Moritz Thiem: "Die Rückhand wird sofort erkannt"

Wenn der Name Thiem fällt, denkt man als Tennisfan zwangsläufig zuerst an Dominic. Doch während der Weltranglisten-Vierte in der kalifornischen Wüste von Indian Wells im Rahmen der ATP-Masters-1000-Series seinen größten Sieg gefeiert hat, ist auch Dominics kleiner Bruder Moritz auf der Tennis-Tour unterwegs.

von Florian Heer aus Porec
zuletzt bearbeitet: 19.03.2019, 20:57 Uhr

Moritz Thiem in Porec
Moritz Thiem in Porec

Im kroatischen Porec trat der 19-jährige Österreicher in einem Pre-Qualifying an, um eine Wild-Card für die Qualifikation des folgenden Turniers in Rovinj zu erhalten. Das alles ist Teil der Istarska Rivijera, einem dreiwöchigen Sandplatz-Swing in Istrien.

Wir haben mit Moritz Thiem nach seinem Auftakterfolg über die Wirren der neu-eingeführten ITF-World-Tennis-Tour gesprochen. Darüber hinaus wollten wir natürlich wissen, welche Ambitionen er mit seiner Tenniskarriere verfolgt und wie er mit dem „großen Namen“ umgeht.

tennisnet: Wie sind die Aussichten hier in Kroatien?

Moritz Thiem: Es ist schon ein Wahnsinn. Nach einem Freilos in der ersten Runde muss ich nun vier Partien gewinnen, um in die Qualifikation in Rovinj zu kommen. Die Situation ist gerade nicht einfach bei mir. Ich habe zwar ein paar Punkte, schaffe den Cut jedoch oft um ein oder zwei Positionen nicht. Deshalb muss ich in die Pre-Qualis. Zumindest bekommt man so viel Spielpraxis.

Inwieweit haben sich die Veränderungen auf der ITF World Tennis Tour für dich genau ausgewirkt?

Ich habe Ende letzten Jahres noch 3 „normale“ ATP-Punkte gemacht. Nichtsdestotrotz gab es auch genügend Turniere, in die man ohne Ranking in die Qualifikation gekommen ist. Man hatte im besten Fall drei Spiele in der Quali und benötigte dann nur noch einen Sieg im Hauptwettbewerb, um einen ATP-Punkt zu erhalten. Dieses System hat mir gut gefallen. Durch die Umstellung ist alles noch schwieriger geworden, da man sich erst über das ITF-Ranking in das ATP-Ranking hocharbeiten muss. Erschwerend hinzu kommt, dass es insgesamt weniger Turniere gibt.

Hat sich das Niveau auf den ITF-Turnieren insgesamt verbessert?

Inzwischen kann jeder, der auf den „Futures“ unterwegs ist, Tennis spielen. Vor ein paar Jahren gab es noch ein paar Spieler, die das mehr oder weniger hobbymäßig betrieben. Dies ist jetzt professioneller geworden.

Ich habe den Sport genauso gern wie Domi

Was wünscht du dir als Spieler in Sachen Turnierstruktur auf diesem Level?

Ich habe nicht genau verstanden, warum es überhaupt geändert wurde. Das System hat meiner Ansicht nach funktioniert. Wenn man das Hauptfeld hier in Porec betrachtet, ist der topgesetzte Spieler (Andrea Pellegrino) an Nummer 345 der ATP-Weltrangliste gelistet. Er hatte gemeint, dass er mit dem Ranking in kein ATP-Challenger reinkommt und das ist natürlich ein Wahnsinn. Da stimmt dann mit dem System etwas nicht.

Du bist ab und an auch mit deinem Bruder auf der Tour unterwegs. Wie steht es aber um deine eigenen Ambitionen im Tennis im Moment?

