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"Noch keine Gedanken gemacht"

Der 33-jährige Tennisprofi will in aller Ruhe entscheiden, wann er im Einzel auf die Tour zurückkehrt.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 19.10.2010, 14:40 Uhr

Von Matthias A. Schmid

Nicolas Kiefer hat seit Wimbledon kein Turnier mehr im Einzel gespielt. Der Grund: der 33-Jährige ist Vater einer Tochter geworden. Doch in der vergangenen Woche ist er dann überraschend beim Future-Turnier in Isernhagen auf den Platz zurückkehrt und hat an der Seite seines Trainingspartners Stefan Seifert auf Anhieb den Titel im Doppel gewonnen. Im Interview mit tennisnet.com spricht Kiefer über seine Rückkehr auf die Tour, seine Vaterfreuden und darüber, dass ihn die Weltrangliste schon lange nicht mehr interessiert.

Herr Kiefer, können Sie nachts eigentlich durchschlafen?

Nein, ich wache jede Nacht wegen meiner Tochter auf. Das ist für mich natürlich ein völlig neuer Rhythmus und sehr ungewohnt. Aber ich sehe das sehr positiv, ich sehe das als etwas sehr, sehr Schönes an. Man nimmt das Aufstehen als Vater gerne in Kauf. Erst recht, wenn die Kleine einen dann mit großen Augen anlächelt und einem dadurch so viel gibt.

Wie lange haben Sie nach der Geburt Ihres Kindes Mabelle Emilienne Mitte August mit dem Training pausiert?

Ich habe parallel an meiner Fitness gearbeitet und immer auf meinen Körper gut geachtet. Aber so richtig intensiv auf dem Tennisplatz stehe ich wieder seit drei, vier Wochen. Ich habe die Auszeit bewusst genommen, weil ich hautnah erleben will, wie meine Tochter aufwächst, das ist eine ganz spezielle und intensive Zeit für mich.

Sie haben in der vergangenen Woche überraschend beim Future-Turnier in Isernhagen im Doppel an der Seite von Stefan Seifert gespielt. Wie kam es dazu?

Ich habe in den vergangenen Jahren sehr viel mit ihm trainiert, wenn ich einen Linkshänder als Sparringspartner benötigte. Das hat einfach gepasst. Und da das Turnier praktisch vor der Haustür stattfindet, haben wir uns dazu entschlossen zu spielen. Er ist ein sehr angenehmer Trainingspartner, weil er einem einen guten Rhythmus gibt. Ich wollte ihm mit unserem Doppelauftritt auch Dankeschön sagen für die vielen Trainingseinheiten. Und jetzt haben wir sogar einen gemeinsamen Titel. Das ist doch wunderbar und hat viel Spaß gemacht.

Wann werden Sie denn im Einzel auf die Tour zurückkommen?

Darüber habe ich mir ehrlich gesagt noch keine Gedanken gemacht. Das werde ich in den nächsten Tagen und Wochen in Ruhe entscheiden. Für mich war mal wichtig, wie sich nach der langen Pause mein Körper im Wettkampf anfühlt.

Und wie hat er sich angefühlt?

Gut, ich hatte mich gleich wieder sehr wohl auf dem Platz gefühlt, es war wie früher. Es war wichtig für mich zu sehen, dass ich nach wie vor mit den Jungen mithalten kann.

Aber?

Ich möchte weiter dabei sein, wie meine Tochter aufwächst. Ich will da nichts verpassen. Es gibt nämlich nichts Schöneres für einen Vater mitanzusehen, wie die Kleine die Welt entdeckt, viele Sachen ausprobiert, strahlt, lernt zu greifen. Das sind einmalige Erfahrungen im Leben. Das alles muss ich abwägen und bei der Rückkehr auf die Tour miteinbeziehen.

Das klingt nicht so, als wollten Sie Ihre Karriere mit letzter Konsequenz fortsetzen?

Doch, doch, sonst wäre ich jetzt nicht auf den Platz gegangen, hätte ein Turnier gespielt und getestet, wie meine körperliche Verfassung nach der langen Pause ist. Nur der Zeitpunkt meiner Rückkehr steht noch nicht fest. Das möchte ich einfach in Ruhe auf mich zukommen lassen.

Sie nehmen in der Weltrangliste nach Ihrer Pause im Moment eine Platzierung jenseits der 500 ein. Hoffen Sie auf die eine oder andere Wildcard bei den großen Turnieren oder wollen Sie sich wie ein Jungprofi wieder über die Future- und Challenger-Turniere nach oben spielen?

Die Weltrangliste interessiert mich nicht mehr. Bei mir steht nun eindeutig der Spaß im Vordergrund und die Tatsache, dass ich viel Zeit mit meiner Tochter verbringen kann.

Sie schwärmen geradezu von Ihrem neuen Leben als Vater. Was hat sich denn außer den kurzen Nächten noch so alles verändert?

Es hat sich so viel Positives entwickelt, dass ich es gar nicht alles aufzählen kann. Aber ein schöner Nebeneffekt ist, dass ich sehr viel an der frischen Luft bin, wenn ich den Kinderwagen durch die Gegend schiebe. Das tut uns beiden gut. Wenn wir dann nach Hause kommen, sind wir so müde, dass wir uns hinlegen und sofort einschlafen.

(Foto: J. Hasenkopf)

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Dienstag
19.10.2010, 14:40 Uhr