Alexander Zverev - Der König von Köln nähert sich seiner Topform

Alexander Zverev geht nach seinen beiden Triumphen von Köln mit großem Selbstvertrauen in die kommenden Aufgaben in Paris und London.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 26.10.2020, 21:29 Uhr

In diesem Jahr könnten noch zwei größerer Trophäen auf Alexander Zverev warten
© Getty Images
In diesem Jahr könnten noch zwei größerer Trophäen auf Alexander Zverev warten

Die Straßen und Wege rund um die Kölner Lanxess Arena hat Irina Zverev in den letzten Tagen ausreichend erkundet. Wann immer ihr Sohn Alexander auf den Centre Court zum Einsatz marschierte, flüchtete die hypernervöse Mama zusammen mit Familienpudel Lövik in die nähere Umgebung des Spiel-Platzes. Am Sonntagabend allerdings, dem Termin des zweiten Kölner Finales, hätte die ehemalige Weltklassespielerin auch getrost in der Halle bleiben können – zu groß war die Überlegenheit ihres Jüngsten auf der Zielgeraden gegen den eigentlich unbequemen Kämpfertypen Diego Schwartzman. „Sie schafft es einfach nicht, sich das live anzusehen. Es kostet sie zu viel Kraft“, sagte Zverev, der sich für den 6:2, 6:1-Kantersieg das Beste seiner zweiwöchigen Mission unterm Dom aufgehoben hatte. Der abermalige Sieg sei schließlich „fast perfekt“ gewesen, so Zverev: „Ich bin nahe dran, die Topform zu finden.“

Keine Frage: Der 23-jährige Hamburger hat in einem komplizierten, herausfordernden Tennisjahr doch noch die Kurve gekriegt. Nach den Irrungen und Wirrungen, die Zverevs persönlichen Restart im Frühjahr begleiteten - insbesondere bei der chaotischen Adria-Tour -, zählt er inzwischen zu den größeren Gewinnern einer turbulenten, oftmals unwägbaren Saison. Tennis in Corona-Zeiten bleibt zwar eine gespenstische Angelegenheit, da machte Köln mit der Geisterkulisse und Applauseinspielungen vom Band keine Ausnahme – aber Zverev hat gelernt, sich vernünftig und sachlich mit der neuen Welt seines Sports zu arrangieren. 

Revanche gegen Sinner

Auch im Wissen, dass sich der Tennis-Mikrokosmos vor dem Hintergrund der sich wieder verschärfenden Gesundheitskrise so schnell nicht ändern wird. „Ich nehme es so hin, wie es ist“, sagt Zverev lapidar dazu. Und so fügte er sich auch zweieinhalb Wochen lang in die Kölner Gegebenheiten, in die erzwungene Eintönigkeit des Lebens zwischen Hotel und Arena. Von Bubble zu Bubble wird es auch weitergehen für den Weltranglisten-Siebten, irgendwelche Freiheiten sind auch bei den kommenden Engagements beim Pariser Masters und beim Londoner ATP-Finale nicht drin.

Zverev findet den nötigen Kick bei den Duellen Mann gegen Mann auf dem Centre Court, er muss nicht, wie im Frühjahr, ohne konkrete Ziele „vor sich hin trainieren.“ Seine Jahresbilanz nach dem Restart im Spätsommer liest sich mittlerweile sehr ansehnlich, wenn auch der denkbare Höchstpreis, der Grand Slam-Sieg in New York, ausblieb. Vor dem Start in die zwei Turnierwochen in der Heimat sagte Zverev, dass ihn der verpasste Coup im Big Apple immer noch „schwer beschäftigt“, manchmal denke er 20-, 25-mal am Tag daran. Aber das Double in Köln bietet ihm nun die Möglichkeit, weit versöhnlicher auf die zurückliegende Arbeitszeit zu blicken. Es sei ein „tolles Gefühl, hier ungeschlagen wegzugehen“, sagte Zverev nach den acht Siegen gegen teils starke Konkurrenz. Mit Schwartzman deklassierte er auf den letzten Metern seines Erfolgslaufs auch noch einen Top-Ten-Konkurrenten, tags zuvor hatte Zverev auch noch gegen den Südtiroler Jannik Sinner Revanche für die kürzliche French Open-Niederlage genommen. Er steckte dabei auch heftige Hüftschmerzen weg, ein Nicht-Problem für ihn: „Da muss ich mir schon das Bein brechen, bevor ich aufgebe.“

In Paris wartet die nächste Bubble

Das Selbstbewusstsein und die natürliche Autorität, die Zverev in seinem ganzen Auftritt in Köln ausstrahlte, stempeln ihn auch zu einem Favoriten auf den letzten großen Saisontitel in der 02-Arena zu London – wenn dort Mitte November die acht Besten des Jahres 2020 zusammenkommen. Für Zverev könnte sich dort auch ein Kreis schließen. 2018 hatte er das prestigeträchtige Abschlussturnier gewonnen, mit Siegen über Federer und Djokovic am Finalwochenende. Es folgten Monate mit Höhen und Tiefen, mit Trainerwechseln, mit eigenen und öffentlichen Zweifeln. Nun kommt Zverev mit gewachsener Statur in den O2-Palast zurück, erwachsener und reifer geworden in der anderen Wirklichkeit dieser Tage. Er hat sich letztlich unbeirrt in der Weltspitze festgesetzt, ein Mann, über den bei jedem Turnier der Weg zum Titel führt. „Ich gehe mit einem guten Gefühl in die nächsten Wochen und Monate“, sagt Zverev. Der König von Köln kann schon bald auch der König anderswo sein.

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von Jörg Allmeroth

Dienstag
27.10.2020, 12:15 Uhr
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