tennisnet.com Kolumne

Serena Williams’ Weg zum Grand Slam? Das Damen-Tableau im großen Check

Angelique Kerber wird in Flushing Meadows als Geheimfavoritin gehandelt – hat aber eine schwierige Auslosung erwischt.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 30.08.2015, 08:45 Uhr

Brad Gilbert, Ex-Profi, Ex-Coach und zeitloser Winning-ugly-Experte, brachte die Grübelfalten der Tennisexpertenauf den Punkt: „Die Tatsache, dass sie eine ziemlich harte Auslosung erwischt hat – ich weiß nicht, ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen ist.“ Aber vermutlich ist es auch egal, denn es liegt wie so oft eh nur an ihr. SpieltSerena Williamsdas, was sie kann, wird sie die US Open 2015 gewinnen und so den ersten „echten“ Grand Slam seitSteffi Graf1988 holen. Spielt sie irgendwo bei 70 oder 80 Prozent, und hiervon in den wichtigen Phasen eines Matches eher in der Gegend um die 80, wird sie das ebenfalls – so wie bei den Australian Open, French Open und in Wimbledon bereits gezeigt. Spielt sie beständig unter 70 Prozent, können sich Simona Halep, Maria Sharapova und Co. berechtigte Chancen ausrechnen, in New York zu triumphieren.

Der Druck für Serena ist immens. Schon seit ihrem Titelgewinn in Melbourne wabert der mögliche Grand Slam durch die Öffentlichkeit. Natürlich, weil sie seit Jahren die einzig logische Anwärterin ist, und natürlich, weil speziell in den USA nach vielen Jahren der Dürre – Serena Williams außen vor – die Hoffnung auf eine mediale Explosion der großartigen Sportart Tennis gehegt wird, die ihr Dasein so abgeschlagen irgendwo hinter den klassisch amerikanischen National-Gütern Football, Baseball, Basketball und Eishockey fristet. Um auf Brad Gilbert zurückzukommen: Serena hat eine harte Auslosung erwischt – der Druck der Öffentlichkeit ist dadurch jedoch bestimmt nicht geringer geworden.

Erstes Viertel: Serena Williams gegen „das Feld“

Viele US-Medien erwarten keine bestimmte Spielerin, die Serena ein Bein stellen sollten. Kommt die Frage auf den Tisch, wer ihr den Grand Slam vermasseln könnte, wird gerne auf „das Feld“ verwiesen, also eine Spielerin der früheren Runde, egal wer. Sollte sie das Finale erreichen, scheint sowieso ein ganzes Land Rückenwind zu geben. Also schauen wir uns „das Feld“ mal an: Williams beginnt gegen Vitalia Diatchenko (erstes Nightsession-Match in der Nacht von Montag auf Dienstag) – und die größer werdenden Namen folgen, sollte sie siegen: Mirjana Lucic-Baroni (Runde zwei),Sloane Stephens(Runde drei),Agnieszka Radwanskaoder Madison Keys (Achtelfinale),Karolina Pliskova,Belinda Bencicoder Schwester Venus (Viertelfinale): So der mögliche Weg in Woche zwei. Fakt ist: Aussetzer, wie in jedem Grand-Slam-Turnier dieses Jahres (in ihren 21 Matches verlor Serena sieben Mal den ersten Satz), kann sie sich gegen keine diese Spielerinnen erlauben.

US-Duell mit Spannungsfaktor:Zwar spricht schon jeder vom möglichen Drittrunden-Match zwischen Serena Williams und Sloane Stephens, dabei ist dies vielleicht verfrüht. Stephens muss in Runde eins gegen die zuletzt starke (und vor allem was die Fitness angeht deutlich verbesserte)Coco Vandewegheran. In Runde zwei könnte zudemBethanie Mattek-Sandslauern.

Weitere Erstrunden-Spiele, unter anderen:Madison Keys – Klara Koukalova, Belinda Bencic – Sesil Karatantcheva, Venus Williams – Monica Puig, Karolina Pliskova – Anna Tatishvili

Zweites Viertel:Maria Sharapovamit schwierigem Start gegen Daria Gavrilova

Die Siegerin von 2006 muss gleich in Runde eins präsent sein, und das, obwohl ihr Gesundheitszustand nach wie vor nicht bei 100 Prozent liegt: MitDaria Gavrilovahat Maria Sharapova in diesem Jahr bereits unangenehme Erfahrungen gemacht – dieNeu-Australierinbesiegte sie nämlich in Miami (Sharapova revanchierte sich jedoch in Rom). Gewinnt Sharapova, wartet in Runde zwei die Siegerin des Duells zwischenTatjana Mariaund der erst 17-jährigen Kroatin Ana Konjuh, in Runde drei könnte es gegen die immer gefährlicheSvetlana Kuznetsovaoder die starke Kristina Mladenovic gehen.

