Ebert baut Kids-Tennis aus

Der Begründer der Aktion „tennis4kids“ im exklusiven Interview mit tennisnet.com.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 13.05.2013, 18:20 Uhr

Es tut sich etwas im österreichischen Nachwuchstennis! So etwa in Form der sogenannten „Colorball Challenge“, eine neue Turnierserie im Rahmen von tennis4kids– die dem ÖTV-Nachwuchskoordinator Michael Ebert und dem bekanntlich wieder ins Tennis-Sponsoring eingestiegenen Versicherungsunternehmen „Wiener Städtische“ zu verdanken ist.

Michael, viele können mit dem Begriff „Colorball Challenge“ noch nicht viel anfangen. Kannst du kurz die Grundzüge umreißen?

Es handelt sich dabei um ein Breitensport-Turnierkonzept im Rahmen von tennis4kids, das ich entwickelt habe, ganz unter Berücksichtigung des Tennis-10’s-Konzepts der ITF und der ÖTV-Kids-Tennis-Vorgaben. Es gibt drei Altersstufen, gekennzeichnet mit drei verschiedenen Farben: rot für die Achtjährigen und Jüngeren, orange für die Neun- und Zehnjährigen sowie grün für die Elf- und Zwölfjährigen. Das Konzept beinhaltet ein eigenes Spielstärke-Rating-System. Je nach Matches, Siegen und gegen wen diese errungen worden sind, kann man in seiner Altersklasse auf einer Skala von 4 bis 1 nach oben klettern.

Wann ist dir die Idee zu diesen Konzepten gekommen?

tenniskids hat vor ziemlich genau zehn Jahren mit ersten Turnierformen mit den verkleinerten Spielfeldern und verschiedenen Bällen begonnen. Zu Beginn war es vor allem der tennis4kids Team Cup, den wir ihn Wien sehr erfolgreich organisiert haben. Das Konzept der „Colorball Challenge“ kam dann vor einigen Jahren als sinnvolle Ergänzung zu unserem methodischen tennis4kids-Development-Programm hinzu. Ich habe dann mit einem eigenen Programmierer begonnen, das alles auf eine Turnierplattform,www.tennis4kids.at, zu bringen, und zwar mit einem vollständigen Konzept, dort findet man auch den Turnierkalender. Auch die „Colorball Challenge“ orientiert sich ganz nach dem ITF-Konzept mit verschiedenfärbigen Bällen, mit denen auch die Turniere gespielt werden. Diese werden immer sehr kurzfristig abgehalten, in der jüngsten Altersstufe dauert das Ganze etwa zwei bis drei Stunden, darüber drei bis vier Stunden. Und am Ende gibt es keinen Sieger.

Wieso? Worum geht es dann?

Es geht ums Spielen und praktische Umsetzen und Anwenden jener Dinge, welche die Kids im Training erlernen. Im Training steht eigentlich immer das Erlernen der Schlagtechniken im Vordergrund. Das Spielen selbst wird dabei viel zu wenig vermittelt. Die Weiterentwicklung dabei wird mit dem zuvor beschriebenen Rating-System überprüft. Wenn man beispielsweise in der Altersklasse rot auf Stufe vier beginnt, muss man zumindest zehn Matches spielen und vier davon gewinnen, um in die nächste Stufe aufzusteigen.

Und dabei zählt jeder Sieg?

Nein. Nur dann, wenn er gegen einen gleich starken oder besseren Gegner erkämpft worden ist. Selbstverständlich dürfen auch mehr als zehn Partien absolviert werden. Die beiden Voraussetzungen – Anzahl der Matches und Siege – müssen jedoch beide erfüllt werden, um auf Stufe drei zu kommen. Das Ziel ist es, sich dorthin zu spielen, wo man auch hingehört. So ist es leichter, die richtigen Kinder zusammenzubringen und miteinander spielen zu lassen.

Was für Vorteile hat die „Colorball Challenge“ noch?

