ITF: Tür an Tür mit Moritz Thiem in Belek

Wer eine Karriere im Profi-Tennissport anstrebt, der muss sich über die ITF-Tour nach oben kämpfen. Die 17-jährige Anja Wildgruber aus München hat dabei in der Türkei einen guten Start hingelegt.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 16.10.2019, 10:01 Uhr

Anja Wildgruber hat in der Türkei erste Profi-Erfahrungen gesammelt
© privat/Wildgruber
Anja Wildgruber hat in der Türkei erste Profi-Erfahrungen gesammelt

Moritz Thiem als Veteranen des Tennissports zu bezeichnen, wäre eine so verwegene wie in gewisser Hinsicht aber auch wiederum richtige Einschätzung: Erfahrungen mit ITF-Turnieren in der Türkei hat der jüngere Bruder von Dominic mittlerweile zuhauf gesammelt, zuletzt Ende September in Antalya. Anja Wildgruber hingegen, 17 Jahre alt, hat zur selben Zeit ihr Debüt in der untersten Etage der professionellen Tennis-Events gegeben. Und eher zufällig entdeckt, wer denn da neben ihr im Hotel RIU Kaya Belek zwei Turnier-Wochen lang einquartiert war: eben jener Moritz Thiem.

Der sich allerdings nicht so erfolgreich geschlagen hat wie die Münchnerin - Wildgruber kämpfte sich drei Mal durch die Qualifikation, erreichte bei ihrem letzten 15.000er gar das Finale. Nach einem Match in der Vorschlussrunde, das an Mutter Peggys Nervenkostüm nachhaltig gezehrt hatte: 11:9 im Tiebreak des dritten Satzes gegen die Polin Martyna Kubka, da blieb für das Endspiel gegen die Usbekin Sabina Sharypova am kommenden Tag nicht mehr viel Treibstoff im Tank. Bei Mutter und Tochter Wildgruber.

Training beim MTTC Iphitos

70 Punkte für die ITF-Weltrangliste sind es schließlich geworden in den drei Wochen Türkei, ein zählbares Resultat noch, dann wird Anja Wildgruber erstmals in den WTA-Rankings aufscheinen. In den ITF-Charts wird sie bereits als Nummer 369 geführt. Mit in diesem Frühjahr erfolgreich bestandenem Abitur übrigens, in der Szene der ambitionierten Tennis-Nachwuchskräfte wohl ein Alleinstellungsmerkmal. Zumal an einem „regulärem“ Gymnasium erworben, das für Leistungssportler keine Sonderregelungen zu bieten hatte.

Beschauliche Bedingungen - und die Frauen auf Hartplatz
© privat/Wildgruber
Beschauliche Bedingungen - und die Frauen auf Hartplatz

Auch aus finanzieller Sicht konnten sich die Wildgrubers nicht beschweren: 60 Euro pro Kopf und Nacht bei Vollpension, da hat auch Vater Klaus die erste Hälfte der Reise gerne mitgenommen. Dafür wurde der geplante Besuch der US Open als Zuschauer bis auf weiteres ersatzlos gestrichen, der aktive Sport hatte Vorrang. Die Turnierleitung in Belek quartiert sich traditionell ebenfalls im Spielerhotel ein, die Wege sind kurz. Die Matches der Frauen wurden zudem immer vormittags angesetzt, bei über 30 Grad Celsius zwar, aber dennoch unter zumeist noch angenehmen Bedingungen.

Während der Schulzeit allerdings wäre ein Turniertrip wie jener in die Türkei nicht denkbar gewesen. Weshalb Wildgruber als Juniorin auch wenige Events außerhalb eines gerade noch mit dem Auto zumutbaren Radiusses absolviert hat. In München trainiert die Teenagerin beim MTTC Iphitos, meistens mit männlichen Widerparts, unter der Leitung von Pete Kristen und Uli Sprenglewski. Groß geworden ist Wildgruber beim Münchner SC, der dortige Chefcoach Oliver Krumnikl verfolgt den Werdegang seines ehemaligen Schützlings ganz genau.

Nächstes Turnier in Ortisei

Ein paar Spuren hat die Türkei dann aber doch hinterlassen: Nach drei Turnieren auf Hartplatz - die Herren spielen in Antalya dagegen auf Asche - hat Anjas Oberschenkel ein wenig gezwickt. Der damit betraute Physiotherapeut in München wurde natürlich aus der eigenen Tasche der Wildgrubers bezahlt. Kontakt zum Deutschen Tennisbund gibt es so gut wie keinen. Wildgruber wurde lediglich zweimal zu Lehrgängen nach Stuttgart eingeladen, das allerdings liegt Jahre zurück.

Während also andere 17-Jährige sich derzeit um den Abschluss ihrer Schulkarriere kümmern, bastelt Anja Wildgruber an ihrer Karriere als Tennisspielerin. Nächster Stopp dabei: Das ITF-Turnier in Ortisei Ende Oktober. All inclusive wird dort allerdings nicht geboten. Und Moritz Thiem ist auch nicht zu erwarten.

von Jens Huiber

Mittwoch
16.10.2019, 09:55 Uhr
zuletzt bearbeitet: 16.10.2019, 10:01 Uhr