Ich bin regelmäßig mit meinem Bruder beim Trainingslager in Teneriffa dabei, begleite ihn dann bei den ersten Turnieren des Jahres und trainiere mit ihm. Das ist eigentlich das einzige Mal, wo ich mit ihm im Ausland dabei bin. Sonst lediglich bei den ATP-Turnieren in Österreich. Ich möchte auch selbst viel spielen und versuchen weiter zu kommen. Die letzten Turniere waren zwar leider nicht so erfolgreich und ich habe auch nicht gut gespielt, aber ich möchte auf jeden Fall Tennisspieler werden. Ich habe vor zwei Jahren die Schule beendet, da es sich mit dem Training und dem Turnierplan nicht mehr hat vereinbaren lassen. Ganz klar wird das ein schwerer Weg sein, aber ich werde mein bestes versuchen nach oben zu kommen. Tennis ist mein Traum. Ich habe den Sport genauso gern wie Domi und deshalb stehe ich auch lieber selbst auf dem Platz als meinen Bruder „nur“ bei den Turnieren zu begleiten.

Ist der Name „Thiem“ dann eher eine Bürde oder ein Türöffner im professionellen Tennis?

Es hat Vor- und Nachteile. Auf der einen Seite macht es mich natürlich unglaublich stolz einen so erfolgreichen Bruder auf der Tour zu haben, doch wird dann natürlich auch des Öfteren zu viel mit mir in Verbindung gebracht. Ich rede gerne über ihn und erzähle jedem gerne, wie es ihm geht, was er macht und wie er spielt. Auf dem Platz kann ich das auch gut ausschalten. Ich möchte mich auch nicht auf dem Namen ausruhen und möchte auch nicht gerne mit ihm verglichen werden. Ich bin ein eigener Mensch und möchte schauen, dass ich selbst etwas voranbringe.

Wenn du auf dem Platz stehst, lassen sich gewisse Parallelen in der Spieltechnik aber nicht verbergen.

Die Rückhand wird natürlich sofort erkannt (lacht). Ich habe eigentlich schon immer einhändig besser gespielt und habe somit darauf gewechselt. Natürlich lässt auch der gleiche Ausrüster Rückschlüsse auf meinen Bruder zu. Ich werde mir wohl auch viel unbewusst abgeschaut haben, was jedoch nicht von Nachteil ist, da ich nur vom oder einen der Besten lernen kann.

Eine Woche in Porec läuft dann nachfolgendem Muster ab: Tagsüber selbst auf dem Platz und abends am Computer oder TV?

Nicht ganz, da ich hier viel trainiere und auch einige Matches habe. Die Matches von Domi in den USA laufen dann auch einfach zu spät bzw. mitten in der Nacht. Da kann ich nicht aufbleiben. Ich schaue mir dann am nächsten Tag immer die Highlights an und natürlich schreiben wir regelmäßig.

Die Rückhand wird sofort erkannt

Du hattest bereits erwähnt, dass es weniger Turniere gibt. In Österreich scheint sich dahingehend auch nicht viel zu tun. Wie beeinflusst das deinen Turnierkalender?

Es gibt ein paar Turniere, die regelmäßig zum ITF-Circuit gehören. Diese werde ich auch in dieser Saison spielen, da es natürlich angenehm ist zu Hause anzutreten. Allerdings muss ich sagen, dass ich mich nicht wirklich mit der Turnierlandschaft in Österreich beschäftige, da ich auch gerne im Ausland spiele. Nichtsdestotrotz wäre eine höhere Anzahl an solchen Events auch in Österreich von Vorteil. Es gibt schließlich viele Österreicher auf dem Level, die gut spielen sich aber auch oft finanziell die Reisen nicht leisten können. Der Sport ist teuer und wenn man die nötigen Mittel nicht hat, erschwert es die Sache ungemein.

Hast du einen Plan B, falls es mit der Tenniskarriere nichts werden sollte?

Selbst wenn man jetzt kein Top-100-Spieler wird, gibt es noch zahlreiche andere Möglichkeiten. Mir macht Tennis extremen Spaß und ich möchte etwas erreichen. Deshalb habe ich mir darüber noch keine Gedanken gemacht.

Wie sehen deine nächsten Wochen auf der Tour jetzt aus?

Ich werde im Anschluss an Porec zurück nach Österreich gehen, gefolgt von einer Trainingswoche in Griechenland. Dann werde ich wohl weiter auf den ITF-Turnieren antreten.

Viel Erfolg und danke für das Interview.

von Florian Heer aus Porec

Dienstag
19.03.2019, 18:50 Uhr
zuletzt bearbeitet: 19.03.2019, 20:57 Uhr