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Die ewige Achterbahnfahrt der Angelique-Kerber-Gastspiele in Wimbledon

2018 der Titelgewinn, ein Jahr später das Aus in Runde zwei: Die Niederlage gegen Lauren Davis am Donnerstag spiegelt die verkorkste Saison von Angelique Kerber wider. 

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 05.07.2019, 16:11 Uhr

Hoffen auf Wimbledon 2020: Angelique Kerber
© Jürgen Hasenkopf
Hoffen auf Wimbledon 2020: Angelique Kerber

Von Jörg Allmeroth aus London

Auf der Terrasse des Spielerzentrums war im letzten Jahr noch der Champagner geflossen, am größten Tag von Angelique Kerbers Karriere, dem Tag ihres strahlenden Wimbledon-Triumphs. 356 Tage später, am 4. Juli 2019, einem schwarzen Donnerstag, saßen Manager Aljoscha Thron, Physiotherapeut Andre Kreidler und Mutter Beata Kerber an gleicher Stelle geknickt am Tisch zusammen, es gab nichts zu feiern, es gab wenig zu sagen. Man trank Mineralwasser. Wehmut lag irgendwie in der Luft, die Erinnerung an die schönen, traumhaften Erlebnisse des letzten Jahres. 

Angelique Kerber, die Chefin des Tennis-Unternehmens, fehlte in der Runde. Sie wollte den gallenbitteren Knockout, das ebenso sensationelle wie unbegreifliche 6:2, 2:6, 1:6-Zweitrunden-Scheitern gegen die Amerikanerin Lauren Davis, erst mal „mit sich selbst“ ausmachen, ganz allein in der geschützten Sphäre des persönlichen Umkleideraums. „Ich muss jetzt irgendwie wieder nach vorne schauen“, sagte Kerber später, als sie zur Pressekonferenz in den Katakomben des All England Club erschien. Aber der Blick der entthronten Titelverteidigerin sprach Bände, ein leerer Blick, ein deprimierter Blick, ein konsternierter Blick. Ein Blick, der auch die Frage ausdrückte: Was war eigentlich da draußen auf Platz 2 passiert, in einem Match, das eigentlich nur eine Formsache schien auf dem Weg in die zweite Turnierwoche, auf dem Weg zu einem möglichen Wiedersehen mit Serena Williams.

Mehr Last als Lust für Kerber

Auf der ewigen Achterbahnfahrt ihrer Wimbledon-Gastspiele war sie jedenfalls wieder einmal in Bodennähe angekommen, die rätselhafte Angelique Kerber. 2012 Halbfinale, 2013 zweite Runde, 2014 Viertelfinale, 2015 dritte Runde, 2016 Finale, 2017 Achtelfinale, 2018 Sieg, 2019 zweite Runde – es scheint, als könne Kerber nur zum ganz großen Schlag ausholen, wenn sie ohne große oder gar grandiose Vorleistung in die Ausscheidungsspiele auf dem Tennis-Grün zieht. Auch wenn Kerber gern und oft betont hatte, wie sehr sie sich auf die Rückkehr ins grüne Rasenreich an der Church Road freue – die Realität war eine andere, der Start als Vorjahresgewinnerin mehr Last als Lust.

Schon in der Auftaktrunde, gegen Landsfrau Tatjana Maria, hatte die Kielerin von „unfassbarer Nervosität“ gesprochen. Gegen Davis, die krasse Außenseiterin mit Bandagen rund um den Körper, war die Befangenheit und Verkrampfung eher noch schlimmer: „Ich hatte nie ein gutes Gefühl, auch nicht nach dem gewonnenen ersten Satz“, gab Kerber zu, „es fehlte einfach die Power.“ Wo Kerber sonst um jeden Ball rennt und kämpft, sich in Matches hineinbeißt, Gegnerinnen mit ihrer Niemals-Aufgeben-Attitüde einschüchtert, war an diesem Tag: Nichts. „Ich hatte irgendwie die Hoffnung, dass sie es noch drehen kann“, gab DTB-Damenchefin Barbara Rittner zu Protokoll, „aber da war zu wenig positive Energie. Schade, sie war in guter Rasenform eigentlich.“ 

Konzentration auf die US Open

Für Kerbers gewachsene Ansprüche blieb die Saison 2019 weiter eine mittelschwere Enttäuschung. Bei keinem der Grand Slams kam sie in die zugespitzte Schlussphase, in der die Besten den Titel unter sich ausmachen. Achtelfinale Melbourne, erste Runde Paris, zweite Runde Wimbledon – kein Wunder, dass sich die soeben abservierte Rasenkönigin nun außerhalb der Top Ten wiederfinden wird, bestenfalls auf Platz 12 nach diesen Offenen Englischen Meisterschaften des Jahres 2019. Die zuletzt fast selbstverständliche Teilnahme am großen Abschlussturnier des Frauentennis, an den WTA Finals, ist in weite Ferne gerückt. Nur ein besonderer Coup bei den US Open könnte die Dinge noch drehen und wenden, das New Yorker Mayor bleibt nun auch das nächste, womöglich letzte große Ziel: „Darauf werde ich mich jetzt ganz konzentrieren“, sagte Kerber. Alles fange bei ihr an, hatte Kerber im letzten Spätherbst gesagt, als sie Rainer Schüttler  als Coach verpflichtete und das Binnenverhältnis erklärte. Nun hörte bei ihr selbst auch alles in dieser Serie auf, auch jegliche Hoffnung in Wimbledon.

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Kerbers grimmiger Ausrutscher beendete auch eine unheilige Trilogie des Scheiterns für die großen deutschen Hoffnungsträger in Wimbledon. Zunächst hatte sich am Montag ATP-Weltmeister Alexander Zverev in seiner ersten großen Karrierekrise auch früh aus dem Tennistempel verabschieden müssen, dann landeten am Mittwoch die stolzen Doppelchampions von Paris, Kevin Krawietz und Andreas Mies, unsanft als Auftaktverlierer auf dem Tennis-Grün. Und nun auch noch Kerber raus, nach einem rabenschwarzen, verstörenden Gastspiel, dem sie selbst diesen dringenden Wunsch folgen ließ: „Jetzt will ich erst mal abtauchen. Dahin, wo mich hoffentlich niemand findet.“

Ein Trost, immerhin, blieb Kerber. Ein Trost, der mit etwas Abstand wieder mehr wirken wird. Als sie am Donnerstagabend den All England Club verließ, konnte sie noch einmal auf die Siegergalerie der „Ladies Championships“ schauen. „2018 Angelique Kerber“, stand da zu lesen. Der Sieg bleibt für immer, der Namenszug auch.

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von Jörg Allmeroth

Freitag
05.07.2019, 15:55 Uhr
zuletzt bearbeitet: 05.07.2019, 16:11 Uhr