"Für Maria wird es nicht leicht"

Anke Huber ist mit Markus Günthardt hauptverantwortlich für den Porsche Tennis Grand Prix in Stuttgart. Die Australian-Open-Finalistin freut sich auf die 40. Ausgabe des größten Damen-Turniers Deutschland (ab dem 25. April, 12 Uhr live auf DAZN) und spricht über die Rückkehr von Maria Sharapova, die aktuelle Entwicklung von Angelique Kerber sowie die Gemengelage an der Spitze der WTA-Weltrangliste.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 19.04.2017, 14:00 Uhr

Anke Huber freut sich auf die 40. Auflage des Porsche Tennis Grand Prix

tennisnet: Frau Huber, in Stuttgart steht die 40. Ausgabe des Porsche Tennis Grand Prix an. Alljährlich wird das Turnier zum beliebtesten auf der WTA-Tour gewählt. Was kann man als Turnierdirektorin denn überhaupt noch tun, damit es den Spielerinnen noch besser geht?

Anke Huber: Es ist wirklich nicht mehr so einfach, uns jedes Jahr zu verbessern. Aber wir versuchen eben, Kleinigkeiten dazu zu nehmen oder zu verbessern. Kleine Details für die Spielerinnen, die dem Zuschauer nun nicht großartig auffallen. Seien es kleine Dinge in der Umkleide, Geschenke für die Spielerinnen. Einfach so, dass sich unsere Starterinnen wie zu Hause fühlen.

tennisnet: Gab es dennoch schon Anlässe, bei denen Spielerinnen zu Ihnen gekommen sind, um zart nachzufragen, ob man die eine oder andere Sache nicht verändern könnte?

Huber: Wenn, dann kommt so etwas von der WTA, nicht von den Spielerinnen. Und es gibt natürlich immer einige Dinge, die man besser machen kann. Wie etwa die Umkleide, die man vielleicht etwas wohnlicher gestalten kann.

tennisnet: Wenn Sie auf Ihre eigene Karriere zurückblicken - zu welchem Turnier sind Sie denn am liebsten angereist?

Huber: Ich habe natürlich immer gerne in Deutschland gespielt, damals gab es ja auch noch mehr Turniere. Wir hatten Berlin, Hamburg, Leipzig und Stuttgart, also Filderstadt. Das war für mich ein super schönes Turnier, weil es auch fast zu Hause war. Sehr familiär, sehr klein gehalten. Ich bin aber auch sehr gerne nach Australien gegangen. Also der krasse Gegensatz.

tennisnet: Sie haben in Filderstadt zweimal gewonnen, in den Finali gegen Martina Navratilova und später gegen Mary Pierce. Ab wann war es denn klar, dass das Turnier eine neue und größere Heimat braucht?

Huber: Das war spätestens zu jenem Zeitpunkt klar, als die WTA-Tour die neue "Road Map" ins Spiel gebracht hat. Darin sind Vorgaben festgehalten, wie groß der Center Court für ein Turnier dieser Kategorie sein musste. Filderstadt hätte nicht überlebt. Da war es natürlich perfekt, dass damals die Porsche Arena gebaut wurde.

tennisnet: Angelique Kerber kommt als zweifache Titelverteidigerin nach Stuttgart. Wie bewerten Sie denn den schwierigen Start, den Kerber in diesem Jahr gehabt hat?

Huber: Ich glaube, das ist auch irgendwo normal. Sie hat ein unglaubliches Jahr 2016 gespielt. Ich denke, es ist nicht so einfach, bei jedem Turnier als Nummer eins zu starten und auch das Jahr so zu beginnen. Da muss man sich daran gewöhnen, das ist ein anderer Druck, von den anderen gejagt zu werden. Ich denke schon, dass Angie im Laufe des Jahres ihre Form finden wird. Aber das dauert. Es ist nicht jede Spielerin so veranlagt wie Serena Williams oder wie Steffi früher.

tennisnet: Ist es denn möglich, dass sich Angelique Kerber in der jetzigen Phase ihrer Karriere auch ein klein wenig neu erfindet? Noch aktiver auf dem Platz wird?

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Huber: Schwer zu sagen. Wenn sie es wirklich möchte, kann ich mir das schon vorstellen. Sie kann jetzt nicht ihr komplettes Spiel umstellen, das hat Roger Federer in diesem Jahr ja auch nicht gemacht. Der hat Kleinigkeiten verändert. Das macht Angie sicherlich auch. Vielleicht hat sie im vergangenen Jahr nicht allzu viel Zeit dafür gehabt. Gerade gegen Ende des Jahres hatte sie viele andere Dinge um die Ohren. Man wird sehen, wie Kerber nach einer längeren Trainingsphase spielt, ob dann etwas ganz Neues kommt.

tennisnet: Neben vielen anderen Top-Ten-Spielerinnen wird auch Garbine Muguruza, die regierende French-Open-Siegerin nach Stuttgart kommen. Wie sehen Sie deren Entwicklung?

