Alexander Zverev: Das Allerschwerste steht noch bevor
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
20.07.2014, 11:59 Uhr
Aus den Tiefen der Weltrangliste hat er sich schnell auf beachtliches Terrain vorgearbeitet, der junge HoffnungsträgerAlexander Zverev- von der 800er-Marke bis etwa auf Rang 160nach seinem bestaunten Siegeslauf am Hamburger Rothenbaum, der erst im Habfinale endete. Und doch gilt auch jetzt: Das Allerschwerste steht dem Teenager in dieser unvergleichlich anspruchsvollen Ära im Herrentennis noch bevor. Erst an der Schwelle zu den Top 100, dann noch einmal zu den Top 50 und irgendwann im besten Fall zu den Top 20 hat Zverev sich selbst und den Fans zu beweisen, dass er seine herausragenden Begabungen auch in zählbare Erfolge umsetzen kann. Wie weit der Weg in die selbsterträumten Regionen direkt unterhalb des Gipfels ist,hat Zverev im Halbfinale gegen den ausgebufften David Ferrer zu spüren bekommen, es war allerdings eine hilfreiche Lehrstunde nicht nur für den Hamburger selbst, sondern auch für manche aus dem Medienpulk, die schon wieder die naiven Schlagzeilen vom neuen Becker produzierten - lange vor einer Zeit, in der das auch inhaltlich seine Berechtigung hätte.
Festzuhalten bleibt allerdings auch dies: Zverev verfügt in vielerlei Hinsicht über eine Mentalität, die ihn abhebt und unterscheidet von Generationsgenossen nicht nur in Deutschland, sondern auch in einem internationalen Maßstab. Zverev kennt keine Probleme, vor großem Publikum sein bestes Tennis abzurufen, er liebt diese Bühne der Darstellung, fühlt sich wohl auf dem Center Court. Dass er seine besten Ergebnisse nun beim Challenger-Turnier in Braunschweig und am Rothenbaum ins Arbeitszeugnis schrieb, ist ein höchst erfreuliches Zeichen, wie ambitioniert er gerade in Heimspielen ans Handwerk geht. Und es ist auch erfreulich für die deutschen Turnierveranstalter, dass da einer auftaucht, der sich gerade vor den schwarz-rot-goldenen Anhänger unbedingt zeigen will, der hier Großes schon in frühen Jahren anstrebt - hier durchaus auf den Spuren von Spielern wie Becker, Stich und Haas.
Dass Zverev, der jüngere der beiden Brüder aus der tennisverrückten Familie, sich nach seinem Australian-Open-Juniorensieg bereits für die Karriere im Erwachsenentennis entschied, entsprach nicht dem heutzutage üblichen Verlaufsmuster von Karrieren. Und es war auch ein hohes persönliches Risiko für den zu Saisonbeginn noch 16-jährigen Hanseaten. Doch Zverev hat nicht nur ein bemerkenswertes Urvertrauen in die eigenen Fähigkeiten, sondern auch eine Unbekümmertheit, sich den vor ihm liegenden Aufgaben zu stellen. Wo andere zweifeln und zaudern, geht er voran - auch auf die Gefahr hin, die unvermeidlichen Rückschläge zu erleiden. Bisher aber hat er noch immer aus diesen Enttäuschungen und Niederlagen gelernt und ist aus Schaden klüger geworden. Das wird auch für das Gastspiel am Rothenbaum gelten, so schön es auch war. Zverev hat sich noch immer Raum für Steigerung gelassen - und das ist auch gut so.