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Zverev und Kerber bei den Australian Open: Mit Herz und Selbstvertrauen

Es war ein Tag, an dem viele das große Stolpern und Straucheln befürchtet hatten. Das frühe, bittere Ende bei den Australian Open für Angelique Kerber und für Alexander Zverev. Doch kurz vor Mitternacht, fast im Gleichschritt, spielten sich die beiden Frontfiguren der deutschen Tennis-Karawane ziemlich souverän in die zweite Grand Slam-Runde in Melbourne vor – binnen 60 Sekunden.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 21.01.2020, 16:21 Uhr

Alexander Zverev
© Getty Images
Alexander Zverev

„Es ist immer ein Zitterspiel, eine Riesenbelastung für die Nerven. Denn du weißt nicht, wo du stehst“, sagte Kerber, die Australian Open-Siegerin 2016, erleichtert nach ihrem 6:2, 6:2-Sieg gegen die italienische Qualifikantin Elisabetha Cocciaretto auf dem Centre Court.

Kurz zuvor hatte Zverev sein überhaupt erstes Erfolgserlebnis in dieser kritischen Saison sichergestellt, auch er in einer deutsch-italienischen Spätvorstellung unter Flutlichtstrahlern. Beim 6:4, 7:6 (6:4), 6:3-Sieg gegen Marco Cecchinato, den 77. der Weltrangliste, überzeugte Zverev vor allem mit kontrollierter, konzentrierter Spielweise, weit weg von der Hektik und der inneren Zerrissenheit, die seine Auftritte beim Teamwettbewerb ATP Cup zum Jahresauftakt geprägt hatten. „Mein Spiel ist sicher noch ausbaufähig. Das war jetzt nicht gerade das beste Tennis, was ich jemals gezeigt habe“, sagte der 22-jährige Hamburger, „aber ich bin noch im Turnier. Ich kann und muss mich weiter steigern.“ Beim obligatorischen Platzinterview machte Zverev dann noch eine spektakuläre Ankündigung: Für jedes gewonnene Match werde er 10.000 Dollar für die Buschfeuer-Opfer auf dem Fünften Kontinent spenden, und falls er das Turnier gewinne („Ich bin allerdings nicht der Favorit hier“), dann gehe das gesamte Preisgeld in die Hilfsfonds. Es wären dann 2,5 Millionen Euro.

Kerber: "Dann war das nötige Selbstvertrauen da"

Kerber und Zverev bekämpften die Zweifel, die nach einer suboptimalen Vorbereitungszeit aufgekommen waren, mit Entschlossenheit und wohltemperierter Emotionalität. Von Kerbers Oberschenkelverletzung war im Match gegen die 18-jährige Herausfordererin (WTA 145) nichts zu spüren, nach den ersten, heftig umkämpften Spielen ergriff die dreimalige Grand-Slam-Siegerin zunehmend die Initiative, traute sich mehr und mehr zu. „Ich merkte einfach: Es hält alles. Und dann war auch das nötige Selbstvertrauen da“, sagte die 32-jährige Kielerin, „ich habe das Beste aus diesem Tag gemacht.“

Beim Stand von 6:2 und 5:0 hatte Kerber schon die ersten beiden Matchbälle, musste dann aber noch eine kleine Extraschleife drehen, ehe die erste Runder überstanden war. Auch Kerbers neuer Coach Dieter Kindlmann und Fed-Cup-Kapitän Rainer Schüttler, gleichzeitig auch Kindlmanns Vorgänger bei Kerber, blickten aus der Ehrenloge zufrieden herüber zur deutschen Nummer eins. „Ein toller Start für Angie. Das macht Mut für mehr“, sagte Schüttler. Kerber trifft nun auf die australische Wildcard-Starterin Priscilla Hon.

Becker über Zverev: "Herz am richtigen Fleck“

Zverev konnte seine Unsicherheit auf den ersten Metern der Partie gegen Cecchinato nicht verbergen, schnell geriet er mit 2:4 in Rückstand, leistete sich in einem Spiel auch zwei Doppelfehler. Doch anders als beim ATP Cup war der Aufschlag im gesamten Spielverlauf nicht sein Gegner, sondern sein Freund. Mit einer Aufschlagquote von 84 Prozent beim ersten Service dominierte der Schlaks die Partie, insbesondere in manch kritischer Lage, zudem leistete er sich alles in allem nur vier Doppelfehler. „Das Wichtigste aber“, analysierte der Herrentennis-Chef des DTB, Boris Becker, bei Eurosport, „war heute, dass Sascha mit der nötigen Leidenschaft auf dem Platz stand. Das Herz war am richtigen Fleck bei ihm.“

So konnte Zverev auch Break-Rückstände in allen drei Sätzen wegstecken, stets war das Defizit im Handumdrehen wieder beseitigt, sehr zum Ärger von Cecchinato. „Es ist gut, dass ich diese engen Situationen gemeistert habe. Das ist gut für die Psyche“, sagte Zverev, „aber es ist eben erst der Anfang. Da muss noch mehr passieren.“ Zverev bekommt es in Runde zwei entweder mit dem Norweger Casper Ruud oder dem Weißrussen Jegor Gerassimov zu tun.

Ebenfalls in der zweiten Runde stehen Qualifikant Peter Gojowczyk (7:6, 6:3, 4:6, 6:0 gegen Chris Eubanks/USA) und Laura Siegemund (6:1, 6:4 gegen Coco Vandeweghe/USA). Für den letztjährigen Überraschungsmann im deutschen Herrentennis, den Schwarzwälder Dominik Koepfer, war das Turnier dagegen nach einer 3:6, 4:6, 5:7-Auftaktniederlage gegen Pedro Martinez (Spanien) bereits beendet.

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Kerber Angelique

von Jörg Allmeroth

Dienstag
21.01.2020, 17:29 Uhr
zuletzt bearbeitet: 21.01.2020, 16:21 Uhr

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