Patrick Ofner im Interview

Der Kärntner hat nicht nur die Tennis-Interessierten in den USA überrascht, sondern auch sich selbst.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 15.12.2011, 20:33 Uhr

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Die tennisnet.com-Saisonbilanzen, Teil 2: Patrick Ofner. Finale in Bradenton bei den Eddie Herr International Junior Tennis Championships , Finale in Plantation bei der Orange Bowl - Patrick Ofner hat in den USA bei seinen letzten Jugendturnieren gewaltig für Furore gesorgt. Der 18-jährige Überraschungsmann imtennisnet.com-Jahresrückblick über seinen größten Karriereerfolg und seine starke Saison, warum bei ihm das Tennis in den nächsten Monaten nicht die erste Geige spielen wird und er es sich gut vorstellen kann, beim ÖTV zu trainieren.

Gratulation! Zwei Mal Finale - das hättest du vorher sicher genommen, oder?

Ja, das hätte ich sehr gerne genommen! (lacht) Ich hab das vorher ja überhaupt nicht erwartet, dort so weit zu kommen. Ich bin ohne große Ziele in die USA gefahren, hab mir keinen Druck gemacht - vielleicht ist es deshalb so gut gelaufen.

Hast du schon realisiert, was du da geleistet hast?

Noch nicht ganz. Das wird wohl noch ein paar Tage brauchen. Ein Orange-Bowl-Finale ist ja nicht etwas Alltägliches, das hat, glaube ich, vorher noch kein Österreicher im U18-Burschen-Bewerb geschafft. Das macht mich also schon sehr stolz.

Wieviele Gratulationen hast du in den letzten Wochen entgegen genommen?

Sehr viele! (lacht) Ich hab nicht nachgezählt. Ich hab SMS und Mails bekommen, auf meiner Homepage und auf facebook haben mir auch sehr viele gratuliert. Es hat mich sehr gefreut - auch zu sehen, wieviele das interessiert und wieviele sich mit einem freuen.

Abgezeichnet hat sich das alles nicht, du hast vor deiner US-Reise fünf Matches in Folge verloren. Woher kommt die plötzliche Hochform?

Das weiß ich selber nicht so genau. (lacht) Für mich war's wohl auch ein kleiner Vorteil, dass die Turniere dort jetzt wieder auf grünem Sand gespielt werden und nicht mehr auf Hartplatz. Und ich hab eben ganz ohne Druck spielen können.

Du hast beide Male im Finale gegen Dominic Thiem 1:6, 0:6 verloren? Dämpfen diese klaren Niederlagen ein wenig die Freude?

Eigentlich sehr wenig. Es war zwar beide Male ein sehr klares Ergebnis, aber das hätte viel knapper sein können. Beim ersten Mal war ich ein bisschen verletzt, der Oberschenkel hat mir wehgetan. Beim zweiten Mal war ich einfach müde, weil ich im Halbfinale drei Stunden lang gespielt hab. Ich muss "Domi" aber gratulieren, er war sicher der bessere Spieler. Gewonnen hätte ich wohl auch so nicht, er hat sehr stark gespielt.

War er einfach in einer eigenen Liga?

Schwer zu sagen. Sein Spiel ist meinem ähnlich und er hat dort definitiv sehr gut gespielt. Es ist auf jeden Fall echt stark, dass er das drei Wochen durchspielt und kein Match verloren hat.

Was hättest du gegen ihn besser machen müssen?

Ich muss fit sein, und das war eben nicht der Fall. Sonst muss ich vor allem meinen Aufschlag verbessern, da ist er sicher wesentlich besser. Ich hab da noch nicht so die Möglichkeiten, mit dem Aufschlag Punkte zu machen, das ist noch der größte Schwachpunkt in meinem Spiel.

Stört es dich, dass Dominic nach diesen Erfolgen mehr im Rampenlicht steht?

Gar nicht! Es ist mir sogar recht. (lacht) Ich hab's lieber, nicht so sehr im Rampenlicht zu stehen, ich bin froh darüber. Ich muss einfach nicht dauernd präsent sein. Bei Dominic wird jetzt wohl etwas mehr los sein, das ist zwar einerseits schön, kann aber auch mühsam sein.

Man hört auf jeden Fall, dass ihr in den USA große Begeisterung ums österreichische Tennis entfacht habt. Wie hast du das erlebt?

Die Begeisterung hat es sicher gegeben. Dass zwei Österreicher zwei Mal im Finale stehen würden, hat niemand erwartet. Das hat wohl viele überrascht und auch aufs österreichische Tennis schauen lassen. So macht man eben auf sich aufmerksam. Vielleicht bekommt das österreichische Tennis durch so etwas international wieder einen größeren Stellenwert.

