tennisnet.com Kolumne

Borna Coric – „Zum echten Wettkampftyp muss man geboren sein“

Der 18-jährige Borna Coric spricht im Interview über das Erwachsenwerden und sein Verhältnis zu Novak Djokovic und Goran Ivanisevic.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 28.03.2015, 07:15 Uhr

Der Kroate Borna Coric ist 18 und der Aufsteiger der ATP-Tour. Nach Siegen überRafael NadalundAndy Murrayschlug er zuletzt gleich zweimal Österreichs DaviscupperAndreas Haider-Maurer. Im Interview mit dem SPORTMAGAZIN spricht er auch übers Erwachsenwerden, sein Verhältnis zu Novak Djokovic und Goran Ivanisevic und sagt, was er von Dominic Thiem hält.

Für viele Experten gilt Ihr Schlagrepertoire für bereits erstaunlich komplett. Denken Sie für uns doch einmal zurück an Ihre Anfänge auf dem Tennisplatz. Was ist Ihnen damals am schwersten gefallen?

Definitiv der Aufschlag! Als ich mit vier, fünf begonnen habe, war das Service von der Koordination und der Kraft her beinahe unlösbar für mich. Alles andere war vergleichsweise sehr einfach.

Sie haben bereits mit 15 Ihre ersten ATP-Punkte bei Future-Events eingefahren und mit 16 den Junioren-Wettbewerb der US Open gewonnen (Finalgegner: Thanasi Kokkinakis). Was empfinden Sie als den größten Unterschied, zwischen den Matches von damals und Ihren heutigen Partien gegen die ganz Großen der Tour?

Sicher die Konstanz. Auch jene beim Service. Du bekommst gegen die Top-Profis nur ganz wenige Breakchancen, musst aber umgekehrt ständig aufpassen, dass du nicht selbst gebreakt wirst, weil das oft schon spielentscheidend sein kann. Die guten Spieler nutzen jede Chance und geben es niemals auf, eine Schwäche des Gegners zu entdecken. Bei den Junioren hingegen haben etwa Breaks nichts gezählt. Wenn ich damals einmal vorne war, dann habe ich meistens gewonnen.

Wo sehen Sie Ihre größten Reserven?

Eben beim Service. An sich ist speziell mein erster Aufschlag schon sehr gut, aber das Percentage muss einfach deutlich besser werden.

Und was ist Ihre größte Stärke?

Sicher mein Kopf! Wenn du Top 5 oder noch mehr werden willst, dann musst du einfach den Druck aushalten. Und das kann ich. Ich gehe positiv mit der mentalen Belastung um und freue mich auf jedes große Match als Herausforderung, statt mich davor zu fürchten. Mit Niederlagen komme ich heute sehr gut klar. Das war zugegeben nicht immer so. Wenn ich früher verloren habe, war ich meistens zwei Tage nicht ansprechbar. Heute wird nur kurz analysiert, abgehakt und weiter trainiert.

Betreiben Sie mentales Training?

Ein wenig, aber das hilft nur in Nuancen. Ich bin davon überzeugt, dass man zum echten Wettkampftyp geboren sein muss. Der Rest ist harte Arbeit im Fitnessbereich und auf dem Platz.

Was sagen Sie zu den Vergleichen mit dem jungen Lleyton Hewitt oder Rafael Nadal, den Sie ja im Herbst 2014 in Basel besiegen konnten?

Positive Analysen und Vergleiche ehren mich natürlich, aber ich bin Coric und dabei, meinen ganz persönlichen Stil zu entwickeln.

Der da wäre?

Ich lege es sehr gerne etwas defensiver an und liebe lange Rallys, in denen ich möglichst oft Tempo, Flugbahn und Drall ändere.

