeitet: 28.05.2020, 14:46 Uhr