Blicken wir ein wenig auf deine Saison zurück. Du hast heuer gleich sechs ITF-Endspiele erreicht, davon allerdings fünf verloren, die letzten drei alle gegen Österreicher. Lastet auf dir ein kleiner Finalfluch?

Das glaube ich nicht. Ich bin damit sehr zufrieden, man muss ja erst mal so weit kommen. Die anderen Finals waren meist ziemlich knapp, die hätten auch in eine andere Richtung laufen können. Nur diesmal war's halt klar, weil "Domi" wirklich sehr gut war.

Dennoch: Was macht es in einem Finale für dich vielleicht schwerer, deine Leistung abzurufen? Ist man da etwas nervöser?

Ja, man ist schon etwas nervöser, aber das ist normal. Vielleicht kommt es meinem Spieltyp nicht zu Gute, im Finale bin ich dann oft schon ein bisserl müde. Vielleicht ist es ja deswegen. Ich glaube jedenfalls nicht, dass das mit einem Finalfluch zu tun hat.

War dir bei der Orange Bowl vielleicht etwas zu sehr bewusst, dass du österreichische Tennisgeschichte schreiben könntest?

Nein, das hab ich gar nicht so realisiert. Es ist alles so schnell gegangen. Ich hab's gar nicht richtig mitgekriegt, dass ich im Finale bin und was ich da schaffen kann.

Fest steht: eine tolle Saison, oder?

Ja, die war wirklich super. Ich hab das ITF-Turnier in Villach gewonnen , hab darauf beim Kategorie-A-Turnier in Mailand Finale gespielt , das waren schon mal zwei super Wochen. Bei den Grand Slams hat es nicht so gut geklappt, da hab ich jedes Mal in der ersten Runde in drei Sätzen verloren. Das ist natürlich schade, aber das Leben geht weiter. Und es ist ja dann richtig toll weitergegangen, sodass ich es noch auf Platz zehn im Ranking geschafft hab.

Was bedeutet es dir, zu den zehn besten Junioren der Welt zu zählen?

Vor Amerika war ich noch einige Punkte zurück, da hab ich nie mehr gedacht, dass sich das noch ausgeht. Zum Schluss hab ich schon darauf geschaut, wie weit ich kommen muss, um das zu schaffen, mit dem Sieg im Halbfinale hab ich's dann gewusst, dass ich das in der Tasche hab. Das war schon eine Riesen-Erleichterung.

Vor allem, weil du so 2012 drei Wildcards für 10.000-Dollar-Futures bekommst, oder?

So ist es. Ich hab ja mittlerweile keinen ATP-Punkt mehr, den einen aus dem Vorjahr hab ich verloren. Die Wildcards können mir also sicher helfen, vor allem weil die Qualifikationen im Frühjahr immer stark besetzt sind.

Von Dominic glauben viele, dass er nächstes Jahr schon in die Top 200 im ATP-Ranking durchmarschieren könnte. Glaubst du das auch?

Ich würd's ihm auf jeden Fall wünschen, aber ich glaub nicht, dass es so einfach wird, das ist ein Riesenschritt bis dorthin. An dem sind schon viele gescheitert.

Kann das bei dir ähnlich schnell gehen, wie man es sich bei Dominic erhofft? Und wie realistisch ist das überhaupt?

2012 wohl noch nicht sehr. Ich will im Mai erst meine Matura am Sport-BORG in Klagenfurt fertigmachen und werde im Frühjahr wenig Turniere spielen können. Ab dem Sommer werde ich's richtig probieren. Es wird auf jeden Fall immer schwerer, nur wenige Junge schaffen es schnell nach oben. Ich hab also noch Zeit.

Viele glauben, dass man heutzutage ohne Waffen im Herren-Tennis nicht vorankommt. Fehlen die dir als eher Allrounder nicht noch ein bisschen?

Meine Vorhand ist gar nicht so schlecht, da geht schon was weiter! (lacht) Damit kann ich schon Druck und Punkte machen. Mein größeres Problem ist der Aufschlag. Ich bin halt mit 1,70 Meter nicht so groß, ein Riesen-Aufschläger werde ich also wohl nicht mehr. Aber ich werde hart daran arbeiten.

