Absage des Schmerz-Weltmeisters in Indian Wells

Die Verletzungsproblematik im Tenniszirkus reicht über den Rückzug von Rafael Nadal vor dem Halbfinale beim ATP-Masters-1000-Turnier in Indian Wells hinaus.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 17.03.2019, 18:04 Uhr

Rafael Nadal wird auf Miami verzichten
© Getty Images
Rafael Nadal wird auf Miami verzichten

Am Ende marschierte noch der Turnierdirektor höchstpersönlich auf den Centre Court, um ein wenig Schadensbegrenzung zu betreiben. Gemeinsam mit John McEnroe trat Tommy Haas zu einem Doppelmatch gegen die ehrenwerte Kombination aus Novak Djokovic und Pete Sampras an. Es war nette Unterhaltung, ein harmloser Spaß. Aber es war bei aller Gaudi nicht das, was die Tennisfreunde am Finalwochenende von Indian Wells sehen wollten, in der grünen Oase in Kaliforniens Wüste. 

Denn der mit Spannung erwartete „Kampf der Titanen“ (Tennis Express) war von der Tagesordnung dieses frustrierenden Samstags gestrichen, der ewiggrüne Klassiker zwischen Maestro und Matador, zwischen Roger Federer und Rafael Nadal. Und genau so vertraut wie seine kämpferische, leidenschaftliche Pose auf den Spielfeldern der Welt war schließlich auch jenes Schluss-Bild, das Nadal Fans und Medien bot: Ein tief deprimierter, bitter enttäuschter Fighter, den Tränen nahe, als er aufs Neue einen erzwungenen Rückzug wegen einer Knieverletzung erklären musste.

Federer bedauert Rückzug Nadals

„Es ist hart für mich, all das zu akzeptieren, was ich in meiner Karriere mitmachen musste“, sagte der 32-jährige Mallorquiner, „es ist kein schönes Gefühl, immer wieder zurückgeworfen zu werden.“ Schon am Morgen hatte Nadal den alten Weggefährten per SMS über seine Entscheidung informiert, nicht zum 39. Tennis-Clasico entreten zu können – sehr zum Bedauern auch von Federer selbst: „Keiner weiß, wie oft man dieses Match noch erleben wird. Aber ich hoffe, dass Rafa wieder stark zurückkommt.“

Der Frust über das geplatzte Rendezvous der Tennis-Superstars war umso größer, da beide sich in der Spätphase ihrer Karriere schon länger nicht mehr auf einer der großen Bühnen begegnet waren. Nicht zuletzt, weil Federer und Nadal bestimmte Saisonabschnitte oder Turniere mieden, um ihren Körper zu schonen. Federer ließ zwei Mal die Sandplatzsaison aus, Nadal zog sich weitestgehend von den Hartplatzturnieren zurück, die seinem „Problemknie“ am meisten zusetzen. Bis zum anberaumten Halbfinalvergleich in Indian Wells waren 518 Tage seit dem letzten Treffen vergangen, das hatte im Herbst 2017 in Shanghai stattgefunden. 

Auch frühere Topspieler arg lädiert

Nadals Misere wirft ein Schlaglicht auf den immer auszehrenderen Tourbetrieb der Profis, in dem die Ausfallzeiten gerade der Topartisten länger und länger werden. Der spanische Kämpfer ist sozusagen der Schmerz-Weltmeister dieser Wandertruppe, ein Spieler, der sich seit Jahr und Tag mit oft grimmiger Leidensmiene durch die Matches schleppt – gerade auf den ungeliebten, den Körper heftig herausfordernden Hartplätzen. Zu oft werde auf diesem Belag in der Saison gespielt, reklamierte der Mallorquiner wiederholt, aber als Advokat für mehr Sand- oder Grasplatzturniere blieb er erfolglos. „Wenn ich mich umschaue und sehe, wie unsere früheren Topspieler über die Anlagen laufen, dann mache ich mir Sorgen“, sagte Nadal in Indian Wells, „eigentlich wollen wir doch auch mit 45 oder 50 gesund und fit sein.“

Mehr als drei Jahre seiner Karriere hat Nadal schon an der Außenlinie gesessen, es hatte natürlich auch mit seinem anspruchsvollen, kraftraubenden Stil zu tun, der Strategie, den Gegner in oft endlosen Schlagabtäuschen zu zermürben – mit dem Effekt des eigenen Verschleißes. Aber Nadal ist nicht der einzige, der im stetig physischer gewordenen Profitennis ein ums andere Mal im tiefroten Bereich unterwegs war und sich wegen körperlicher Probleme seine Auszeiten nehmen musste.

Andy Murray droht das Karriere-Aus

Gerade zum Saisonende wirken viele Turniere mittlerweile wie eine Ansammlung der Müden und Maladen, die ATP-Weltmeisterschaft in London eingeschlossen. Im Lazarett der Spitzencracks herrschte auch letzte Saison Hochbetrieb, zu den Patienten gehörten Novak Djokovic, Stan Wawrinka, Kei Nishikori, Milos Raonic, Juan Martin del Potro. Und natürlich auch Andy Murray, der wegen seiner Hüftverletzung sogar vom Karriere-Aus bedroht ist.

Nadal hatte die 2018er Serie schon im September, nach den US Open, beendet. Doch die lange Erholungspause half genau so wenig wie die sehr selektive Teilnahme an Hartplatzturnieren. „Es ist sowieso schwer, viele Wettbewerbe auszulassen, weil sie eine Gefahr wären“, sagt Nadal, „ich habe immer das Gefühl, im Nachteil zu sein, eine Aufholjagd starten zu müssen.“ Bis zum nächsten Arbeitstermin hat er nun aber erst mal vier Wochen Zeit, wieder fit zu werden. Dann geht es auf die geliebte Asche von Monte Carlo, es ist der Auftakt der sandigen Festwochen für den König dieser Spezialdisziplin.

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von Jörg Allmeroth

Sonntag
17.03.2019, 20:11 Uhr
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