"Jeder träumt von einem Grand-Slam-Titel"
Der talentierte Steirer im exklusiven tennisnet.com-Interview.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
01.02.2012, 10:12 Uhr

Die tennisnet.com-Jugendserie, Teil 14:tennisnet.com stellt in einer Serie die hoffnungsvollsten österreichischen Nachwuchstalente vor und spricht mit Betreuern und Experten über die rot-weiß-roten Stars von morgen und die Arbeit im Jugendbereich.
Johannes Schretter hat im vergangenen Jahr seinen Lebensmittelpunkt von Graz nach Wien verlegt und trainiert nun in der Tennis-Zone von Roland Berger und Ex-Profi Werner Eschauer. Im Interview mit tennisnet.com spricht der 17-Jährige über sein Vorbild Marat Safin, die schwierige Eingewöhnungsphase in Wien und er erzählt, warum er sich voll und ganz auf den Einstieg ins Herren-Tennis konzentriert.
Steckbrief:
Geburtsdatum:23.12.1994
Geburtsort:Graz
Wohnort:Graz bzw. Wien
Größe:1,85 m
Gewicht:73 kg
Schlaghand:rechts
Name der Trainer:Tennis: Roland Berger, Werner Eschauer, Kondition: Manfred Kogler
Bisherige Erfolge:Viertelfinale "Les Petits As" in Tarbes, mehrfacher Österreichischer Meister (U12, U14, U16), ITF-Einzeltitel in Preveza, ITF-Doppeltitel auf Corfu
Johannes, du bist aktuell Nummer acht der ÖTV-U18-Rangliste, im ITF-Ranking liegst du auf Position 550. Wieviel Beachtung schenkst du derzeit diesen Ranking-Zahlen?
Nur sehr wenig. Die ÖTV-Rangliste hat für mich keine Bedeutung, da ich schon lange nicht mehr bei nationalen Turnieren gespielt habe. Auch bei ITF-Turnieren war ich im vergangenen Jahr kaum noch im Einsatz, da ich begonnen habe, auf Future-Ebene zu spielen.
2010 hast du bei den Unter 18-Jährigen erste Titel eingefahren, im Vorjahr bist du ohne Turniersieg geblieben. Wie fällt die Bilanz der abgelaufenen Saison aus?
Das vergangene Jahr war vom Kopf her sehr schwierig für mich, weil ich mich im Winter am Handgelenk verletzt habe. Die ersten ITF-Turniere, wo ich vorher viel gewonnen habe, habe ich ohne Matchpraxis bestritten und habe oft sehr früh verloren. Dadurch bin ich im Ranking weit nach hinten gerutscht und habe mich schließlich entschieden, nur noch Futures zu spielen.
Dort hat es im Sommer zwar mit den ersten Matchgewinnen in der Quali geklappt, auf den ersten ATP-Punkt musst du aber noch warten. Wie zufrieden bist du mit deinen ersten Auftritten bei den Herren?
In Bad Waltersdorf hatte ich eine Wildcard und habe in Runde eins gegen die Nummer fünf des Turniers eine ordentliche Leistung abgeliefert. Ich habe keinen Respekt gezeigt, gut gespielt, aber leider knapp verloren. Bei den darauffolgenden Turnieren war ich mit den Leistungen weniger zufrieden. Ich habe mir wegen der Rangliste zuviel Druck gemacht und im Verlauf der Turnierserie auch immer schlechter gespielt.
Tiefpunkt war wohl in St. Pölten, als du von Mario Haider-Maurer die "Brille" verpasst bekommen hast. Wie lange hattest du an dieser Niederlage zu knabbern?
Die Partie war eigentlich schnell abgehakt, weil es meine schlechteste Partie im Sommer war. St. Pölten war das letzte Turnier des Sommers, ich war vom Kopf her schon ausgebrannt und habe nicht mehr daran geglaubt, dass es mit dem ersten ATP-Punkt noch klappt. So etwas sollte natürlich nicht passieren, aber ich sehe es nicht so tragisch, weil ich sowohl spielerisch als auch vom Kopf nicht mehr voll dabei war.
Wo siehst du nach deinen ersten Erfahrungen auf Future-Ebene die größten Hürden beim Umstieg vom Jugend- zum Erwachsenen-Tennis?
Generell ist das Spiel bei den Herren nicht nur schneller, sondern auch viel konstanter. Der größte Unterschied zum Junioren-Tennis ist aber der Aufschlag. Die Herren servieren um einiges härter, da gibt es kaum noch freie Punkte, man muss wirklich in jedem Ballwechsel dranbleiben. Bei den Junioren hingegen gibt es noch öfter "geschenkte" Breaks, für die man nicht sehr viel tun muss.
Wo hast du deiner Meinung nach noch das größte Verbesserungspotential, um den Sprung ins Herrentennis möglichst rasch zu schaffen?
