Australian Open: Serena, Osaka, Wozniacki - Tag der Turbulenzen

Mit Serena Williams, Caroline Wozniacki und Naomi Osaka haben sich drei ganz große Spielerinnen von den Australian Open verabschiedet. Die Dänin für immer.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 24.01.2020, 14:54 Uhr

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Es war einer der klarsten, schnellsten und einfachsten Siege, die Serena Williams jemals gefeiert hatte. Vor gut vier Monaten, unter den Flutlichtstrahlern des Arthur-Ashe-Stadions in New York. Nach 44 Minuten verließ Williams an jenem Abend den riesenhaften Centre Court schon wieder, ein spielerisch leichter Grand-Slam-Spaziergang lag hinter ihr, ein demütigender 6:1, 6:0-Sieg gegen die Chinesin Wang Qiang, die ganze 15 Punkte gewann. Und keinen einzigen direkten Siegschlag in ihrer Bilanz stehen hatte. 

Tennis könne manchmal ein „sehr verrücktes Spiel sein“, sagte Williams am Freitag nun in Melbourne, „es passieren Dinge, die du nicht wirklich voraussiehst.“ Was hinter ihr lag, war tatsächlich einigermaßen abenteuerlich, schien kaum fassbar: Denn das vielleicht bitterste Grand-Slam-Ausscheiden seit ihrer Rückkehr in den Tourbetrieb als Mutter ging hier und jetzt auf genau das Konto jener Spielerin, die im „Big Apple“ noch wie eine verschüchterte Novizin gewirkt hatte. Auf das Konto von Qiang (28), der plötzlich äußerst tatendurstigen, zupackenden und zuguterletzt auch nervenstarken Rivalin, die nach 161 Minuten als frappierende 6:4, 6:7, 7:5-Drittrundensiegerin über die Ziellinie ging. „Ich bin schon ein bisschen vor den Kopf gestoßen“, sagte Williams später konsterniert, „aber als Profiathletin kannst du so nicht spielen und auftreten.“ Dabei hatte Williams mit ihrem Turniererfolg in Auckland zu Saisonbeginn noch die Erwartung geweckt, wieder in Schlagdistanz zum Grand-Slam-Glück zu sein.

Abschied von Caroline Wozniacki

Das früheste Ende aller Grand-Slam-Träume in Melbourne seit 2006, noch in der ersten Turnierwoche, war nicht nur der Höhepunkt eines turbulenten Wettkampftages mit Drama, Spannung, Überraschungsmomenten und Abschiedstränen der in Rente gehenden Dänin Caroline Wozniacki. Er befeuerte, im Fall von Williams, auch die Spekulationen, wie es mit der Karriere der größten Spielerin dieser Epoche weitergehen könne. Die Jagd nach dem ewigen Grand-Slam-Rekord, der Einstellung der Bestmarke von 24 Major-Titeln der Australierin Margaret Court, entwickelt sich für die 38-jährige Amerikanerin allmählich zum Trauma. „Ich bin zuversichtlich, dass ich noch einmal einen großen Pokal gewinnen kann“, sagte Williams, aber es klang eher wie eine Durchhalte-Phrase.

Womöglich ist Williams eher nicht mehr weit entfernt von einem Meilenstein-Moment, wie ihn die beste Freundin Wozniacki auch an diesem ereignisstarken Freitag erlebte. Denn die 5:7, 6:3, 5:7-Niederlage gegen die Tunesierin Ons Jabeur war zugleich auch das Abschiedsspiel für die frühere Weltranglisten-Erste, der Schlussstrich nach 15 harten Jahren im Wanderzirkus. „Jetzt beginnt ein neues Kapitel“, sagte Wozniacki (29) und verdrückte „ausnahmsweise“ ein paar Tränen der Rührung. Vor zwei Jahren hatte die blonde Dänin endlich ihren ersten und einzigen Grand-Slam-Titel in Melbourne gewonnen, zuletzt hatte sie sich wegen einer schwereren Autoimmunkrankheit, der Rheumatoiden Arthritis, schon langsam aus dem Tennisgeschäft zurückgezogen. „Ich habe keine Rechnungen mehr offen“, sagte Wozniacki, die insgesamt 30 Turniere gewann, „ich habe meinen Frieden mit dem Tennis gemacht.“ Ein offizielles Abschiedsspiel gibt es im übrigen noch für Wozniacki, im Mai daheim in Kopenhagen. Die Gegnerin: Natürlich Serena Williams.

Gauff unter die Top 50

Während Julia Görges sich nach einer Berg-und-Talfahrt bei der 6:1, 6:7, 2:6-Drittrunden-Niederlage gegen die kampfstarke Amerikanerin Alison Riske aus dem ersten Grand-Slam-Turnier der Saison verabschiedete, kündigte sich Cori Gauff, die 15-jährige Himmelsstürmerin, bei ihrem Melbourne-Debüt ebenso furchtlos wie unerschrocken sogar als potenzielle Titelkandidatin an. Als Nachfolgerin einer gewissen Naomi Osaka, die sie am Freitag mit Courage, Kühnheit, aber auch klarem Kopf 6:3 und 6:4 besiegte. „Es kommt mir ein wenig unwirklich vor“, sagte Gauff. Womit sie nicht alleine war, immerhin hatte die Teenagerin noch bei den zurückliegenden US Open eine bittere Abschiedsvorstellung erlebt, beim 3:6 und 0:6 gegen keine andere als - Osaka. Damals hatte Osaka die schwer geschlagene 15-jährige sogar noch in einer berührenden Geste im Ashe-Stadion in die Arme genommen und getröstet. 

Was immer noch kommen mag in Melbourne, ein Tennis-Märchen ganz zuletzt oder doch noch ein Ausscheiden vor der heißen Endphase, einst steht für Gauff jetzt schon fest: Sie wird zum ersten Mal unter den Top 50 der Weltrangliste stehen. Ein Jahr, nachdem sie Grand-Slam-Turniere noch aus weiter Ferne betrachtet hatte, als Nummer 684 der Bestenwertung.

Hier das Einzel-Tableau der Frauen

von Jörg Allmeroth

Freitag
24.01.2020, 15:55 Uhr
zuletzt bearbeitet: 24.01.2020, 14:54 Uhr