Australian Open: Matteo Berrettini - Mit seinem Latein am Ende?

Matteo Berrettini hat bei den Australian Open 2022 mit dem Halbfinal-Einzug ein starkes Turnier hingelegt. Selten aber wurden die Schwächen des Italieners so schonungslos offen gelegt wie in den ersten beiden Sätzen von Rafael Nadal.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 28.01.2022, 16:48 Uhr

Matteo Berrettini am Freitag in Melbourne
© Getty Images
Matteo Berrettini am Freitag in Melbourne

Wer sich noch erinnern kann: Der große Stefan Edberg erlebte Tage, an denen er keine Vorhand treffen konnte. Was aus Sicht des Schweden ärgerlich, aber nicht zwingend dafür verantwortlich war, dass Edberg ein Match verlor. Serve-and-Volley war ohnehin die erste Option, die Rückhand von bestechender Schönheit, Edberg hat es so zu sechs Erfolgen bei Grand-Slam-Turnieren geschafft. Aber natürlich: Wenn man ihn angegriffen hat, dann über die Vorhand.

Mit Matteo Berrettinis Vorhand ist dagegen nicht zu scherzen. Das Problem liegt eindeutig auf der Rückhand-Seite. Und die Art und Weise, wie Rafael Nadal diese Schwäche im ersten Halbfinale der Australian Open 2022 offengelegt hat, wird Berrettini zu denken geben. Der Slice, mit dem seine Gegner bis dahin zumindest nichts Gröberes anzufangen wussten, juckte Nadal überhaupt nicht. Auch die durchgeschwungene Version brachte den Spanier kaum ins Schwitzen. Und so hat Nadal seinen Stiefel gnadenlos durchgezogen, beginnend beim Aufschlag, der von der Vorteils-Seite wie auf Bestellung nach außen kam - und zuverlässig zum Punkt führte. Nun wirkte der Römer nicht so frisch wie Nadal, vielleicht wäre mit einer besseren Beinarbeit mehr drin gewesen. Aber der Verlauf der ersten beiden Sätze suggerierte auch: Der Römer Matteo Berrettini war schon früh mit seinem Latein am Ende.

Djokovic nie in Gefahr

Berrettini hat über die letzte Saison bei den Grand-Slam-Turnieren eine bemerkenswerte Serie hingelegt: 2021 konnte er zum Viertelfinale bei den Australian Open zwar nicht antreten, danach schaffte er es in Roland Garros und bei den US Open ebenfalls in die Runde der letzten acht, in Wimbledon sogar bis ins Finale. Um jeweils an Novak Djokovic zu scheitern. Nicht so glatt wie gegen Nadal am heutigen Freitag in Melbourne, aber in richtiger Gefahr, ein Best-of-Five-Match zu verlieren, war Djokovic gegen Berrettini noch nie.

Nun werden, vielleicht schon bald, Zeiten kommen, in denen sich Matteo Berrettini weder mit Nadal oder Djokovic in den späten Phasen eines Majors messen muss. Sondern mit Spielern wie Daniil Medvedev, Alexander Zverev oder Stefanos Tsitsipas. Die immerhin weder Linkshänder sind wie Nadal (was in Sachen Return schon mal hilft), noch mit dem großen Arsenal an Waffen ausgestattet sind wie der Branchenprimus aus Serbien.

Schlechte Bilanzen gegen Zverev, Medvedev, Tsitsipas

Aber: Die drei Genannten haben nicht so ein klaffendes Loch in ihrem Spiel wie Berrettini auf seiner Rückhand-Seite. Zverevs Vorhand wird zwar manchmal als Schwäche angesehen, Medvedev ist kein Mann, für den das Netzspiel natürlich kommt - und Tsitsipas neigt dazu, schon gewonnene Matches noch einmal spannend zu machen. Und zu verlieren. Die Bilanzen gegen die drei sehen für Berrettini aktuell aber nicht gerade blendend aus: gegen Tsitsipas hat er beide bisherigen Matches verloren, gegen Medvedev alle drei, gegen Zverev steht es 1:4. Und da wären ja auch noch die aufstrebenden jungen Fachkräfte wie Carlos Alcaraz, gegen den Berrettini im Achtelfinale seinen Kopf gerade noch einmal aus der Schlinge gezogen hat.

Kann Matteo Berrettini dennoch ein oder mehrere Majors gewinnen? Natürlich. Denn der Aufschlag ist einer der besten der Welt, das hilft vor allem in Wimbledon. Die Vorhand kann gnadenlos sein (wenn die Beinarbeit mitmacht), das hilft überall. Und der Römer kann am Ende auch auf die Phase Ende des dritten und Anfang des vierten Satzes schauen: Da wurde auch die Rückhand plötzlich zum Punktschlag. Ein Phänomen, das man weiland auch bei Stefan Edbergs Vorhand bewundern konnte.

Hier das Einzel-Tableau bei den Australian Open

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