"Beschäftige mich nicht mit Niederlage"

Der Niederösterreicher ist sich seiner Favoritenrolle bewusst, fühlt sich darin wohl – und ist doch auf der Hut.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 28.06.2011, 16:30 Uhr

Nach dem Zweitrunden-Aus beim Grand Slam in Wimbledon greift Andreas Haider-Maurer bei den Staatsmeisterschaften in Oberpullendorf am Mittwoch erstmals ins Geschehen ein. tennisnet.com sprach mit Österreichs Nummer zwei über die bevorstehende Aufgabe eines Pflichtsiegs: Was passieren muss, damit der Sieger nicht Andreas Haider-Maurer heißt, warum der 24-Jährige nicht nur mit Stefan Koubek als hartem Rivalen rechnet – und doch auf sich selbst als Turniersieger tippt. Und warum die Vorfreude aufs bevorstehende Heimturnier in Kitzbühel schon besonders groß ist.

Andi, vom Flair in Wimbledon ins kleine Oberpullendorf: ein bisschen ein Kulturschock für dich? Oder bist du das Ländliche als Waldviertler ohnehin schon gut gewohnt?

(Schmunzelt)Das bin ich schon gewohnt. Kein Kulturschock für mich – im Gegenteil: Das ist eigentlich was Angenehmes. Ich bin mit meinem Bruder Mario, der dort grad bei einem BTV-Kader-Lehrgang dabei ist, im Hotel in Lutzmannsburg untergebracht, nur zehn Minuten mit dem Auto von Oberpullendorf entfernt, mein Trainer Karel kommt heute oder morgen auch noch nach. Hier ist es dann doch etwas entspannter als in Wimbledon.(lacht)

Wie ist die Umstellung von Rasen auf Sand verlaufen?

Es ist eine ziemliche Umstellung, der Ballabsprung ist halt doch ganz anders. Ich finde es fast schwieriger, sich von Rasen auf Sand umzustellen, als umgekehrt. Aber nach drei, vier Tagen Training kommt man dann schon wieder ganz gut rein.

Wie gut fühlst du dich auf die Staatsmeisterschaften vorbereitet?

Ich hab noch nicht viel wieder auf Sand trainieren können. Gestern in Lutzmannsburg mit meinem Bruder, heute mit David Pichler(frischgebackener Österreichischer U16-Meister, Anm.), mit dem man schon sehr gut schlagen und trainieren kann. Mit meiner Freundin Iris hab ich in Innsbruck ein bisschen gespielt, mit Johannes Ager ist es nichts geworden, weil er in der Schweiz in der Liga um den Aufstieg spielt.

Es hätte diese Woche auch die hochdotierten Challenger in Braunschweig und Turin gegeben, die dir fürs ATP-Ranking was bringen hätten können. Was waren für dich die Argumente, die trotzdem für Oberpullendorf gesprochen haben?

Das ist eine längere Geschichte, wir haben uns schon vor sechs Monaten abgeredet und vor drei, vier Monaten alles fixiert. Ich kann hier viel spielen, bekomme hoffentlich einiges an Matchpraxis, kann nebenbei gut trainieren und mich auf die nächsten Turniere in Oberstaufen, Bastad, Gstaad und Kitzbühel vorbereiten. Aber es ist für mich hier trotzdem ein normales Turnier, ich werde alles geben.

Du hast Kitzbühel angesprochen. War’s für dich selbstverständlich, dafür zuzusagen und nicht schon in die US-Hardcourt-Turnierserie zu starten?

Doch, ja. Die Turniere in den USA waren kein Thema, ich bin nicht in der Situation, dort drüben überall im Hauptbewerb zu sein und dort wie die Top-Leute eine Startverpflichtung zu haben. Ich hab in Kitzbühel auch immer gut gespielt, die Höhenlage liegt mir.

Dann kann man kann sich von dir also einiges dort erwarten. Wie groß ist die Vorfreude auf dein Heimevent?

Die ist groß. Ich fühle mich dort wohl, es ist sicher eines der beliebtesten und besten Turniere auf der Tour – und für mich jetzt ja nur noch eine Stunde weg von Innsbruck. Meine Freundin wird daher wohl auch dabei sein.

Wie wichtig schätzt du es ein, dass Kitzbühel aus der Versenkung hervorgeholt worden ist und Österreich wieder zwei ATP-Turniere hat?

Das ist schon wichtig fürs österreichische Tennis, jedes ATP-Turnier ist da ganz wichtig. Mit der Stadthalle nur eines in Österreich zu haben, wäre doch ein bisschen wenig. Es bringt eben viele Medienberichte und macht unseren Sport hierzulande wieder ein Stück interessanter und attraktiver. Aber es geht nicht nur um ein ATP-Turnier mehr.

Sondern?

Auch ein paar Challenger mehr wären wichtig und interessant, von denen haben wir wirklich nicht viele in Österreich. Wir haben fast nur Futures – und von denen auch nicht so viele.