Heiße Duelle:Ana Ivanovictrifft im Eröffnungsmatch am Montag in Runde eins auf die lange verletzteDominika Cibulkova– ein undankbares Los. Ebenfalls hier vertreten istEugenie Bouchard, die unter der Schützenhilfe von Jimmy Connors gegen Alison Riske ran muss. Connors, „ein alter Freund“ und Helfer, aber kein Trainer, wie man liest, komme nach dem Vorbereitungstraining erst am mittleren Sonntag wieder nach New York. Ob er dann noch in der Box sitzen kann? Bouchards Weg ist tricky: Sie könnte in Runde zwei auf Zarina Diyas treffen, dann auf Ana Ivanovic; realistisch gesehen wäre ein Auftaktsieg schon ein großer Schritt nach vorn für „Genie“.

Weitere Erstrunden-Spiele, unter anderen:Svetlana Kuznetsova – Kristina Mladenovic,Anna-Lena Friedsam– Kaia Kanepi, Ekaterina Makarova – Teliana Pereira

Drittes Viertel: Harte Erstrunden-Spiele für die deutschen Damen

Die Nachwirkungen des Pfeifferschen Drüsenfiebers machten ihr zuletzt noch zu schaffen, vergangene Nacht hatPetra Kvitovamit dem Titelgewinn in New Haven dann wieder ein Ausrufezeichen gesetzt. Ob es zu viel war, in einer Woche vor einem Grand-Slam-Turnier? Kvitova beginnt gegen QualifikantinLaura Siegemund, die es zum zweiten Mal in Folge in ein Grand-Slam-Hauptfeld geschafft hat.Caroline Wozniackiist an Nummer vier gesetzt und beginnt gegen Jamie Loeb.

Deutsches Viertel:Neben Laura Siegemund sind noch vier weitere deutsche Damen hier vertreten.Andrea Petkovichat mit Caroline Garcia ein unangenehmes Auftaktlos gezogen – siegt sie, trifft sie auf Laura Robson oder Elena Vesnina.Carina Witthöftspielt gegen Wimbledon-Finalistin Garbine Muguruza,Julia Görgesgegen Anna Karolina Schmiedlova undAnnika Beckgegen Jelena Ostapenko.

Weitere Erstrunden-Spiele, unter anderen:Sara Errani – Mayo Hibi, Samantha Stosur – Timea Babos, Flavia Pennetta – Jarmila Gajdosova

Viertes Viertel:Simona Halepmit berechtigten Hoffnungen

„Ich habe nicht erwartet, die Chance zu haben, hier gut abzuschneiden. Jetzt fühle ich mich besser, habe mehr Selbstvertrauen.“ Simona Halep hat allen Grund dafür: ein kläglicher Viertelfinal-Auftritt in Melbourne (nach dem sie sich schwor, nie mehr ein Match abzugeben, ohne zu kämpfen), eine starke frühjährliche US-Hartplatz-Saison, eine schwache Sand- und Rasenplatz-Phase (auch unter dem Druck vieler zu verteidigender Punkte) und tolle Resultate zuletzt mit Finalteilnahmen in Toronto und Cincinnati – bei ihrer Berg- und Talfahrt des Jahres 2015 ist Halep wieder deutlich auf dem Weg an die Spitze, zuletzt jedoch gehandicapt von einer Beinverletzung. Hat sie diese auskuriert, ist sie eine klare Titelkandidatin. Halep startet gegen Marina Erakovic. In Runde drei könnteAlizé Cornetwarten, dannTimea Bacsinszky.

Angelique Kerber als Geheimfavoritin:Wenn nicht jetzt, wann dann? Angelique Kerbers Bilanz im Jahr 2015: vier Titel (von sechs insgesamt, nachdem sie zuvor eine Finalbilanz von drei Siegen zu neun Niederlagen hatte), und diese bei gut besetzten Premier-Turnieren. Kerber hat nach ihrer Schwächephase von den Australian Open bis Miami ziemlich abgeräumt und für einige der besten Matches des Jahres gesorgt – nur bei den French Open und in Wimbledon war in Runde drei Schluss. Der Titel in Stanford und ein starkes Match gegen Simona Halep in Toronto sollten ihr das Selbstvertrauen geben, auch bei den US Open eine gewichtige Rolle spielen zu können. Ihre Auslosung jedoch ist alles andere als einfach: Kerber beginnt gegen Alexandra Dulgheru, in Runde drei könnte es gegenVictoria Azarenkagehen, dann gegenLucie Safarova. Kommt sie hier durch, ist ihr ein Durchmarsch zuzutrauen.

Weitere Erstrunden-Spiele, unter anderen:Mona Barthel– Tsvetana Pironkova, Victoria Azarenka – Lucie Hradecka, Camila Giorgi – Johanna Larsson,Sabine Lisicki– Aliaksandra Sasnovich

(Text: fg)

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Sonntag
30.08.2015, 08:45 Uhr