Kyrgios und das Geheimnis seines Aufschlags

Novak Djokovic gilt gemeinhin als bester Rückschläger im Profitennis. Warum konnte sich der Weltranglisten-Zweite gegen Nick Kyrgios dann keine Breakbälle erarbeiten?

von Marco Kühn
zuletzt bearbeitet: 17.03.2017, 13:09 Uhr

Nick Kyrgios ist ein Schlawiner - nicht nur, aber auch beim Aufschlag

Leicht gebeugte Knie. Beide Hände am Schläger. Keinerlei Kontrolle über den Ball. Der letzte Rückhand-Return von Novak Djokovic landete hinter der Grundlinie. Nick Kyrgios bejubelte emotional seinen zweiten Sieg innerhalb kürzester Zeit gegen den einstigen Dominator des Tennissports. Kyrgios verlor in beiden Matches gegen Djokovic keinen Satz. In Indian Wells hatte der "Djoker" nichtmal eine Breakchance. Und das als einer der besten Returnspieler aller Zeiten. Doch warum ist dem so? Milos Raonic hat gegen Djokovic fast nie eine echte Chance -und schlägt doch wesentlich härter auf.

Der Fiesling

Nick Kyrgios ist ein Schlawiner, ein Gauner. Seine Art über den Platz zu marschieren wirkt manchmal so, als würde er etwas im Schilde führen. Er mag es den Gegner über den Platz zu jagen - mit allen Tricks, die es gibt. Und Kyrgios kann alle diese Tricks spielen. Den Stopp mit der Vorhand ankündigen und dann aber einen langen Vorhand-Slice spielen. Aus dem Nichts mit der Rückhand einen Stoppball zaubern. Tweener, wann immer sich die Möglichkeit dazu bietet. Auch gegen Alexander Zverev zeigte sich der "Fiesling" im Australier, als er einen Ballwechsel lang seinen Gegner verdammt alt aussehen ließ.

All diese Qualitäten und Eigenschaften fließen in seinen Aufschlag mit ein. Ob man ihn mag oder nicht: Kyrgios kann auf dem Platz alles. Er kann hart durch die Mitte servieren. Er kann mit Slice nach außen den Platz direkt öffnen. Er kann einen extrem guten Kick spielen. Was aber die größte Qualität seines Aufschlages ist, ist die Variante auf den Mann. Hierbei knallt er nicht nur einfach drauf. Er kann diese so wichtige Variante auf alle möglichen Arten spielen. Hart, mit Slice oder Kick. Dazu schlägt er nicht allzu platziert auf. Ihm reicht es, wenn der Ball sich auf den Körper des Gegners dreht. Oft spielt er diesen Aufschlag auf Mann mit Slice. Wie beim Matchball gegen Novak Djokovic in Indian Wells.

Der Ball ist kaum zu kontrollieren

Ein Spieler wie Novak Djokovic kann den Aufschlag des Gegners extrem gut lesen. Damit ist gemeint, dass er die Richtung des Aufschlages an der Art des Ballwurfes des Gegners erkennen kann. Djokovic kann sich somit bereits in die Vor- oder Rückhand orientieren. Gegen Kyrgios verliert diese Fähigkeit jedoch seine Wirkung. Der Aufschlag des Australiers dreht sich förmlich auf den Körper des Gegners. Am Ballwurf ist dieser Aufschlag nicht zu erkennen. Kyrgios kann dazu den Ball mittig oder aber auch etwas weiter nach rechts werfen. Dazu spielt er diese Variation mit einer hohen Geschwindigkeit. Der Gegner muss also erstmal reagieren, dann den Ball kontrollieren und anschließend noch den Return platzieren. Hätte Kyrgios einzig diese Variation in seinem Repertoire, wäre der Aufschlag noch zu lesen und zu kontrollieren. Aufgrund der enormen Flexibilität beim Aufschlag macht es Kyrgios seinen Gegnern aber fast unmöglich gut zu returnieren.

Novak Djokovic wird sich wie der Rest der Tenniswelt etwas gegen diesen unglaublich effektiven Aufschlag des Australiers einfallen lassen müssen.

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von Marco Kühn

Freitag
17.03.2017, 13:09 Uhr