Zurück zu den Staatsmeisterschaften. Die Auslosung kennst du wohl schon. Hart, wenn man gleich gegen einen Ex-Staatsmeister wie Martin Schneiderbauer spielen könnte?

Mario hat mir die Auslosung gesagt, ich hab sie mir dann vor zwei Tagen auch im Internet angesehen. Wenn ich gewinnen will, dann ist es eigentlich relativ egal, wen ich zuerst als Gegner hab. Ich muss mich sowieso von der ersten Runde weg voll konzentrieren und gut vorbereiten. Wenn man glaubt, dass man da lässig dahinspielen kann, dann kann es schnell gehen, dass es eng wird und man Probleme kriegt. Ich werde hier sicher keinen unterschätzen.

Mit der nationalen Szene kommst du naturgemäß weniger in Kontakt. Was weißt du über deine möglichen ersten Gegner? Musst du dich da noch bei Mario schlau machen?

(Schmunzelt)Ich werd ihn vielleicht was fragen. Aber den Lukas Jastraunig kenne ich von der Liga und gegen Schneiderbauer hab ich schon mal gespielt. Ich weiß also schon ungefähr, was da auf mich zukommt.

Mario hat nicht die beste Auslosung erwischt: mit Stefan Hirn ein harter Brocken zum Auftakt, Stefan Koubek der Papierform nach spätestens im Viertelfinale – das wird eher nichts mit dem Bruder-Duell werden, oder?

Ich weiß nicht. Ich glaube, er ist gut drauf. Gegen Hirn hat er glaub ich die letzten fünf Male gewonnen. Man kann’s nie sagen. Er hat beim Training stark gewirkt, es ist für ihn so einiges möglich. Aber natürlich wär’s gegen einen Koubek sicher sehr schwer.

Wie unangenehm wäre so ein Bruder-Duell für dich eigentlich?

Nicht so unangenehm – und ich glaube, für ihn auch nicht. Es wäre vielleicht im Achtel- oder Viertelfinale nicht so angenehm, auch weil dann einer von uns draußen wäre, aber vor allem danach dann wär’s nicht so schlimm.

Man weiß, dass dir die Außenseiter-Rolle besser liegt. Wie gut kommst du denn mit der Rolle des klaren Favoriten hier zurecht?

Ich glaub, dass mir das trotzdem nicht so schlecht liegt. Ich bin auch national und in der Liga, wo ich auch meist Favorit bin, dieser Favoritenrolle immer gerecht geworden. Also ich fühle mich durchaus wohl darin.

Befindest du dich nicht trotzdem in einer „Ich kann nur verlieren“-Position?

Ja, schon, vor allem ist es für die Gegner einfacher. Man weiß, wie das ist, in ein Match als Außenseiter reinzugehen, wo man mit wenig rechnet. Ich erwarte mir eigentlich von Runde zu Runde immer mehr, dass meine Gegner einen guten Tag erwischen werden. Aber ich glaube, dass ich da drüberstehe.

Was muss passieren, dass der Turniersieger nicht Andreas Haider-Maurer heißt?

Einen schlechten Tag erwischen, unkonzentriert sein, der Gegner spielt gut auf – man kann nicht sagen, dass das nicht passieren kann. Auch ein Marc Rath hat zuletzt gut gespielt und auch die Auftaktgegner darf man nie unterschätzen. Ich beschäftige mich aber nicht mit einer Niederlage und glaube, dass dann am Ende der Sieg rausschaut.

Siehst du noch andere große Gefahren als Stefan Koubek?

Wir sind wohl die Hauptfavoriten. Aber Nico Reissig, Rath und mein Bruder können auch gefährlich werden, die kann man ohne weiteres zu den heißen Kandidaten dazuzählen.

Das einzige Duell mit Koubek hast du vor etwas mehr als einem Jahr in der Wimbledon-Qualifikation verloren. Was spricht diesmal für dich?

Für mich spricht sicher, dass ich viel weiter bin als vor einem Jahr. Damals war ich doch noch auf 200 im ATP-Ranking, jetzt bin ich Top 80. Aber Stefan hat bis vor drei Monaten noch auf der Tour gespielt, er ist ja nicht seit vier Jahren weg. Ich erwarte mir, dass er an einem guten Tag jederzeit an die Leistung von vor einem Jahr anschließen kann.

Also geht für dich auch mit seinen 34 Jahren noch viel Gefahr von ihm aus?

Er wird nicht so stark nachgelassen haben. Man verlernt es nicht in einem halben Jahr. Aber wir müssen sowieso beide erst mal drei Matches gewinnen, da sind wir im Moment also noch weit davon entfernt.

Dein persönlicher Tipp: Wer wird Staatsmeister 2011?

(Lacht)Schon ich. Ich gehe mal davon aus, dass ich das werde.(Foto: GEPA pictures/ Martin Hörmandinger)

Das Gespräch führte Manuel Wachta.

von tennisnet.com

Dienstag
28.06.2011, 16:30 Uhr