Ich muss vor allem meine Stärken wie das Service und die Vorhand weiter verbessern, damit ich meine Punkte besser aufbauen kann und bei den eigenen Aufschlagspielen zu mehr freien Punkten komme.
Um dich weiter zu entwickeln, hast du im letzten Jahr deinen Trainingsmittelpunkt von Graz nach Wien verlegt. Was hat sich für dich verändert, seit du in der Tennis-Zone International bei Roland Berger und Werner Eschauer trainierst?
In Graz war alles durchorganisiert, ich habe zuhause bei meinen Eltern gewohnt und musste mich abseits des Tennisplatzes nicht um viel kümmern. Jetzt habe ich eine Wohnung mit meinem Onkel und muss mich um das ganze Drumherum selbst kümmern. Besonders in den ersten Wochen war es nicht leicht, alles unter einen Hut zu bringen. Aber ich merke, dass ich dadurch selbstständiger werde, und davon profitiere ich in Zukunft sicher.
Und inwiefern hat sich das Training verändert?
Das Training ist im Vergleich zu früher anstrengender und härter. Ich bin neben Dominic Weidinger in der Akademie der Jüngste und habe hier auch sehr viele gute Sparringpartner. Mit Werner spiele ich sehr viel Sparring und Punkte, und als ehemaliger Profi kann er mir auch im mentalen Bereich wertvolle Tipps geben. "Roli" kümmert sich besonders um meine technische Weiterentwicklung und arbeitet mit mir an meiner Einstellung. Ich bin nämlich sehr ungeduldig und meine Entwicklung geht manchmal nicht so schnell voran, wie ich mir das wünschen würde.
Du bist seit Dezember 17 Jahre alt und machst nebenbei noch die Schule. Wie sieht ein klassischer Arbeitstag bei dir aus?
Mein Trainingstag beginnt zwischen 8 und 9 Uhr. Wenn ich erst um 9 Uhr starte, dann lerne ich davor meistens noch etwas für die Schule. Am Vormittag steht dann Tennis- und Konditionstraining auf dem Plan. Nach der Mittagspause geht es dann mit Tennis- und Kondieinheiten weiter. Am Abend geht's dann ans Ausradeln und ich arbeite noch an meiner Beweglichkeit. Zum Abschluss muss ich dann noch lernen, wobei ich meistens zwischen neun und halb zehn am Abend schon müde ins Bett falle. Nur an den Montagen schaut mein Programm anders aus: Da bin ich in Graz und hole in der Schule meine Prüfungen nach.
Klingt nach einem ordentlich gefüllten Terminkalender. Den Gedanken, mit der Schule aufzuhören und dich voll aufs Tennis zu konzentrieren hat es da noch nicht gegeben?
Das ist kein Thema. Bis jetzt ist es sich auch immer gut ausgegangen, dass ich durchkomme. Außerdem ist die Schule eine gute Ablenkung und auch eine gewisse Sicherheit. Durch eine Verletzung kann es mit dem Tennis so schnell vorbei sein, da ist es wichtig, ein zweites Standbein zu haben.
Der Weg zum Profi ist nicht nur sportlich eine Herausforderung, sondern auch sehr kostspielig. Wer unterstützt dich finanziell?
Seit ich in Wien bin, ist es natürlich teurer geworden. Neben den Kosten für die Wohnung und das Essen müssen auch Training und Turnierreisen bezahlt werden. Glücklicherweise unterstützt mich meine Mutter im Rahmen ihrer Möglichkeiten und ich habe mit der Firma Erhartmaier und der Firma Sobitsch zwei Sponsoren, die auch nach dem schwierigen letzten Jahr weiter an mich glauben. Bei ihnen möchte ich mich an dieser Stelle auch herzlich bedanken, denn ohne dieser Unterstützung könnte ich mir das Ganze nicht leisten.
Auf deiner Website und auf Facebook gibst du Roger Federer, Gael Monfils und Marat Safin als deine Vorbilder an. Wer taugt dir von diesen Spielern am meisten und warum?
Am meisten hat mich Safin beeindruckt. Ich finde seinen Spielstil und seine Technik noch besser als die von Federer. Monfils ist ein cooler Spielertyp, ihm in der Stadthalle zuzuschauen, war ein Wahnsinns-Erlebnis. Und Federer ist mit seinen unglaublichen taktischen Fähigkeiten wahrscheinlich von jedem Spieler ein Vorbild.
Federer, Monfils und Safin sind bzw. waren richtige Top-Stars im Tennis. Wenn du ganz unbescheiden sein dürftest: Was sind deine Ziele für die weitere Laufbahn?
Ich fliege am Mittwoch zu Futures in die Türkei und möchte dort meine ersten ATP-Punkte holen. Ein langfristiges Ziel von mir sind sicherlich die Top 50. Und von einem Grand-Slam-Titel träumt wahrscheinlich jeder Tennisprofi. Um diese Ziele zu erreichen, ordne ich dem Tennis alles unter.(Foto: GEPA pictures)