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US Open: Dominic Thiem setzt neue Bestmarken

Dominic Thiem spielt heute gegen Daniil Medvedev (live ab 0 Uhr im TV und Livestream bei Eurosport und in Österreich bei Servus TV und in unserem Liveticker) um den erstmaligen Einzug in das Endspiel der US Open. Der Österreicher wandelt auf den Spuren von Thomas Muster.

 

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 11.09.2020, 08:17 Uhr

Anfang 2020 gemeinsam auf dem Court: Dominic Thiem und Thomas Muster
© GEPA Pictures
Anfang 2020 gemeinsam auf dem Court: Dominic Thiem und Thomas Muster

Thomas Muster hat für das österreichische Tennis Marken gesetzt, an denen sich Dominic Thiem noch abarbeiten muss: Der Steirer hat 1995 in Roland Garros den Titel geholt, stand dazu 1989 (Niederlage gegen Ivan Lendl in vier Sätzen) und 1997 (als Muster gegen Pete Sampras verlor) im Halbfinale der Australian Open, erreichte 1996 Platz eins der ATP-Weltrangliste. Auch zu den 44 Turniersiegen fehlen Thiem noch einige, der mittlerweile 27-Jährige hält bei 16.

Bei den US Open allerdings hat Dominic Thiem Thomas Muster schon überflügelt, für den bestenfalls im Viertelfinale Schluss war. Thiem wurde nach seinem Erfolg gegen Alex de Minaur darauf angesprochen, die aktuelle österreichische Nummer eins gab freundlich, aber bestimmt Bescheid, dass ihm dies herzlich pari sei. Er spielt in New York City ein hervorragendes Turnier, gegen Daniil Medvedev stehen die Chancen im heutigen Halbfinale mindestens ausgeglichen.  

Muster und Melzer als Thiems Vorgänger

Es wird Dominic Thiems fünfter Auftritt in einem Major-Halbfinale werden, neben Muster und ihm hat aus österreichischer Sicht nur Jürgen Melzer dieses Kunststück 2010 in Roland Garros geschafft. Nachdem Thiem in der ATP-Weltrangliste seit Jahren unter den besten zehn Spielern klassiert, darüber hinaus Stammgast bei den ATP Finals in London is, ist der Einzug unter die besten Vier in New York City 2020 vielleicht keine Überraschung. Aber eben auch Bestätigung für die spielerische Reife, die brillante körperliche Verfassung und die hohe Konzentrationsfähigkeit auf das Wesentliche bei einem Grand-Slam-Turnier.

Am Feld der Männer bei den aktuellen US Open gibt es nämlich herzlich wenig zu bemängeln: Ja, Roger Federer ist nicht am Start. Zum einen hätte der Schweizer aufgrund seiner Knie-Operationen die Saison 2020 aber spätestens nach der Absage der Olympischen Spiele in Tokio sowieso beendet. Und der geneigte Federer-Fan darf auch nicht vergessen: Der letzte Triumph des Maestro datiert aus dem Jahre 2008.

Von den wirklichen Sieganwärtern fehlt, bei aller Liebe zu Gael Monfils, nur Rafael Nadal. Der Titelverteidiger hat sich für die volle Konzentration auf die verschobene Sandplatzsaison entschieden, auf das Bubble-Leben in New York verzichtet. Ob Nadal damit in Hinblick auf seinen 20. Major-Titel richtig liegt, wird sich weisen: Der Pariser Sand wird sich Ende September deutlich anders spielen als Anfang Juni. Womöglich nicht zum Vorteil des Spaniers.

Djokovic und Tsitsipas elimieren sich selbst

Abgesehen von der Absenz von Nadal gibt es aus sportlicher Sicht also nichts zu nörgeln, wenn sich nun die vier verbliebenen Spieler im Halbfinale treffen. Pablo Carreno Busta ist nicht vorzuwerfen, dass sich Novak Djokovic unglücklich selbst aus dem Turnier geschossen hat. Der Spanier hat sich 2017 immerhin auch schon für den Saison-Abschluss in London qualifiziert. Und Stefanos Tsitsipas, als Nummer vier in das Event gestartet, weiß wohl auch ein paar Tage später noch nicht, wie er das Match gegen Borna Coric noch hatte verlieren können.

Dominic Thiem hat sich mit vollem Recht im Halbfinale platziert, endlich ist der sommerliche USA-Trip mal nicht durch eine Krankheit beeinträchtigt. Natürlich: Marin Cilic hat nicht mehr die Größe der vergangenen Jahre und Félix Auger-Aliassime noch nicht die Reife, um bei einem Grand-Slam-Turnier weit zu kommen. Vor allem den Kanadier hat Thiem aber extrem überzeugend verabschiedet, wie auch im Viertelfinale den Australier de Minaur.

Rublev belässt Medvedev in dessen Komfortzone

Daniil Medvedev ist nun noch einmal ein anderes Kaliber. Der Russe hat als einziger Spieler bis dato noch keinen Satz abgegeben. Was aber auch an seinem Landsmann Andrey Rublev liegt, der Durchgang eins im Viertelfinale schon fast in Tsitsipas-Manier hergeschenkt hat. 2019 ist Medvedev mit dem Publikum aneinander geraten, sehr lautstark in das Finale eingezogen, wo ihn die Fans nach seiner Aufholjagd gegen Nadal plötzlich hochleben ließen. Durch diese Ausgabe der US Open schleicht Daniil Medvedev bislang auf leisen Sohlen.

Dominic Thiems Spielanlage darf man in Hinblick auf einen Gegner Medvedev dennoch als fast ideal bezeichnen: Der Österreicher kann seinem Gegner unterschiedliche Geschwindigkeiten und Spinarten anbieten, Medvedev aus seiner Komfortzone holen. Genau dort hatte ihn Rublev mit flachen, harten Bällen fast durchgehend belassen. Thiem wird mit der Rückhand den Slice einsetzen, mit der Vorhand den heavy Spin - diese Rezeptur ist gegen Daniil Medvedev durchaus erfolgsversprechend. Mit entscheidend wird aber auch ein Schlag sein, bei dem sich Thiem während der letzten Jahre stark verbessert hat: der Return. Denn Medvedevs größte Waffe bleibt, bei all seinen Konterqualitäten, sein Aufschlag.

Dominic Thiem kann seine eigene Bestmarke bei den US Open heute Nacht noch einmal verbessern. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Sondern steht in der Tradition von Thomas Muster, von dem die österreichischen Fans wussten, dass er in seiner besten Zeit bei (fast) jedem Turnier zu den Sieganwärtern zählt.

Hier das Einzel-Tableau bei den US Open 2020

von Jens Huiber

Freitag
11.09.2020, 12:00 Uhr
zuletzt bearbeitet: 11.09.2020, 08:17 Uhr