Mission erfüllt! Was kommt als nächstes für Alexander Zverev?
Der 16-Jährige erfüllte sich mit dem Australian-Open-Sieg seinen Traum und will nun schnellstmöglich bei den Profis Fuß fassen.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
26.01.2014, 07:48 Uhr

Von Christian Albrecht Barschel aus Melbourne
Erstaunlich gelassen nahm Alexander Zverev seinen bislang größten Karriere-Erfolg zur Kenntnis. Von großen Emotionen war beim 16-Jährigen wenig zu sehen. Ein kurzer Jubelschrei nach dem verwandelten Matchball in der Rod Laver Arena war bereits der größte Gefühlsausbruch des Hamburgers. Vielleicht lag es auch daran, dass sein Triumph in der Juniorenkonkurrenz bei den Australian Open nicht überraschend kam und er diesen von sich selbst auch erwartet hat. Zverev ging als Nummer eins der Junioren-Weltrangliste und mit einer breiten Brust in die Australian Open. Der Norddeutsche hatte sich mit dem Titel beim Vorbereitungsturnier in Traralgon reichlich Selbstvertrauen für seine Grand-Slam-Mission in Melbourne geholt. Nachdem diese Mission nach sechs Siegen erfüllt war, analysierte Zverev in der Pressekonferenz seinen großen Meilenstein äußerst trocken - wobei seine Worte etwas anderes wiedergeben. „Der Titel bedeutet mir sehr viel. Ich habe lange darauf gewartet und viel davon geredet, dass ich unbedingt einen Grand-Slam-Titel gewinnen möchte. Heute ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Ich habe das Gefühl, dass ich einen riesengroßen Schritt in meiner Karriere gemacht habe", sagte Zverev.
Schluss mit den Junioren und direkt zu den Profis?
Der Traum vom ersten Grand-Slam-Titel bei den Junioren kam nur einmal ins Wanken, sogar ganz gewaltig. In der zweiten Runde stand Zverev nur zwei Punkte vor dem Aus, lag mit 3:5 zurück und kassierte sogar einen Strafpunkt wegen Ballwegschlagens. Der Hamburger beschreibt sich selbst als „verrückt" auf dem Platz. „Ich bin nicht der ruhigste auf dem Platz. Wenn ich eine Dummheit mache, rege ich mich darüber auf. Aber dann ist auch gut, und ich spiele weiter. So wie, als ich hier in der zweiten Runde einen Strafpunkt bekommen habe. Danach habe ich kein Spiel mehr verloren", erklärte Zverev. Ob er nun seine Karriere bei den Junioren beendet und sofort sein Glück bei den Profis versucht, darauf möchte sich der 16-Jährige noch nicht festlegen. „Ich weiß das noch nicht. Ich muss das erst einmal mit meinen Eltern und meinem Manager besprechen, wie es weiterläuft und ob ich die restlichen Grand Slams spiele. Ich bin die Nummer eins, habe das Jahr als Nummer eins abgeschlossen und nun ein Grand-Slam-Titel gewonnen. Viel mehr geht nicht", sagte Zverev.
Wie geht es jetzt weiter für die Nummer eins bei den Junioren? Sein Aufenthalt in Australien ist mit dem Triumph im Melbourne Park noch nicht beendet. Der 16-Jährige bleibt noch einige Tage in Melbourne, um zu trainieren. Anschließend geht es weiter zum Challenger im australischen West Lakes, wo er in der Qualifikation antreten wird. Zverev, derzeit Nummer 807 bei den Profis, will so schnell wie möglich auf der ATP-Tour Fuß fassen. Seine Hauptfeld-Premiere bei einem ATP-Turnier feierte er vergangenes Jahr bei seinem Heimspiel in Hamburg. Turnierdirektor Michael Stich hatte ihm eine Wildcard bereitgestellt. In der ersten Runde verlor er gegen den Spanier Roberto Bautista Agut, in Melbourne immerhin Achtelfinalist und Bezwinger von Juan Martin del Potro, mit 3:6, 2:6. „Ich war auf dem Hamburger Center Court die ganze Zeit nervös. Wenn ich noch mal die Chance in Hamburg bekommen sollte, würde es das nächste Mal sicherlich anders sein."