Sie ist einfach ein wichtiger Puzzlestein für die spielerische Entwicklung der Kinder. Das „freie“ Spielen der Kinder miteinander gibt es nämlich so gut wie gar nicht, und das merkt man sehr deutlich. Die „Colorball Challenge“ ist die Plattform, auf der sich die Kinder bewegen sollen, um Spielerfahrungen zu sammeln und um sich mit anderen auf möglichst gleichem Leistungsniveau messen zu können. Ein Vorteil ist sicher auch die Kurzweiligkeit. Ein Turnier kann eben auch an einem Mittwoch von 16 bis 18 oder 19 Uhr sein. Die Eltern sind dadurch also nicht permanent in ihren Vorhaben und Plänen blockiert.

Auf Seite 2: Wie sich das Projekt entwickelt, warum das alles ohne die „Wiener Städtische“ nicht möglich gewesen wäre und warum das Tennis-10’s-System der ITF weltweit als große Chance zu sehen ist.

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Wie entwickelt sich dieses Projekt bisher?

Sehr gut! Vorarlberg ist letztes Jahr das erste Bundesland gewesen, welches das Konzept als Landesverband zur Gänze übernommen hat. Es gibt dort also im Kids-Tennis-Bereich nur mehr die „Colorball Challenge“. Das sind alleine im kommenden Sommer 32 Turniere, für einen Landesverband dieser Größe ist das eine ziemlich große Zahl. Allerdings muss man auch sagen, dass Evelyn Nenning vom VTV hier eine unglaubliche Leidenschaft für das Projekt „Colorball Challenge“ mitbringt und die VTV-Vereine hier toll mitziehen. Ab dem Sommer 2013 macht das auch der Burgenländische Tennisverband. Und in Oberösterreich hat eine eigene Gruppe an Tennisschulen 13 Turniere der Serie auf die Beine gestellt.

Das Ganze ist also sehr im Wachsen.

Ja. Es gab 2012 allein in Vorarlberg mehr registrierte „Colorball Challenge“-Kids als in ganz Österreich in den offiziellen Punktlisten der ÖTV-Kids-Turniere. Was ich damit sagen will, ist, dass es ein riesiges Potential an Kindern in den zahlreichen Clubs und Tennisschulen gibt, die Tennis eben nicht leistungsmäßig spielen und bislang keine entsprechende Plattform zum Spielen gehabt haben.

Und bei der Umsetzung dieses Vorhabens bist du mit der Unterstützung der Wiener Städtischen dran, oder?

Exakt. Ich kooperiere ja sehr eng mit Babolat, offizieller Kids-Tennis-Partner im VTV. Und da ist auch die Wiener Städtische nun sehr intensiv eingebunden. Alexander Antonitsch(tennisnet.com-Herausgeber und Kitzbühel-Turnierdirektor; Anmerkung)hat den Kontakt eingefädelt. Es wird diesen Sommer 25 bis 30 Turniere der „Colorball Challenge“ im Großteil von Österreich geben, für welche die Wiener Städtische der Partner ist. Für diese Turniere suche ich nun Austragungsorte. Ich hoffe, dass wir bis Ende nächster Woche die meisten Termine beisammen haben. Die schlechte Wetterlage hat einige Vereine vor sehr große Probleme gestellt.

Was erwartet die Kids bei den Turnieren – außer Spaß und spannenden Tennisspielen?

Sie kriegen etwa bei jedem der Turniere Tickets, am Ende werden Sachpreise zur Verlosung kommen, es wird zum Beispiel Stadthallen-Tickets oder sonstige Zuckerln geben. Außerdem stellt die Wiener Städtische Plakate und Urkunden für alle Turniere.

Der Wiener Städtischen gibt es da jedenfalls viel zu verdanken, oder?

Natürlich, darüber brauchen wir gar nicht reden. Es ist nicht einfach, für solche Zielgruppen Partner zu finden. Die Wiener Städtische wird aber vielleicht sehen, dass man noch sehr viel mehr in diesem Bereich mit Veranstaltungsinitiativen machen kann. Im Gegenzug hoffe ich, dass es uns gelingt, auch einen entsprechenden Werbewert zu liefern.

