tennisnet.com Kolumne

Wir sind Deutschland. So geht's nicht!

Der DTB will Spieler und Fans wieder zusammenbringen. Das ist toll. Aber die Umsetzung muss besser werden.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 07.03.2015, 18:29 Uhr

Von Florian Goosmann aus Frankfurt

Es war ein verwirrender Anblick am Samstagmittag in der Fraport Arena. Eine halbe Stunde vor offiziellem Doppel-Spielbeginn schlug ein gut gelaunter Gael Monfils in grellen Nike-Shorts und eng anliegendem Kompressionsshirt in gewohnter Trickshot-Manier die letzten Sparringsbälle, als sich an der Seitenbande zum Platzeingang die deutschen Verbandsherrschaften versammelten. Eine Ehrung verdienter Davis-Cup-Spieler stand auf dem Programm, und die klare Ansage lautete: Geschlossenheit im deutschen Tennis zu demonstrieren, ein „Wir sind Deutschland“-Gefühl hervorzurufen, einen erneuten Aufbruch zu starten, erst mal mit alten Gesichtern. 16 Spieler seien anwesend und stünden auf einer Verdientenliste, ließ der Stadionsprecher wissen, Rainer Schüttler, Alexander Waske und David Prinosil waren letztlich die glücklichen drei, die nach vorne durften.

Schüttler (Davis-Cup-Bilanz 9:9) schwelgte kurz im besonderen Gefühl, als Tennis-Einzelkämpfer im Davis Cup die Nationalhymne zu hören, Prinosil (Bilanz 11:11) erinnerte sich an seinen ersten Einsatz 1996 gegen die Schweiz, Doppelspezialist Waske (Bilanz 8:1) reflektierte seinen mehr oder minder karrierebeendenden Einsatz mit Muskelbündelriss im Schlagarm beim Halbfinale 2007 in Moskau, wo er, „wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, nicht mehr antreten würde“. Dazu gab's noch ein paar warme Worte von DTB-Präsident Ulrich Klaus sowie von der Vize-Präsidentin und Leiterin des Ressorts Jugendsport, Dr. Eva-Maria Schneider. Schüttler, Waske und Prinosil bekamen noch ein Foto von sich im schwarzen Rahmen überreicht, bevor der Spuk nach wenigen Minuten auch schon wieder vorbei war.

Mehr Zeichen als Auszeichnung

Das Problem an der nett gemeinten Geste des DTB: Wirklich interessiert hat das Szenario in der Halle kaum. Die Zuschauer befanden sich noch im allgemeinen Ankunftstrubel zwischen Plätze suchen, Fotos machen und Getränke kaufen, die Mannschaften hockten in den Katakomben, und der nicht auf dem Platz anwesende Rest an Funktionären und Verantwortlichen war am Spielfeldrand in Schwätzchen und Begrüßungen vertieft. Wer die ominösen restlichen 13 (Nicht-Geehrten) waren, wurde schließlich schnell und pflichtschuldig während des anschließenden Doppels beim Seitenwechsel vorgetragen. Unter ihnen befanden sich mit Bernd Karbacher (Bilanz 1:2), Markus Zoecke (Bilanz 1:2), Jens Wöhrmann (Bilanz 0:1) und Tomas Behrend (Bilanz 0:1), geht man streng nach Einsätzen, eher weniger verdiente Davis-Cupper – sowie überraschenderweise die nach ihrer Verletzungspause hoffentlich noch eine Weile aktiven Florian Mayer und Peter Gojowczyk. Es passt irgendwie ins Bild des DTB in diesen Tagen zwischen allgemeinem Chaos und dem verzweifelten Versuch, sich für Entscheidungen zu rechtfertigen und ein Aufbruchgefühl zu entfachen.

Das „Wir-Gefühl“ stärken – es ist das neue, es ist das eigentlich positive Zeichen! Es ist ein richtiges und wichtiges Zeichen an ehemalige Spieler, die, so hatte man den Eindruck, sehr erfreut waren über ihr Willkommensein, vielleicht auch vor allem deshalb, um im Rahmen eines Tennisevents alte Weggefährten wiederzusehen. Nur muss dieses Gefühl endlich nach außen vermittelt werden. Eine größtenteils undefinierte „Ehrung“ (Wurden Boris Becker, Eric Jelen, Patrik Kühnen, Carl-Uwe Steeb, Michael Stich, Marc-Kevin Goellner, Karsten Braasch und Co. bereits irgendwann mal geehrt? Hatten sie heute keine Zeit? Oder haben sie bereits ein gerahmtes Foto von sich an der Wand hängen?) durchzuführen, die im Lärmpegel zwischen Einlass und Matchbeginn komplett untergeht, ist kein solches Zeichen. Und wenn schon: Eine Ehrung, die mehr ein Zeichen als eine wirkliche Auszeichnung sein konnte, sollte zumindest wertiger verkauft und inszeniert werden. Ein paar Lichteffekte, der ein oder andere Einspieler auf den Leinwänden, ein geschickt platzierter Tusch – es wäre kein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Das „Wir“-Gefühl nach außen vermitteln und Feuer entfachen. Vielleicht sollte man bei Jürgen Klinsmann mal nachfragen, wie das geht.

von tennisnet.com

Samstag
07.03.2015, 18:29 Uhr