On-Court-Coaching ohne Worte: "Würde es wieder tun!"

Dmitry Tursunov hat mit einem ungewöhnlichen On-Court-Coaching beim WTA Premier Mandatory in Indian Wells im vergangenen März für Aufsehen gesorgt. Der Russe sagte auf Anfrage seines Schützlings Aryna Sabalenka so gut wie kein Wort, ehe er wieder den Platz verließ. Heute blickt die ehemalige Nummer 20 der Welt ohne Reue auf die Aktion zurück.

von Lukas Zahrer
zuletzt bearbeitet: 23.05.2019, 19:07 Uhr

"Kannst du mir bitte helfen?"

"Nein."

Es war eine Sache von rund zwei Sekunden, ehe Tursunov sein Coaching abgeschlossen hatte. Anstatt Worte der Ermutigung und Aufmunterung zu suchen, einer Spielerin gar taktische oder spielerische Tipps zu geben, entschied sich Tursunov dazu, zu schweigen.

"Ich werde nicht eingestehen, dass ich irgendetwas falsch gemacht habe", erklärt Tursunov mit einigen Wochen Abstand gegenüber wtatennis.com. "Vielen Menschen fällt es schwer zu verstehen, was in solchen Situationen vorgeht. Meist kann es um etwas gehen, was bereits vor dem Match besprochen wurde."

Dmitry Tursunov: "Sie war einfach stur"

Wie kam es also zu der kuriosen Situation? Gab es bereits vor dem Match eine Absprache? "Aryna wollte vor dem Match die Sache auf ihre Art erledigen. Als sie mich also auf den Platz holte, erinnerte ich sie daran", erklärte Tursunov. Er nahm daher in Kauf, dass die Weißrussin das Match oder gar die nächsten paar Wochen abschenkte, da sie sich weigerte "einen Schritt in die richtige Richtung zu setzen", wie es Tursunov ausdrückt. 

Sabalenka rief im Match gegen Angelique Kerber ihren Coach bei Satz- und Breakrückstand, kämpfte sich aber noch in einen dritten Satz. Dort führte sie bereits mit 4:1 und Doppel-Break, gab die Partie aber noch aus der Hand.

"Manchmal gibt es einfach keinen Grund, etwas zu sagen. Wenn ich nicht in die Spielerin durchdringen kann mit meinen Worten, warum sollte ich dann etwas sagen? Sie war einfach stur an diesem Tag", erklärt Tursunov.

Aryna Sabalenka: Einzug in die Top-10

Unter dem 36-Jährigen, der als aktiver Spieler immer wieder für Ausraster bekannt war, entwickelte sich Sabalenka von einer ungesetzten Spielerin bei den Grand Slams zu einem Teil der Top-10, auch wenn sie diese als aktuelle Nummer 11 der Welt erst kürzlich wieder verlassen musste.

"Ich kann sehr fordernd und brutal ehrlich sein, wenn ich merke, dass sie nicht ganz bei der Sache. Ich bin letzlich dafür verantwortlich, für Entwicklung zu sorgen.", gibt Tursunov Einblicke in seine Arbeitsweise. 

Sich selbst beschreibt er dennoch als eine ruhigere Person, seitdem er in die Trainerrolle schlüpfte. "Es gibt zwar trotzdem frustrierende Momente, aber die liegen nicht in deiner Hand. In meinen jungen Jahren reagierte ich auf jeden meiner Fehler komplett gestört. Heute weiß ich, dass Fehler nicht immer fatal sind. Ich versuche, ihr das mitzugeben, damit sie ihre Emotionen besser in den Griff bekommt", erklärt Tursunov. 

Und weiter: "Es braucht einen gewissen Grad an Geduld. Die jüngere Generation fordert stets sofortigen Fortschritt, ist aber schnell von Wiederkehrendem frustriert. Der Frust, wenn nicht alle Wünsche in Erfüllung gehen, ist heutzutage ziemlich weit verbreitet."​​​​

von Lukas Zahrer

Mittwoch
22.05.2019, 20:47 Uhr
zuletzt bearbeitet: 23.05.2019, 19:07 Uhr