Die Entscheidung von Djokovic ist richtig

Novak Djokovic macht es wie Roger Federer im Vorjahr und verkündet nach Wimbledon das Ende seiner Saison. Und er tut sich damit einen großen Gefallen. Gelingt dem Serben nun auch ein Fabel-Comeback?

von Christian Albrecht Barschel
zuletzt bearbeitet: 26.07.2017, 15:32 Uhr

Novak Djokovic

Die Katze ist aus dem Sack: Novak Djokovic hat das Ende seiner Tennissaison 2017 verkündet. Per Facebook-Live-Video aus Belgrad gab der "Djoker" seine Entscheidung bekannt. Die hartnäckige Verletzung am Ellenbogen brauche Zeit für die Heilung, erklärte er. Eine Operation wolle er vermeiden, hatte Djokovic nach seinem Viertelfinal-Aufgabe in Wimbledon gesagt, Mutter Natur soll es nun lieber richten. Wirklich überraschend kommt diese Entscheidung nicht mehr, nachdem der serbische Arzt Zdeslav Milinkovic ausgeplaudert hatte, dass die Verletzung eine Pause von einem bis drei Monate nach sich ziehe.

Parallelen zu Federer

Die Parallelen zu Roger Federer sind nicht zu übersehen. Auch der Schweizer ging am 26. Juli, vor einem Jahr, mit der Mitteilung an die Öffentlichkeit, dass er seine Saison für beendet erklärt hat. Für Djokovic war, wie bei Federer im Vorjahr, Wimbledon das letzte Turnier im Jahr. Beide schleppten sich durch die Saison und konnten nicht ihr bestes Tennis zeigen, und beide zogen die Reißleine. Die Entscheidung von Djokovic, die Saison zu beenden, ist richtig.

Warum? Der zwölfmalige Grand-Slam-Sieger hätte wegen seiner Ellenbogenblessur ohnehin die US Open sowie die erneute Chance auf das Career Golden Masters (dem Sieg bei allen 1000er-Turnieren) in Cincinnati verpasst. Die ganz großen Ziele im Anschluss an das letzte Grand-Slam-Turnier des Jahres wären nicht mehr dagewesen. Zwar hätte Djokovic weiterhin die Möglichkeit gehabt, sich für die ATP World Tour Finals in London zu qualifizieren, aber um welchen Preis sollte er sich dafür quälen? Die Rückeroberung der Nummer eins in diesem Jahr ist keine Option mehr, nur der Verzicht auf den Davis Cup ist sicherlich etwas, was den 30-Jährigen sicherlich lange beschäftigt hat.

Gesund werden, am Spiel feilen, Trainersituation klären

Serbien trifft im Anschluss an die US Open im Davis-Cup-Halbfinale auswärts auf Frankreich. Mit Djokovic wären die Chancen auf den zweiten serbischen Davis-Cup-Titel groß gewesen, nun müsste ein kleines Wunder her für die Serben. Der "Djoker" macht also den Federer und kann nun genügend Kräfte tanken, um topfit ins Tennisjahr 2018 zu starten. Für seine Familie kommt die Zwangspause nicht ganz ungelegen. Im September werden seine Ehefrau Jelena und er zum zweiten Mal Eltern. Wenn die Ellenbogenblessur vollständig ausgeheilt ist, kann Djokovic Ordnung in sein Tennisleben bringen. Er hat die Chancen, ohne großen Turnierdruck an seinem Spiel zu feilen und es weiterzuentwickeln. Zudem kann er die recht konfuse Trainersituation klären. Im Facebook-Video hat er bereits angekündigt, dass Andre Agassi auch im nächsten Jahr in seinem Team sein wird. Die Rolle des Vollzeittrainers könnte Mario Ancic übernehmen, der bereits in Wimbledon dabei war. Die Zeit, um sich noch besser kennenzulernen, ist nun vorhanden.

Die Zwangspause führt auch zum Ende einiger Serien. Djokovic wird nach 51 Teilnahmen in Folge erstmals bei einem Grand-Slam-Turnier fehlen. Zudem wird er erstmals seit dem 12. März 2007 nicht mehr zu den Top Ten gehören, spätestens mit Beginn der ATP World Tour Finals in London fällt er aus dem elitären Kreis. Der Serbe hat dieses Jahr 2585 Punkte erspielt, das hätte 2016 in der Jahresendabrechnung für Platz zwölf gereicht. Zum Vergleich: Federer beendete das Jahr 2016 mit 2130 Punkten auf Platz 16. Es muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass Djokovic nun wie Federer im nächsten Jahr nach der sechsmonatigen Auszeit ein Fabel-Comeback feiert, völlig unwahrscheinlich ist dies jedoch nicht. Der Serbe ist in angeschlagener Form trotzdem um Klassen besser als der Großteil seiner Konkurrenten. Zudem steht zu Beginn des Jahres sein Lieblingsturnier auf dem Programm: die Australian Open, die Djokovic sechsmal gewinnen konnte. Was die Pause bewirkt hat, werden wir 2018 sehen.

von Christian Albrecht Barschel

Mittwoch
26.07.2017, 15:32 Uhr