Eben gegen Nadal damals in Basel oder auch im vergangenen Februar, im Viertelfinale von Dubai gegen Andy Murray, ist dieses Konzept jeweils perfekt aufgegangen. Nicht wirklich was zu bestellen hatten Sie dann aber nach der Murray-Partie gegen Roger Federer (1:6, 2:6). Was macht er anders als die anderen Topstars?

Roger gibt dir keinen Rhythmus, er attackiert permanent und serviert großartig. Aber auch aus diesem Spiel habe ich unheimlich viel gelernt. Vor allem, was die Taktik gegen derart offensive Spielertypen betrifft.

Einer, der sein Heil ebenfalls in der Offensive sucht, ist Österreichs Jungstar Dominic Thiem. Haben Sie schon Bekanntschaft geschlossen?

Ich habe im Vorjahr einmal mit ihm trainiert. Ein sehr netter Kerl, der bereits Großartiges geleistet hat. Am meisten imponieren mir sein mächtiges Service und die starke Vorhand. Ich denke, dass er vor allem auf Sand große Erfolge feiern wird.

Auf allen Belägen stark ist ein anderer, noch deutlich prominenterer Trainingspartner. Die Nummer eins der Welt, Novak Djokovic, hat in einem Interview gesagt, dass er in Ihnen sich selbst sieht und das Gefühl hat, gegen sich selbst zu spielen, wenn er mit Ihnen auf dem Platz steht.

Wir haben in Australien, der Vorbereitung auf Melbourne, sehr intensiv miteinander trainiert. Es ist unglaublich, wie viel ich von ihm lernen kann – auf dem Platz, beim Fitnesstraining aber vor allem aus den Gesprächen, die ich mit ihm geführt habe. Dazu ist er ein echtes Vorbild dafür, wie man als echter Weltstar „down to earth“ und immer freundlich bleiben kann.

Eine andere Tennislegende ist für Sie schon seit geraumer Zeit ein echter Mentor, Ihr Landsmann Goran Ivanisevic, 2001 Wimbledon-Champion und heute Trainer von US-Open-Sieger Marin Cilic. Wie ist Ihre Freundschaft entstanden?

Mit 16 bin ich einige Monate ohne Coach dagestanden und so hat mich Goran vor allem in Split oder Zagreb mit seinem Schützling Cilic mittrainieren lassen. Außerdem reden wir viel über das Leben auf und neben dem Platz. Er ist einfach großartig!

Wachsen Sie mit Ihren knapp 18 Jahren eigentlich noch bzw. spüren Sie andere Auswirkungen des Erwachsenwerdens?

Scheinbar habe ich Glück und bin mit meinen 1,85 Meter bereits völlig ausgewachsen. Und die bei vielen üblichen Wachstumsschmerzen habe ich ehrlich gesagt nie so richtig orten können, da ich mit meiner Spielanlage meist sehr viel Energie auf dem Platz liegenlasse und mir deshalb nach fast jeder Partie ein, zwei Stunden das eine oder andere weh tut. Bis jetzt sind aber alle Schmerzen innerhalb weniger Stunden durch Massagen und Eisbäder wegzubringen gewesen. Vielleicht bin ich also tatsächlich schon erwachsen (lacht).

Letzte Frage. Wird man Sie künftig auch bei den ATP-Events in Österreich, also Kitzbühel und Wien begrüßen können? Die Anreise aus Ihrer Heimat wäre ja ein relativer Katzensprung.

Nun, die Turniere genießen unter den Spielern einen sehr guten Ruf. Bei Wien steht dazu die Aufwertung zu einem 500er-Event im Raum und es gibt in Österreich eine große kroatische Community. Das alles klingt natürlich interessant. Schauen wir, was die Zukunft bringt.

Interview: Fritz Hutter, Sportmagazin

Die große Story zu Kroatiens Jungstar Borna Coric finden Sie im aktuellen SPORTMAGAZIN. Zu haben im guten Zeitschriftenhandel oder als ePaper für iOS und Google Play.

von tennisnet.com

Samstag
28.03.2015, 07:15 Uhr