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"Beträge stehen in keinem Verhältnis zu den Leistungen"

tennisnet.com im Gespräch mit Wolfgang Thiem und Günter Bresnik.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 09.05.2011, 16:35 Uhr

Während die Erfolge der Südstadt-Spieler in den letzten Jahren überschaubar blieben, etablierte sich Bresnik-Schützling Dominic Thiem (ITF 3) in der Weltspitze der Jugendtour. Und das ohne finanzielle Unterstützung des österreichischen Tennisverbandes. 45.000-50.000 Euro soll pro Jahr in einen beim ÖTV trainierenden Spieler investiert werden. Über das externe Förderungsprogramm geht es bei weit erfolgreicheren Spielern nur um einen Bruchteil dieses Betrags.

Im tennisnet.com-Interview sprechen Dominics Vater Wolfgang, selbst Landesverbandstrainer, und Günter Bresnik über die Finanzpolitik des ÖTV und erklären, warum die Spieler des Bundesleistungszentrums eigentlich recht arm dran sind.

Herr Thiem, die Südstadt-Spieler können leistungsmäßig mit ihrem Sohn kaum mithalten, finanziell werden aber deren Karriere vom ÖTV weit mehr unterstützt. Was sagen Sie dazu?

Wolfgang Thiem: Sie treffen es auf den Punkt. Das ist genau das, was mich stört. Es ist unglaublich, wie das Geld verblasen wird. Bei vielen anderen Talenten fehlt es dann hinten und vorne.

Die Erfolge der Schaller-Schützlinge sind schnell aufgezählt.

Thiem: Sehr schnell, weil es so gut wie keine gibt. Man muss sich nur anschauen, wie sich seine Spieler in den letzten Jahren entwickelt haben. Da ist genau nichts rausgekommen.

Trotzdem werden sie finanziell großzügig unterstützt...

Thiem: Richtig. Und das ohne Leistung erbracht zu haben. Wir dagegen müssen um jeden Euro diskutieren. Würde ich denselben Betrag für Dominic bekommen, könnte ich ihn optimal unterstützen.

Herr Bresnik, warum ist der Verband beim größten Talent des Landes knausrig?

Günter Bresnik: Das Hauptproblem ist, dass die Hauptentscheidungsträger sich im Tennis nicht auskennen. In der Sportkommission sitzen Leute, die von diesem Sport überhaupt keine Ahnung haben.

Das ist subjektiv. Rankings sind aber objektiv.

Bresnik: Man sollte annehmen, dass Rankings zählen. Aber neben Dominics Ranking ist noch eines ganz wichtig: Er lebt 100 Prozent für's Tennis. Man muss es positiv werten, dass ein Mensch die Schule abbricht, sich nicht absichert oder zweigleisig fährt. Das sind Charaktereigenschaften für eine erfolgreiche Sportlerkarriere. Und um das zu merken, braucht man sich im Tennis nicht mal auskennen.

Das System der externen Förderung scheint also Unschärfen zu haben. Wo liegt der Fehler im System?

Bresnik: Als erstes muss man sagen, dass es falsch ist, Leistungen am Alter zu messen. Es geht darum wie weit der Körper des jeweiligen Spielers ist. Es gibt 16-Jährige, die mit Vollbart daherkommen, andere schauen noch aus wie ein zwölfjähriges Mädchen. Finanziell gesehen stehen die Beträge natürlich in keinem Verhältnis zu den Leistungen.

Wer sollte ihrer Meinung nach entscheiden, wer, inwiefern gefördert werden soll?

Bresnik: Jemand, der ein Gespür für die Sache hat. Und wenn jemand wie der „Schilli“ (Schaller Anm.) für die sportlichen Belangen in einem Verband verantwortlich ist und zugibt, die falschen Leute ausgesucht zu haben, gehört derjenige einfach ausgetauscht. Das ist in jeder Firma so.

Sind die Förderungskriterien falsch? Schließlich würden sie Neuchrist, Weissborn, Ahne, Eibl und Sebastian Ofner, wenn sie privat trainieren würden, also fast der gesamte ÖTV-Kader, nicht erfüllen.

Bresnik: Dass es diese Förderung gibt, ist eine super Sache. Trotzdem sieht man auch hier, dass das System nicht funktioniert.

Inwiefern?

Bresnik: Einen Sebastian Ofner zum Beispiel würde auch ich auf jeden Fall fördern. Der ist aber körperlich ganz weit hinten nach. Mit diesen Voraussetzungen sind die Kriterien  natürlich sehr schwer zu erfüllen.

Herr Thiem, wird für Sie ein ÖTV-Kaderspieler zu unrecht unterstützt?

Thiem: Nein, die Höhe dieser Unterstützung im Vergleich zu anderen ist das, worum es geht. Schwächere Spieler könnten damit einfach besser betreut werden. Aber prinzipiell spielen alle, die beim ÖTV trainieren, gutes Tennis.

Warum können die Spieler von Schaller und Co. dann keine Erfolge verbuchen?

Thiem: Die Trainer sind das Problem – und allen voran Schaller. Ihm fehlt die Kompetenz für diesen Altersbereich. Er ist vielleicht ein guter Trainer für einen ATP-Spieler, aber von der technischen Entwicklung von Jugendlichen hat er keine Ahnung. Da tut mir als Tennis-Freak und Spieler-Vater das Herz weh. Es tut mir für die Spieler leid, weil sie großteils schlecht betreut werden.(Foto: tennisnet.com, GEPA pictures)

Das Interview führte Christoph Wagner.

von tennisnet.com

Montag
09.05.2011, 16:35 Uhr