ATP Cup: Die Tops und Flops der Erstauflage

Seit Sonntag ist der ATP Cup Geschichte und hat mit Serbien seinen ersten Sieger. Wir blicken noch einmal zurück auf zehn Tage voll mit Weltklassetennis, großen Emotionen und einigen Eklats.

von Michael Rothschädl
zuletzt bearbeitet: 14.01.2020, 18:55 Uhr

ATP Cup: Die Tops und Flops der Erstauflage
ATP Cup: Die Tops und Flops der Erstauflage

Top #1: (Fast) alle Topspieler am Start

Was kann man sich Schöneres vorstellen, als ein Finale der Nummer eins der Welt, Rafael Nadal, gegen seinen ersten Verfolger, Novak Djokovic? Der gesamte ATP Cup strotzte nur so vor Topstars und ganz großen Matches, denn von den Top 10 der Weltrangliste fehlten lediglich Roger Federer und Matteo Berrettini. Besonders Novak Djokovic, Rafael Nadal und die neue Nummer vier der Welt, Daniil Medvedev, präsentierten sich bereits früh in der Saison in enorm guter Verfassung. Aber auch Dominic Thiem und Stefanos Tsitsipas brachten phasenweise schon richtig starkes Tennis auf den Platz – auch wenn die Ergebnisse die hohen Erwartungen nicht ganz erfüllen konnten. Der einzige Spieler, der in dieser Runde ein wenig abfiel, war Alexander Zverev: Der Deutsche konnte kein Spiel für sich entscheiden und zeigte vor allem bei eigenem Aufschlag noch klare Defizite.

Top #2: Auch die zweite Reihe bläst zum Angriff

Alex DeMinaur, Hubert Hurkacz, David Goffin, Grigor Dimitrov, Dennis Shapovalov: Viele Spieler außerhalb der Top 10 konnten beim ATP Cup ganz groß aufspielen und machen Lust auf viele hochklassige Duelle schon in den ersten Runden der Australian Open. Besonders hervorzuheben sind hier die Siege von David Goffin über Rafael Nadal und Hubert Hurkacz über Dominic Thiem, sowie die hervorragenden Leistungen von Dennis Shapovalov, der mit Alexander Zverev und Stefanos Tsitsipas gar zwei Top 10 Spieler ausschalten konnte und sich dem überragenden Spieler des ATP Cups, Novak Djokovic, erst im Tiebreak des dritten Satzes geschlagen geben musste.

Top #3: Große Emotionen

Sport lebt von den SpielerInnen und ihren Emotionen. Diese gab es beim ATP Cup zur Genüge, denn von Vorbereitungsturnier-Atmosphäre war von Beginn an nichts zu spüren. Bereits in der Gruppenphase ging es da in einigen Matches heiß her, allen voran im Entscheidungsdoppel zwischen Serbien und Frankreich:  Novak Djokovic an der Seite von Viktor Troicki  und Edouard Roger-Vasselin mit Nicolas Mahut lieferten sich einen epischen Fight um den Gruppensieg, feierten jeden Punktgewinn und brachten den Queensland Tennis Centre in Brisbane zum Kochen. Und in dieser Tonart ging es auch in der K.O.-Phase weiter: In der besonders der denkbar knappe Doppelsieg der Australier über England für Riesenjubel bei den heimischen Fans sorgte. Wegen solchen Momenten lieben wir diesen Sport so sehr. 

Top #4: Die Boxen und die Coaches

Ein Starensemble saß während des ATP Cups auf den Trainerbänken der verschiedenen Teams. Von Thomas Muster über Marat Safin hin zu Boris Becker – die Liste an Legenden ist lang. Gepaart mit den On-Court Boxen gaben die Coaches ein bemerkenswert gutes Bild ab. Sei es Thomas Muster, der nach (fast) jedem Punkt seine Schützlinge anfeuerte, oder Marat Safin, der sich nach dem Sieg seiner Russen über Argentinien keine Blöße gab und die TV-Kamera signierte. Die wohl positivste Erinnerung vor allem der österreichischen Tennisfans datiert aber von einem Zeitpunkt, an dem das österreichische Team bereits ausgeschieden war: Nämlich als Dominic Thiem und Thomas Muster bekanntgaben, dass man die ehemalige Nummer eins der Welt künftig auch vermehrt in der Box des Lichtenwörthers zu sehen bekommen wird. 

Top #5: Am Ende steht die Fairness

Egal wie heiß der Fight, wie knapp die Niederlage, wie aufgeladen die Stimmung auf dem Platz: Am Ende gab es quer durch die Bank wertschätzende Handshakes, den Gang zur gegnerischen Bank und Hochachtung vor den Leistungen der Gewinner. Hier war das Verhalten der Akteure beste Werbung für den Tennissport.