Alex Antonitsch hat in seinem tennisnet.com-Blog über den "wahren Wahnsinn an Thiems Orange-Bowl-Sieg" geschrieben: Dominics Eltern haben sich, um seine Karriere zu finanzieren, verschuldet, Dennis Novak hat sich die Reise nach Übersee nicht einmal leisten können. Wusstest du das? Und was geht dir dabei durch den Kopf?

Das wundert mich sehr. "Domi" hat ja schon einige große Sponsoren, in dieser Saison müsste er schon einiges verdient haben. Auch bei Dennis überrascht es mich eher, so teuer wäre die eine Reise nach Übersee auch nicht gewesen, Hotel und Essen haben wir ja durch die Hospitality bezahlt bekommen. Mehr weiß ich dazu leider nicht.

Kennst du solche Situationen, etwa Turniere aus Kostengründen auslassen zu müssen?

Gottseidank nicht. Wenn meine Sponsoren die Kosten einer Reise nicht übernehmen können, dann tun das meine Eltern, sie machen das für mich sehr gerne.

Wie finanziert sich denn deine Karriere genau?

Dieses Jahr hab ich vom ÖTV eine externe Förderung erhalten. Des Weiteren über die APT (Austrian Professional Tennis, Anm.) , nächstes Jahr aber nicht mehr, weil da, glaub ich, nur Jugendliche bis 18 Jahre unterstützt werden. Kärnten-Sport und Kelag hab ich als Sponsoren. Den Rest übernehmen meine Eltern. Diese Saison war etwa nicht so billig. Mein Trainer Jerry Hebein hat daher oft nicht dabei sein können, etwa in den USA, nur mein Papa war stets mit.

Ist durch deine jüngsten Erfolge von Sponsorenseite her schon etwas in Aussicht?

Bis jetzt nicht, und ich hab auch nichts gehört, dass es irgendwelche Gespräche gäbe. Aber vielleicht wird's damit ja noch was, lange ist das Orange-Bowl-Finale ja noch nicht her.

Wie war's, in den USA von Martin Slanar und Gilbert Schaller betreut zu werden?

Perfekt. Die meiste Zeit war Martin bei mir. Ich hab ihn erst am Flug hin kennengelernt und mich mit ihm sehr gut verstanden. "Schilli" war dann bei der Orange Bowl auch dabei. Ich bin dort super betreut worden und möchte mich hiermit auch dafür bedanken.

Wie ist es dazu gekommen, dass dich der ÖTV im Gegensatz zu vielen anderen immer wieder unter die Fittiche nimmt, obwohl du ja kein Verbandsspieler bist?

Ich hab vom ÖTV immer das Angebot gehabt, dass ich mich anhängen kann, wenn ich wo Turnierbetreuung brauchen sollte. Jetzt hat's eben gut gepasst, daher hatte ich darum auch gebeten. Und es hat alles super geklappt.

Kannst du's dir vorstellen, überhaupt mal zum ÖTV zu gehen?

Jetzt hab ich bis zum Mai mal mit meiner Matura zu tun, dann gehe ich zum Bundesheer, ich werde schauen, dass ich ins Heeressportzentrum komme. Wohin ich nachher will, weiß ich noch nicht, der ÖTV ist aber durchaus eine Option.

Auch aus Kostengründen?

Sicher auch deswegen. Vielleicht werde ich aber auch was Anderes machen, es ist noch nichts entschieden und ich möchte mir da auch noch Zeit lassen und mir die Entscheidung aufheben.

Antonitsch meinte in seinem Blog über dich auch: "Patrick hat sicher nicht die besten Voraussetzungen." Was könnte er damit so gemeint haben?

Ich denke, dass die Schule und die Tenniskarriere bei mir derzeit gleichwertig sind und die Schule jetzt dann sicher in den Vordergrund rückt. Die besten Voraussetzungen hab ich also bestimmt nicht, die anderen können sicher drei Mal so viel trainieren wie ich, das ist leider so. Mit meinen Voraussetzungen hab ich aber schon viel erreicht, eigentlich Unmögliches.

Stimmt dich das mit Blick auf deine Profi-Laufbahn umso positiver, wenn zeitliche Belastungen wie Schule und Bundesheer dann mal wegfallen? Wird es dir dann umso leichter fallen, bei den Herren durchzustarten?

Kann schon sein. Es steht da bei mir sicher eher das positive Gefühl im Vordergrund. Es gibt bei mir eben noch viel zu verbessern und viel Potenzial - das ist ja das Gute. (Foto: GEPA pictures/ Matthias Hauer)

Das Gespräch führte Manuel Wachta.

von tennisnet.com

Donnerstag
15.12.2011, 20:33 Uhr