Power, Glamour und der Urschrei - was wir an Serena vermissen werden
Serena Williams hat am Freitagabend New Yorker Zeit aller Wahrscheinlichkeit nach ihr letztes professionelles Tennismatch bestritten. Mit ihrem Rückzug verliert der Tennissport eine der Größten aller Zeiten, Inklusive vieler Nebengeräusche.
von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet:
03.09.2022, 18:09 Uhr

Serena Williams hat bei ihrem wohl letzten Turnier noch einmal für Zuschauerrekorde gesorgt: Die Zahlen vom Montag waren die höchsten der Geschichte der US Open, wurden dann am Mittwoch übertroffen, nur um am Freitag gleich noch ein Allzeithoch zu setzen. Warum das so ist? Vielleicht weil uns in Zukunft diese Facetten fehlen werden, die Serena über die Jahre mitgebracht hat …
- Der Glamour: Die Prominenten haben sich bei den drei Auftritten von Serena in New York die Klinke in die Hand gegeben. Tiger Woods, Anna Wintour, Spike Lee, Lindsey Vonn, Queen Latifah, am Freitag dann auch noch Russell Wilson, mittlerweile Quarterback in Denver, und viele mehr haben der Tennis-Queen noch einmal die Ehre erwiesen. Und wir wollen nicht vergessen, dass in Wimbledon auch schon mal Beyoncé und Ehemann Jay-Z in Serenas Box vorbeigeschaut haben. In dieser Dichte hat niemand die Prominenten angezogen, auch nicht Roger Federer.
- Die Mode: Weil sie es tragen kann. Über die Jahre hat Serena immer wieder modische Akzente gesetzt, nicht nur in New York City. Erinnert sei an das Outfit ihres früheren Ausrüsters, das an das Nationaltrikot von Ghana angelehnt war. Das trug Serena in Roland Garros mit ebenso großem Stolz wie den herrlichen Catsuit.

- Die Rekordjagd: 24 Grand-Slam-Titel im Einzel hätten es werden sollen, am Ende ist Serena bei 23 stecken geblieben. In der Jahren 2018 und 2019 gab es noch einmal vier Chancen, jeweils zwei in Wimbledon und bei den US Open. Diese Jagd auf Margaret Court hat die Turnierwochen bestimmt, am Status von Serena ändert das Verpassen des großen Ziels aber rein gar nichts.
- Die Seitenwechsel: Wait, what? Ja, genau: Serena hat nach den jeweils ersten Spielen eines Satzes nie den Weg zur Spielerbank gesucht, sondern ist gleich direkt auf die andere Seite gepilgert. Meist auf der gegenüberliegenden Seite des Schiedsrichterstuhls. Eine schöne (und auch regelkonforme) Angewohnheit, die etwa Alexander Zverev auch aufgegriffen hat.
- Der Urschrei: Ja, genau den. Denn er kam von Herzen, von ganz tief drinnen. In den Momenten, in denen Serena ihre Freude oder ihren Frust in die Welt gebrüllt hat, schien sie komplett bei sich zu sein. Da war nichts aufgesetzt oder gekünstelt. Das musste einfach raus.
- Die Power: Serena hat das Spiel revolutioniert, in allen Facetten und auch ganz besonders mit dem durchgeschwungenen Volley. Der ist mittlerweile im Repertoire fast aller Spitzenspielerinnen zu finden. Aber wenn man gesehen hat, wie Serena bei ihrem Abschiedsturnier mit herzlich wenig Vorbereitung die Bälle aus der Rückhandecke über das Netz gepowert hat - das war immer noch aller Ehren wert.
- Den Sister Act: Nun, gut - so richtig vermissen werden wir diese Partien nicht. Weil ja jedes große Tennismatch davon lebt, dass die beiden Kontrahentinnen während eines Matches bis an die Grenze des Erlaubten gehen, um den Sieg zu holen. Diesen Eindruck hatte man bei den Begegnungen mit Schwester Venus eher selten. Ganz im Gegensatz zu jenen Matches, bei denen Maria Sharapova auf der anderen Seite des Netzes gestanden ist.