Türöffnerin Angelique Kerber – Das neue, willkommene Gesicht an der Spitze
Die 28-jährige Nummer eins wird von ihren Konkurrentinnen in höchsten Tönen gelobt. Jedoch nicht ohne Hintergedanken.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 27.09.2016, 17:04 Uhr
In den letzten dreieinhalb Jahren kam der Weltranglisten-Thron einer uneinnehmbaren Festung gleich.Serena Williamsdominierte die Szene mit einer Vehemenz wie es seit den Glanzzeiten von Steffi Graf keiner Zweiten mehr gelungen war. Mitunter wirkte die Vorherrschaft der US-Amerikanerin so erdrückend, dass der Eindruck einer kollektiven Resignation bei der Konkurrenz entstehen konnte. Dass diese festgefahrene Hackordnung vorerst der Vergangenheit angehört, darf sichAngelique Kerberohne falsche Bescheidenheit auf die Fahnen schreiben. In New York City veredelte die Porsche-Markenbotschafterin ihre Traumsaisonmit dem zweiten Grand-Slam-Titel binnen neun Monaten, was ihr dazu verhelfen sollte, erstmalig zur Nummer eins der Welt aufzusteigen.
„Angie“ genießt die Anerkennung der Konkurrenz
Nach einer wohlverdienten Schaffenspause im polnischen Puszczykowo, ist Kerber mittlerweile wieder erfolgreich in den Wanderzirkus zurückgekehrt. Beim WTA-Premier-5-Turnier in Wuhan (China) gab sich die neue Branchenprima nur anfänglich eine Blöße.In drei hart umkämpften Sätzenbehielt Kerber gegenKristina Mladenovic(Frankreich) die Oberhand und bekommt es nun im Achtelfinale mit der TschechinPetra Kvitovazu tun. Bevor es in der chinesischen Millionenstadt so richtig ernst wurde, durfte sich „Angie“ noch einen Strauß Komplimente von der Konkurrenz überreichen lassen. „Es ist sehr schön, den Respekt meiner Kolleginnen zu spüren“, sagte Kerber dem Portal „Sport 360“. Gemeint waren unter anderem die freundlichen Worte der aktuellen French-Open-SiegerinGarbine Muguruza, welche gegenüber Reporterin Reem Abulleil davon sprach, dass der Wechsel an der Spitze eine gute Sache sei: „Ich bin froh, dass wir ein neues Gesicht da oben haben, auch wenn ich damit nicht gerechnet habe. Alles muss sich irgendwann erneuern, Variation ist etwas Gutes.“
Im Gegensatz zur Spanierin kommt diese Entwicklung fürMadison Keysalles andere als überraschend: „Es ist cool, dass ,Angie’ jetzt da steht. Ohne jeden Zweifel ist sie die konstanteste Spielerin des gesamten Jahres.“Simona Halepsieht die Deutsche vor allem als Wegbereiterin für die Verfolgerschar: „Alles ist jetzt möglich. Jede hat die Chance, große Turniere zu gewinnen und die Nummer eins zu werden.“ Natürlich sei dieser Weg mit harter Arbeit verbunden, fügte die Nummer fünf der Welt an. „Allerdings ist es leichter, an dich selbst zu glauben, wenn Serena nicht mehr ganz vorne steht – alle trauen sich jetzt mehr zu“, so die Rumänin.
Trotz aller Komplimente: Jagd auf Platz eins ist eröffnet
Carla Suarez Navarro(WTA 8) bezeichnete Kerber ebenfalls als „Türöffnerin, deren Platz wir auch einnehmen können.“ Auch Svetlana Kuznetsova erkennt in der neuen Nummer eins ein Vorbild für andere Spielerinnen: „Das ist super fürs Tennis, was sie im zweiten Teil ihrer Karriere geschafft hat. Und ein großartiges Beispiel für alle.“ Augenscheinlich scharen Kerbers Rivalinnen schon laut mit den Hufen, wenn es darum geht, die neue Spitzenreiterin schnellstmöglich wieder vom Sockel zu stoßen. Den Nimbus einer Serena Williams wird sich die Norddeutsche wohl nur schwer erarbeiten können. Ein starkes Saisonfinale der zweifachen „Major“-Championesse dürfte die Verfolgerinnen aber dennoch ausbremsen – wenn auch nur temporär.
Hier die Ergebnisse aus Wuhan:Einzel,Doppel,Einzel-Qualifikation.