Kommen wir noch ein wenig zu deinen umfangreichen Tätigkeiten. Man hört, dass du als Internationaler Lehrreferent für Kinder- und Jugendtennis in der letzten Zeit im Ausland wieder sehr umtriebig warst.

Stimmt. Ich habe für Babolat zum Beispiel sieben Vorträge in Deutschland – von Frankfurt bis zum bayerischen Raum – gehalten, bei denen gesamt 260 Trainer dabei waren. Ende Juni ist auch noch ein Vortrag in Hamburg geplant. Und auch in Italien habe ich eine Präsentation Es geht dabei ums methodische tennis4kids-Development-Programm und um die „Colorball Challenge“ als wichtiges Förderinstrument für die Spielentwicklung der Kinder.

Kannst du uns ein wenig Einblick in deine Philosophie geben?

Nun, eines der großen Probleme ist ja, dass die Kinder wohl das Training besuchen, nicht aber das Spiel lernen. Das sollte eigentlich so selbstverständlich sein, wie im Fußball auch regelmäßig Matches zu spielen. Auf Tennis umgelegt heißt das: Die Kids müssen schnell in alters- und leistungsgerechte Wettbewerbe eingebunden werden. Dank der angepassten Spielfelder und Bälle können auch die Jüngsten schon bald miteinander bzw. gegeneinander spielen und so wertvolle Erfahrungen sammeln. Sie lernen damit, das Spiel zu verstehen. Ich hätte gerne einen Euro für jedes Kind, das mit dem Tennis bis zum zehnten Lebensjahr schon wieder aufgehört hat, ohne jemals die Faszination eines Tennisspiels erlebt zu haben oder verstanden zu haben, worum es eigentlich geht. Ich wäre reich!

Das Tennis-10’s-System der ITF ist also als große Chance zu sehen, oder?

Ohne jeden Zweifel. Ich sehe die Einführung dieses Konzepts weltweit als große Chance für unseren Sport.

Inwieweit hat sich dieses Konzept schon entwickelt?

Tennis 10’s ist ja Bestandteil der ITF-„Play+Stay“-Kampagne, die weltweit von etwa 200 Tennisnationen unterstützt wird. Die Grand-Slam-Nationen, die über sehr viel Geld verfügen, haben in den letzten Jahren intensiv in die Entwicklung eigener Kids-Programme investiert. In Australien gibt es das Programm „Hot Shots“, in England „Mini Tennis“, in den USA „10 and Under Tennis“. Alle Programme berücksichtigen die ITF-Tennis-10’s-Richtlinien: kleinere Spielfelder, langsamere Bälle, die weniger hoch springen und sinnvoll an die Körpergröße angepasste Schlägerlängen. Generell rückt das Spielen in den Mittelpunkt. Tennis 10’s ist der formale Leitfaden der ITF für die Austragung von Turnieren und Wettbewerben im Bereich u10. Die ITF-Rule-Change, die mit 1. Jänner 2012 in Kraft getreten ist, regelt, dass bei allen u10-Turnieren der gelbe Ball nicht mehr verwendet werden darf. Das ist erst die sechste weltweite Regeländerung von der ITF. Die fünfte war die Einführung des Tiebreaks. Daran sieht man, welche Bedeutung die ITF selbst in dieser Regeländerung sieht.

Sehr gut illustriert diese Thematik wohl dieser Werbespot des US-Verbands.

Ja. Die USTA hat diesen Werbespot als Ankündigung der ITF-Regeländerung produziert. Es gelingt ihnen wirklich eindrucksvoll darzustellen, wie wichtig es ist, die Spielbedingungen den Anforderungen der Kids anzupassen. Andere Sportarten wie Fußball, Basketball, Eishockey und viele mehr haben das längst verstanden und umgesetzt.

Das Gespräch führte Manuel Wachta.

Hier der Werbespot der USTA für das Programm „10 and Under Tennis“:

(Fotos: tennis4kids; GEPA pictures/ Matthias Hauer)

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13.05.2013, 18:20 Uhr