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Aufholjagd nicht gekrönt – Deutsche Damen scheitern in Russland

Die Aufholjagd wird nicht belohnt. Beim Fed-Cup-Halbfinale in Russland verlieren die deutschen Damen mit 2:3.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 19.04.2015, 19:08 Uhr

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Bundestrainerin Barbara Rittner schritt wie einst Franz Beckenbauer erst einmal alleine über den Platz und hockte sich schließlich gedankenverloren an die Bande. „Im Moment überwiegt die komplette Enttäuschung“, sagte die Teamchefin der deutschen Damen, als sienach der 2:3-Niederlage im Fed-Cup-Halbfinale gegen das russische B-Teamzur Pressekonferenz erschien. Rechts von ihr saßenAngelique KerberundAndrea Petkovic, links von ihrSabine LisickiundJulia Görges. Alle schauten wie versteinert ins Nichts.

Auch als der erste russische Reporter wissen wollte, wie ihnen denn die Stadt Sotschi so allgemein gefallen habe, verzogen sie keine Miene. Das erste dezente Lächeln zeigte Rittner, als sie am Ende eines denkwürdigen Wochenendes vom Tourismusminister der Region Krasnodar in Plastiktüten verpackte Gastgeschenke erhielten. „Ich habe wieder viel gelernt in dieser Woche“, sagte Rittner und ließ damit durchaus Raum für Spekulationen. Die oft viel beschworene Harmonie im deutschen Team scheint nach den Irrungen und Wirrungen der vergangenen Tage durchaus Schaden genommen zu haben. Denn im Gegensatz zum Fußball-Weltmeister-Trainer Beckenbauer 1990 in Rom musste die deutsche Teamchefin gut fünf Monate nach dem verlorenen Endspiel in Tschechien eine weitere Enttäuschung verkraften.

Heulkrämpfe bei Petkovic

Vor den Augen von IOC-Präsident Thomas Bach wurden die Hoffnungen auf eine historische Wende nach den Niederlagen von Lisicki und Julia Görges am Eröffnungstag und die Chance auf eine Revanche im Heim-Finale gegen die Tschechinnen am Sonntag jäh zerstört. Nach der 2:6,-3:6-Niederlage von Petkovic und Lisicki im entscheidenden Doppel gegenAnastasia PavlyuchenkovaundElena Vesninawurde Petkovic auf dem Platz von Heulkrämpfen geschüttelt und ließ sich auch von ihrer Freundin Angelique Kerber nicht trösten.

Die für den Verlierer so nervtötende Queens-Hymne „We are the champions“ dröhnte, die Russinnen rannten mit ihrer Fahne über die rote Asche. Am Dienstag hatte Petkovic der Bundestrainerin signalisiert, dass sie gar nicht antreten wolle. Dann aber vermittelte sie zeitweise den Eindruck, spielen zu können und zu wollen. So verzichtete Rittner am Samstag auf ihre nominellen Spitzenkräfte Petkovic und Angelique Kerber. „Angie war vor allem körperlich platt. Bei Andrea hat man gemerkt, dass sie mental an der Grenze ist“, sagte Rittner.

Personalrochade misslungen

Die Strapazen der knapp sechswöchigen USA-Tournee hatten Spuren bei den beiden Spielerinnen hinterlassen. Doch nach einer „chaotischen Woche“ (Petkovic) und dem 0:2-Rückstand durch die Niederlagen von Lisicki gegen Pavlyuchenkova und Julia Görges gegenSvetlana Kuznetsovaam völlig verkorksten Eröffnungstag wird sich jetzt auch Rittner die unvermeidlichen Fragen nach ihrer Nominierung gefallen lassen müssen. Am Sonntag nämlich deklassierten Petkovic (6:2, 6:1 gegen Kuznetsova) und Kerber (6:1, 6:0 gegen Pavlyuchenkova) ihre Gegnerinnen und sorgten für den Hoffnung weckenden Ausgleich zum 2:2.

Auf den ersten Blick scheint sich die erfahrene und sonst so clevere Teamchefin schlicht und einfach mit ihrer Entscheidung, in den ersten beiden Einzeln auf Petkovic und Kerber zu verzichten, verzockt zu haben. Ihr Schachzug mit der müden Petkovic anstelle der Doppel-erfahrenen Görges ging am Sonntag ebenfalls nicht auf. Wer allerdings Petkovic und Kerber nach ihrer Ankunft trainieren sah und sich mit ihnen unterhielt, konnte die Bedenken der Bundestrainerin durchaus nachvollziehen. Vor allem Lisicki erfüllte aber die Erwartungen nicht. „Es war nicht ihr Wochenende“, kommentierte Rittner bei Sat.1 Gold knapp. Nach der misslungenen Personalrochade scheint es im deutschen Damen-Team durchaus Gesprächsbedarf zu geben.

von tennisnet.com

Sonntag
19.04.2015, 19:08 Uhr