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Der Davis-Cup-Titel als Karrierebeschleuniger

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 17.11.2016, 13:17 Uhr

GLASGOW, SCOTLAND - SEPTEMBER 16: Juan Martin del Potro of Argentina celebrates victory with his team after his singles match against Andy Murray of Great Britain during day one of the Davis Cup Semi Final between Great Britain and Argentina at Emir...

Am Wochenende steht der letzte Höhepunkt des Tennisjahres 2016 an. Kroatien empfängt in Zagreb Argentinien zum Davis-Cup-Finale. Vor allem für die Gauchos könnte es ein historisches Wochenende werden. Während die Kroaten in ihrer kurzen Geschichte als eigenständige Nation den Davis Cup im Jahr 2005 gewinnen konnten, warten die Argentinier immer noch auf den Premierentitel. Viermal standen die Südamerikaner im Finale (1981, 2006, 2008 und 2011), viermal verloren sie. Und nun müssen die Argentinier zum vierten Mal in fünf Endspielen auswärts ran.

Davis-Cup-Titel beflügelt Djokovic

Der erste Davis-Cup-Titel für Argentinien scheint überfällig zu sein. Seit 2008 haben die Gauchos siebenmal mindestens das Halbfinale erreicht. Die Augen in Zagreb werden vor allem auf einen Mann gerichtet sein: Juan Marin del Potro. Der "Turm von Tandil" ist bereits ein Nationalheld und kann nun seine starke Saison, in der er von seinen Kollegen zum "Comeback Player of the Year" gewählt wurde, vergolden.Del Potro besiegte im Halbfinale Andy Murray in einem epischen Matchund legte damit den Grundstein für den Einzug ins Finale. Von "Delpo" werden zwei Einzelpunkte erhofft und erwartet, auch weil seine Bilanz gegen Marin Cilic mit 8:2 eine klare Sprache spricht und er sich 2012 im Davis Cup glasklar mit 6:1, 6:2, 6:1 durchgesetzt hatte - allerdings auf Sand. Del Potro ist als starker Davis-Cup-Spieler bekannt, doch drei seiner vier Einzelniederlagen gab es im Finale. 2008 verlor er gegen Feliciano Lopez und verletzte sich dabei, 2011 unterlag er David Ferrer und Rafael Nadal.

Del Potro kann sein Finaltrauma nun beenden und ein ganzes Land in Ekstase versetzen,wie nach dem Gewinn seiner Silbermedaille in Rio de Janeiro.Der Davis Cup könnte für den 28-Jährigen auch zum Karrierebeschleuniger werden. Gewinnt del Potro den Davis Cup mit Argentinien, könnte er im folgenden Jahr durchstarten, so wie es bereits einige andere Tennisgrößen getan haben. Beispiele: Rafael Nadal siegte 2004 als 18-Jähriger gegen Andy Roddick im Davis-Cup-Finale gegen die USA. Im folgenden Jahr startete Nadal voll durch und gewann elf Turniere, darunter erstmals die French Open. Novak Djokovic war lange Zeit der "ewige Zweite" oder auch "ewige Dritte", bis er Serbien im Jahr 2010 zum Davis-Cup-Titel führte und dann ein fabelhaftes Jahr 2011 hinlegte. Djokovic gewann drei Grand-Slam-Turniere, wurde erstmals die Nummer eins der Welt und begann das Jahr 2011 mit 41 Siegen in Folge, ehe er im Halbfinale der French Open von Roger Federer gestoppt wurde.

Murray nach Davis-Cup-Titel mit bester Saison seiner Karriere

Apropos Federer: Der Schweizer gewann 2014 endlich den lang ersehnten Davis-Cup-Titel und spielte 2015 dann eine herausragende Saison mit sechs Titeln und den Finalteilnahmen in Wimbledon und bei den US Open. Dass Federer nicht abermalig die Nummer eins wurde, lag am übermächtigen Djokovic. Auch Andy Murray nahm den Schwung aus dem sensationellen Davis-Cup-Titel mit Großbritannien in diese Saison mit. Der Schotte gewann zum zweiten Mal in Wimbledon, holte erneut olympisches Gold, wurde erstmals die Nummer eins der Welt und überwintert auch als Weltranglisten-Erster. Boris Becker führte Deutschland im Jahr 1988 im "Weihnachtsmärchen von Göteborg" zum ersten Davis-Cup-Titel. Die Folge: Becker spielte 1989 statistisch gesehen sein bestes Jahr mit den Titeln in Wimbledon und bei den US Open, auch wenn da noch nicht zur Nummer eins der Welt reichte.

Del Potro könnte der nächste Spieler sein, der nach dem Davis-Cup-Titel die Euphorie nutzt, um im folgenden Jahr durchzustarten. Sollte der Argentinier verletzungsfrei bleiben, ist er nicht nur für sein Land im Davis Cup ein Punktegarant, sondern auch 2017 ein heißer Anwärter auf einen weiteren Grand-Slam-Titel. Auch wenn am Davis Cup von Seiten von Offiziellen, Spielern und auch Fans seit Jahren immer wieder herumgemäkelt wird, ist er ein Wettbewerb, der die Karriere eines Spielers definieren kann. Einige Spieler wären ohne den Davis Cup längst in Vergessenheit geraten. So ist den deutschen Tennisfans der verstorbene Michael Westphal dank seiner epischen Schlacht im Jahr 1985 gegen Tomas Smid immer noch ein Begriff, oder auch Carl-Uwe Steeb, der im Davis Cup die Spiele seines Lebens machte.

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17.11.2016, 13:17 Uhr