Die denkwürdigsten deutschen Herren-Matches – Platz 12
Boris Becker und Ivan Lendl lieferten sich im Masters-Finale 1988 ein denkwürdiges Match mit einem spektakulären Ende.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
02.12.2014, 08:45 Uhr

Vom 1. bis 24. Dezember präsentierttennisnet.comeine redaktionelle Bestenliste und kürt die zwölf denkwürdigsten deutschen Matches bei den Damen und Herren. Für die Wertung wurde nicht nur der Spielverlauf und die Dramatik, sondern auch die historische Bedeutung der Matches berücksichtigt. In unseremtennisnet.com-Adventskalenderwerden wir bis Heiligabend abwechselnd ein Türchen bei den Damen und Herren öffnen. Wir wollen euch damit die tennisfreie Weihnachtszeit etwas versüßen. Getreu dem Motto „Ladies first“ haben die Damen immer den Vorrang. Die Herren ziehen dann nach.
Die denkwürdigsten deutschen Herren-Matches: Platz 12
Boris Becker – Ivan Lendl (Tschechoslowakei) 5:7, 7:6 (5), 3:6, 6:2, 7:6 (5)
(5. Dezember 1988 in New York - Finale Masters)
Die Vorgeschichte:
1988 wurde das Saisonfinale der acht besten Spieler des Jahres zum vorletzten Mal im Madison Square Garden in New York, eine der ehrwürdigsten Sportstätten der Welt, ausgetragen. Ivan Lendl war der große Dominator beim Masters, wie das Saisonfinale bis zum Jahr 1989 hieß, und erreichte zum neunten Mal in Serie das Endspiel. Der Tschechoslowake ging als dreifacher Titelverteidiger und fünfmaliger Masters-Sieger ins Finale gegen Boris Becker. Für den Deutschen war es das dritte Finale beim Saisonfinale. 1985 und 1986 hatte er im Endspiel jeweils klar in drei Sätzen gegen Lendl verloren. Nun sollte es endlich mit seinem ersten WM-Sieg klappen – es wäre gleichzeitig der erste WM-Titel eines deutschen Spielers gewesen.
Das Match:
Die Zuschauer im ausverkauften Madison Square Garden erlebten von Beginn an ein sehr intensives, hochklassiges und völlig ausgeglichenes Finale. Lendl gewann den ersten Satz, Becker sicherte sich den zweiten Satz im Tiebreak und zeigte bereits früh seinen berüchtigten Becker-Hecht. Es ging schließlich in den fünften Satz, in dem es auch einen Tiebreak geben konnte. Und dort spielte die Netzkante eine entscheidende Rolle, zunächst zu Ungunsten von Becker. Lendl schaffte auch dank der Hilfe der Netzkante das Break zum 6:5 und brauchte nur noch ausservieren, um seinen vierten Masters-Titel in Folge zu erringen. Becker ertrug die glücklichen Punktgewinne von Lendl und seine eigenen Fehler erstaunlicherweise mit stoischer Ruhe. Was dann kam, war recht ungewöhnlich bei solch einem Spielstand. Lendl packte beim Seitenwechsel einen neuen Schläger aus der Folie aus, mit dem er sein letztes Aufschlagspiel bestreiten wollte. Bei 30:30 war Lendl schließlich nur zwei Punkte vom Triumph entfernt. Doch der Deutsche schaffte tatsächlich das Rebreak und zeigte seine berühmte Becker-Faust.
Es war nun High Noon im Madison Square Garden. Die Entscheidung über Sieg und Niederlage musste nun in der knappsten aller Entscheidungen fallen: Tiebreak im fünften Satz. Wie ausgeglichen dieses Finale war, zeigte ein Blick in die Statistik. Vor dem Tiebreak hatten beide Spieler 157 Punkte und 27 Spiele gewonnen. Beim Stand von 5:5 im Tiebreak war klar, dass es einen Matchball für einen der beiden Protagonisten geben würde. Becker schaffte das Minibreak und hatte Matchball bei eigenem Aufschlag. Es folgte der beste Ballwechsel der Partie, ein ungewöhnlich langer Ballwechsel für einen schnellen Teppichboden. Der Ballwechsel wollte kein Ende nehmen. Mal war Becker in der Defensive, mal war es Lendl, aber keine traute sich den Weg ans Netz. Schließlich schoben sich die beiden mit dem Rückhand-Slice den Ball lange zu. Mit dem 37. Schlag im Ballwechsel fiel dann die Entscheidung. Beckers Rückhand landete an der Netzkante und trudelte knapp hinters Netz auf die Seite von Lendl. Ausgerechnet die Netzkante, die Becker zuvor so viel Pech brachte, bescherte ihm nun nach 4:42 Stunden Spielzeit seinen ersten WM-Triumph.
Die Nachwirkungen:
„Am Ende habe ich den Ball nicht gesehen. Ich habe einfach nur gespielt und bin gelaufen. Spielen und laufen, ich wusste nicht mal den Spielstand“, erklärte Becker, der die Regentschaft von „Ivan, dem Schrecklichen“ im New York Madison Square Garden beendete. „Ich habe zu mir selbst gesagt: ‚Bitte, tue das nicht!’ Aber es geschah. Wenn man das nicht unglücklich nennt, dann kann man nichts unglücklich nennen. Was kann man tun? Es ist herzzerreißend, aber du kannst dagegen nichts machen. Es war ein großartiges Match. Es gab nichts mehr, was ich hätte tun können, um zu gewinnen“, erzählte Lendl über den Netzroller beim Matchball. Becker nahm das Selbstvertrauen aus dem Masters-Sieg mit und gewann zwei Wochen später mit Deutschland erstmals den Davis Cup. Während Becker noch zwei weitere Titel bei der WM erringen konnte, war es für Lendl das letzte Endspiel beim Saisonfinale.
Lest hier die ganze Geschichte zum denkwürdigen Finale beim Masters 1988 auf tennisnet.com!
(Text: cab)
