Medienberichte: Weitere Ungereimtheiten bei Novak Djokovics Testzertifikat aufgetaucht
Seit der Veröffentlichung der Gerichtsunterlagen von Novak Djokovics Anhörung in Australien - und damit auch seines positiven Testzertifikats vom 16. Dezember - tauchen immer mehr Ungereimtheiten auf. Wie Der Spiegel berichtete, könnte dieses Zertifikat vielmehr auf einen positiven Test vom 26. Dezember hindeuten.
von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet:
11.01.2022, 21:46 Uhr

Derzeit gibt es im Profitennis wohl vorrangig drei parallele Handlungsstränge. Der eine - normale, wenn man so will - ist jener der letzten Vorbereitungsturniere auf die Australian Open, die in und um Melbourne in diesen Tagen ausgetragen werden - sich vor allem bei den Herren aber keinem nennenswerten Zulauf der Topspieler erfreuen. Dann wäre das Handlungsstrang, der sich aktuell in den sozialen Medien und Nachrichtenhäusern dieser Welt abspielt - dort nämlich, wo seit einigen Tagen ein Thema die Agenda bestimmt: die Ausnahmeregelung von Novak Djokovic und die durchaus skurrilen Umstände rund um die Einreise des Weltranglistenersten nach Australien sowie den Umgereimtheiten rund um das COVID-Zertifikat des Serben.
Und dann wäre da noch der dritte Handlungsstrang, nämlich der von Djokovic selbst, der dieses Thema nach seinem stattgegebenen Einspruch gegen den Entzug seines Visums bereits - zumindest nach außen - hinter sich gelassen zu haben scheint. Bereits am gestrigen Montag am Gelände des ersten Major-Events des Jahres angekommen hat der Branchenprimus seine Vorbereitung für die Jagd nach Grand-Slam-Titel Nummer 21 schon voll aufgenommen. Wenngleich es dafür angesichts der derzeitigen Umstände einer völligen Sperre der Rod Laver Arena bedurfte. Lediglich ein Video der Organisatoren selbst lieferte Bestätigung für die zweite Einheit des neunfachen Australian-Champions.
Von Unix-Timestamps und 1,6 Milliarden Sekunden
Zu all den Ungereimtheiten in Zusammenhang mit seinem positiven COVID-Testzertifikat vom 16. Dezember, auf dessen Basis Djokovic überhaupt erst die Ausnahmeregelung erhalten hatte, äußerte sich der Serbe bislang noch nicht. Und damit auch nicht zu jenen Recherchen, die Der Spiegel am Dienstag veröffentlichte: Diese widmeten sich nämlich ebenso dem Testzertifikat, genauer gesagt dem darauf ersichtlichen QR-Code. Scannt man diesen, erreicht man eine Website mit Namen des Getesteten, dem Testergebnis und einer Prüfnummer.
So weit, so unspektakulär. Weit mehr offenbart hingegen der Blick auf die URL dieser Website mit dem Testzertifikat. Diese enthält nämlich einen sogenannten Unix-Timestamp. Dabei handelt es sich um einen Standard, mit dem in URLs Zeitpunkte abgebildet werden können, indem - ausgehend vom 01.01.1970 um Mitternacht - die Sekunden hochgezählt werden. Der Zeitpunkt in der betreffenden URL ist damit rund 1,6 Milliarden Sekunden seit Beginn der "Unix-Zeitrechnung". Was umgerechnet also exakt den 26. Dezember 2021 um 13:21 Uhr und 20 Sekunden (CET) ergibt. Beim negativen Testergebnis am 22. Dezember hingegen stimmen Unix-Timestamp und Datum auf dem Zertifikat überein.
Unklar ist derzeit hingegen, ob dieser Unix-Timestamp auch wirklich den Zeitpunkt des Testergebnisses repräsentiert. Am Dienstagabend wurde Kritik an der Recherche laut, wonach der Timestamp vielmehr den Zeitpunkt des PDF-Downloads des Zertifikats widerspiegle. Diese Lesart wurde am späten Dienstagabend (CET) auch vom Twitter-Account "zerforschung", die zusammen mit dem Spiegel an den Recherchen arbeiteten, als plausibel bezeichnet.
Kein Statement von Djokovic
Darüber hinaus weist aber auch die eingangs erwähnte Prüfziffer Unregelmäßigkeiten auf, wie Der Spiegel berichtete. Auf Basis von weiteren öffentlichen Testzertifikaten ist davon auszugehen, dass der erste Teil des Codes eine aufsteigende Test-ID repräsentiert, die zudem ungefähr den zu diesem Zeitpunkt für Serbien gemeldeten PCR-Testungen entspricht. Das Kuriosum: Der erste Test von Novak Djokovic, vom 16.12.2021, weist eine höhere ID (7371999) auf als beim zweiten Test vom 22.12. (7320919) - der angeblich später stattgefunden haben soll.
Zudem widersprechen die gemeldeten Zahlen der PCR-Tests in Serbien der Zeitschiene, wie sie von den COVID-Tests von Novak Djokovic suggeriert wird. So wurden in Serbien zwischen 16. und 22. Dezember 75.000 Testungen durchgeführt, die Test-IDs weisen jedoch lediglich einen Unterschied von 50.000 auf. Anders zwischen 22.12. und 26.12., wo in Serbien 51.081 offizielle Tests durchgeführt worden. Also genau so viele, als dass die Test-IDs zusammen passen würden, wäre der vermeintlich erste Test nicht am 16., sondern am 26. Dezember durchgeführt worden.
Aktuell hat sich Novak Djokovic nicht über seine Ausnahmeregelung beziehungsweise seine PCR-Tests im Vorfeld seiner Reise nach Australien geäußert. Sämtliche Vorwürfe lassen sich zurzeit weder bestätigen, noch widerlegen. Wenngleich sich der Serbe bereits am Gelände der Australian Open befindet, steht ein Antreten der Nummer eins der Welt weiterhin in der Schwebe. Der Einwandungsminister hat qua Amt das Recht, dem 34-Jährigen sein Visum zu entziehen - und ihn somit abzuschieben.
Hier geht´s zum Bericht vom Spiegel!