Top #6: Awareness für die Buschbrände

Fernab der Tennis-Courts macht Australien aktuell eine sehr schwere Zeit durch. Mittlerweile verbrannte im Zuge der Buschbrände eine Fläche, die weit größer ist als die Gesamtfläche Österreichs. Deswegen ist es umso wichtiger, dass der Tennissport seine Popularität nutzt, um auch auf dieses heikle Thema aufmerksam zu machen. Mit Initiativen wie „Aces for Bushfire Relief“ wurde auch aktiv Geld für gemeinnützige Organisationen in Down Under gesammelt. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Situation so schnell wie möglich normalisieren wird. 

Es war aber nicht alles gut bei der Erstauflage des ATP Cups. Für nächstes Jahr gibt es für Veranstalter und Spieler also noch einiges an Verbesserungspotential:

Flop #1: Die Damenfrage

Immer mehr Stimmen wurden im Verlauf des ATP Cups laut, ob denn in dessen Planung auf die Damen vergessen worden sei. Bisweilen wurde Anfang der Saison immer der Hopman Cup gespielt, bei dem sowohl Frauen als auch Männer auf dem Platz standen. Nun gibt es ein neues Teamevent – diesmal aber ohne weibliche Beteiligung. Dass die Damen ihre ersten Runden des Turniers in Brisbane aufgrund des ATP Cups dann auch noch auf den außenliegenden Courts spielen mussten, minimierte die Kritik keinesfalls. Hier sollte es im nächsten Jahr eine bessere Lösung geben, ein parallel stattfindender WTA Cup – wie von Sam Stosur oder Novak Djokovic angesprochen – könnte eine solche sein.

Flop #2: Die Ausraster der jungen Garde

Wenn derart viele Emotionen im Spiel sind, wie bei Events, bei denen der Druck eines ganzen Landes auf den Schultern junger Athleten lastet, dann kann es ganz schnell passieren, dass diese Emotionen ins Negative umschlagen. So geschehen bei Alexander Zverev, der Schläger um Schläger zerstörte, Stefanos Tsitsipas, der gar seinen Vater verletzte, und Daniil Medvedev, der seinen Frust am Stuhl des Schiedsrichters ausließ. Das sind ganz unschöne Szenen, die in der öffentlichen Wahrnehmung häufig an viel zu prominenter Stelle stehen und das in den Hintergrund drängen, was eigentlich im Mittelpunkt stehen sollte: Weltklasse Tennis und die Leistungen der Athleten.

Flop #3: „Zweimal das gleiche Event in wenigen Wochen“

Denis Shapovalov fand klare Worte, was er denn von der Trennung von ATP Cup und Davis Cup hält. Erst am 24. November war er es nämlich, der im Finale des Davis Cup Rafael Nadal gegenüberstand. Nun, knapp eineinhalb Monate später, steht der nächste Teambewerb mit sehr ähnlichem System am Programm. Eine Entscheidung, die viele Spieler und Fans schwer nachvollziehen können. Dass es in dieser Causa aber zu einer Einigung zwischen ITF und ATP kommt, gilt als relativ unwahrscheinlich. Für die Spieler wäre es jedenfalls zu hoffen.

Flop #4: Fußballstadion-Atmosphäre in Sydney

Mit Daumen nach oben an die Zuschauerränge schritt Rafael Nadal nach verlorenem ersten Satz gegen Novak Djokovic in Richtung Box. Der Daumen nach oben galt ein paar Unbelehrbaren im Stadion und war alles andere als nett gemeint - zu oft kam es im ersten Satz zwischen erstem und zweitem Aufschlag des Spaniers zu unfairen Zwischenrufen. Es ist natürlich schön zu sehen, dass auch im Tennis eine Arena voll mitgeht. Wenn die Stimmung aber ins Unfaire umschlägt und die Anfeuerungen nur noch dem Zweck dienen, den Kontrahenten aus der Konzentration zu bringen, so ist eine Grenze überschritten. Aber auch Rafael Nadal sieht diese Grenzüberschreitungen als Ausnahme: „Um ehrlich zu sein, war der Support des Publikums an jedem Tag fantastisch.“ Ein paar Fans fehle es laut Nadal aber an Respekt.

Flop #5: Moldawien und die falsche Hymne

Es war der erste Tag des ATP Cups, als die Mannschaften von Moldawien und Belgien für ihr Vorrundenduell den Court in Sydney betraten. Als sich die Spieler Moldawiens bereit machten, ihre Hymne mitzusingen, war ihnen plötzlich Verwunderung ins Gesicht geschrieben. Denn es war nicht die moldawische Hymne, die in der Arena zu hören war. Die Veranstalter hatten unabsichtlich die Hymne von Rumänien abgespielt. Eine Peinlichkeit, die aber mit einer persönlichen Entschuldigung des Veranstalters schnell vergessen war und den Meisten wohl nur mit einem Lächeln in Erinnerung bleiben wird.

Es ist also einiges passiert in diesen zehn Januartagen in Australien. Am Ende hat sich das serbische Team rund um Novak Djokovic die Krone aufgesetzt und darf sich erster Sieger des ATP Cups nennen. Für die Tennisfans geht es in wenigen Tagen mit dem nächsten ganz großen Highlight weiter: Am 20. Januar starten nämlich die Australian Open. Der ATP Cup dürfte die Vorfreude darauf wohl kaum gemindert haben.

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