Huber: Sie hat sehr viele Ups and Downs, ist auf und außerhalb des Platzes sehr temperamentvoll. Ich glaube, deshalb hat sie auch ihre Probleme. Sie hat das Spiel, ganz vorne zu sein, sie muss nur einfach ihren Kopf zusammenkriegen.

tennisnet: Die Gemengelage an der Spitze der Weltrangliste ist ohnehin sehr unübersichtlich. Sehen Sie eine klar beste Spielerin, Serena Williams vielleicht einmal ausgenommen?

Huber: Serena muss man ausnehmen. Wenn sie topfit ist, spielt sie immer noch am stärksten. Im Moment gibt es keine überragende Spielerin. Es kann fast jedes Turnier eine andere gewinnen, eigentlich auch schon seit letztem Jahr. Dort hat Angie zwar zwei Grand-Slam-Turniere gewonnen, aber sonst fehlt ein wenig der Konkurrenzkampf zwischen zwei, drei Spielerinnen, die ganz vorne stehen. Man hat derzeit keine Top-Matches wie früher Sharapova gegen Williams oder auch Azarenka gegen Williams. Die auch fünf- bis sechsmal pro Jahr stattgefunden haben.

tennisnet: Serena Williams fehlt auf der Startliste für Stuttgart, der frühe Zeitpunkt spielt hier wohl die größte Rolle. Gibt es dennoch regelmäßige Nachfragen bei ihr?

Huber: Natürlich fragen wir jedes Jahr nach. Aber das passt halt nicht in ihren Plan rein. Serena spielt ohnehin schon so wenige Turniere, und sie möchte auch nicht so lange in Europa bleiben. Was auch verständlich ist. Serena ist mittlerweile 35 Jahre alt, hat Key Biscayne und Indian Wells nicht gespielt, wird auch in Zukunft ihre Starts weiter reduzieren. Von daher glaube ich nicht, dass Serena Williams in Stuttgart noch einmal aufschlagen wird.

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tennisnet: Eine der tollen Geschichten beim Porsche Tennis Grand Prix im vergangenen Jahr war der Finaleinzug von Laura Siegemund. Auch sie ist langsam in das Jahr gestartet, zuletzt hat sie immerhin im Halbfinale von Charleston gestanden. Geht es wieder aufwärts?

Huber: Ich glaube, dass Sand ihr am besten liegt. Hartplatz ist manchmal einen Tick zu schnell für Laura. Da kann sie nicht so abwechslungsreich spielen, kann ihren Spielwitz nicht so einsetzen, wie es vielleicht auf Sand geht. Ich hoffe, dass sie jetzt wieder ihren Rhythmus und ihr Spiel findet.

tennisnet: Maria Sharapova kehrt in Stuttgart zurück. Beginnen wir mit der sportlichen Seite: Was darf man realistischerweise von Sharapova erwarten?

Huber: Es wird nicht einfach für Maria. Beim ersten Turnier wird ein extremer Druck herrschen, daran muss sie sich erst wieder gewöhnen. Man geht nicht nach 15 Monaten auf den Platz und spielt so, als ob nichts gewesen wäre. Das glaube ich nicht. Da müsste sie echt tough sein. Wir hoffen, dass sie gut zurückkommt. Aber es wird schwierig.

tennisnet: Ist es vor allem die Matchpraxis, die fehlt?

Huber: Ja. Es kommt aber noch dazu, dass man im Match ein bisschen verkrampfter ist als im Training, das ist eine ganz andere Belastung. Wenn sie das Match gewinnen sollte, wird sie beim zweiten Spiel sehr tight sein. Als Nachwirkung des ersten Matches. Das wird Maria aber wissen, und darauf wird sie sich so gut als möglich vorbereiten.

tennisnet: Welchen Empfang erwarten Sie sich denn für Maria Sharapova in Stuttgart?

Huber: Es wird verschiedene Meinungen geben. Ich hoffe, dass die Zuschauer Maria positiv aufnehmen. Wir haben ein sehr gutes Publikum in Stuttgart. Ich gehe nicht davon aus, dass die Zuschauer pfeifen werden, wenn Maria auf den Platz kommt.

tennisnet: Ist es grundsätzlich richtig zu sagen, dass Maria Sharapova in ihrer Professionalität auf und vor allem aber auch abseits des Platzes fast unerreicht ist?

Huber: Maria ist einzigartig. Sie macht alles höchst professionell. Sie kommt auch verdient wieder zurück. Sie hat ihre Strafe abgesessen, und ich finde, man muss ihr wieder eine Chance geben, so wie wir das auch machen. Was aber auch für jede andere Spielerin gilt. Für unser Turnier ist sie natürlich ein Gewinn, aber wir hätten die Halle auch so gefüllt.

tennisnet: Wann beginnt denn für Sie die Vorbereitung auf den Porsche Tennis Grand Prix 2018? Einen Tag nach Ende des diesjährigen Turniers?

Huber: Nein, nein. da hat man schon ein wenig Ruhe und Luft. Für mich beginnt es eigentlich erst wieder bei den US Open, dort fangen die Gespräche schön langsam an. Die zweite heiße Phase kommt dann in Singapur.

tennisnet: Wenn Sie sich abschließend ein Finale 2017 in Stuttgart wünschen dürfen - wie sähe dieses aus?

Huber: Für uns wäre es optimal, wenn Angie im Finale wäre. Egal, gegen wen.

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von Jens Huiber

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19.04.2017, 14:00 Uhr