Kyrgios und Kokkinakis machen es vor
Nach dem Australien-Trip geht es weiter in die USA. Zverev will die Qualifikation in Delray Beach und beim Challenger in Dallas spielen, wenn er eine Wildcard bekommt. Wann rechnet der Hamburger mit dem Durchbruch bei den Profis? „Wenn man mit Durchbruch Top 100 meint, dann hoffe ich, dass ich es so wie mein Bruder schaffe, der mit 19 Jahren Top 100 war. Wenn ich jetzt anfange bei den Profis voll zu spielen, hoffe ich, dass ich Ende des nächsten Jahres so um Platz 150 stehe. Die guten Junioren wie Kyrgios und Kokkinakis, mit denen ich letztes Jahr Junioren gespielt habe, waren hier in der zweiten Runde bei den Herren. Deshalb glaube ich, dass ich das auch schaffen kann, weil ich auch nicht weniger kann als die beiden."
Zverev sieht nicht allzu große Unterschiede zwischen Junioren und Profis. „Von den Schlägen her ist der Unterschied nicht groß. Die Profis sind natürlich viel erfahrener, selbstbewusster und ruhiger auf dem Platz als ich. Die Sicherheit und Selbstverständlichkeit, welche die Profis auf dem Platz zeigen, muss ich mir erst einmal holen." Angst davor, dass es bei den Profis nun mehr Niederlagen als bei den Junioren geben wird, hat der Teenager nicht. „Das ist eben ein neuer Anfang. Das war bei den Junioren die erste Zeit auch so, dass man mehr verloren als gewonnen hat." Für Zverev soll es bei den Profis auch deshalb so schnell wie möglich nach oben gehen, damit er mit seinem Bruder Mischa bei den Turnieren im Doppel antreten kann. „Sobald wir irgendwo in ein Turnier reinkommen oder eine Wildcard bekommen, spielen wir sofort." Als Vorbild will Zverev seinen Bruder aber nicht mehr bezeichnen. „Mein Lieblingsspieler ist Federer. Mein Bruder Mischa ist es mal gewesen, aber er hat in Halle gegen Federer 6:0, 6:0 verloren. Da kann ich jetzt nicht mehr sagen, dass mein Bruder mein Vorbild ist", sagte der 16-Jährige mit einem breiten Grinsen.
Zverev will nicht mehr wachsen
In den Trainingsmatches setzt sich noch der zehn Jahre ältere Mischa durch. „Ich habe im Training schon gegen viele gute Spieler gewonnen, aber gegen meinen Bruder kann ich nicht gewinnen, das geht irgendwie nicht. Ich verliere immer ganz knapp, egal, wie gut ich spiele oder egal, wie schlecht er spielt. Wenn er dann noch einen Kommentar abgibt, ist es vorbei bei mir", erzählte Zverev mit einem Lachen. Und wie tickt die neue große deutsche Tennis-Hoffnung privat? „Ich bin der sportliche Typ. Ein Tag Pause gibt es für mich nicht. Wenn ich einen Tag frei habe, spiele ich Basketball oder Golf. An guten Tagen spiele ich eine Golf-Runde 8 über Par", erzählte Zverev, der im Gegensatz zu vielen anderen Teenagern dem Internet nicht viel abgewinnen kann. „Ich bin kein großer Fan vom Internet. Jemand hat mal eine Facebook-Seite für mich gemacht, aber wirklich aktiv bin ich nicht im Internet."
Einen großen Wunsch hat Zverev noch für die Zukunft. „Ich hoffe, dass ich nicht mehr wachse. Ich habe keine Lust darauf. Immer wenn ich wachse, fühlt es sich so an, dass etwas nicht stimmt: meine Schulter, mein Rücken, meine Knie. Wir müssen erst einmal warten, bis ich auswachse, um mit der physischen Seite zu beginnen. Mir wurde gesagt, dass ich noch wachse. Aber ich will nicht mehr. Ich soll noch vier Zentimeter wachsen und 1,99 Meter groß werden."