Comeback in den USA: Sabine Lisicki ist zurück
Nach anderthalb Jahren Zwangspause hat die frühere Wimbledon-Finalistin Sabine Lisicki ihr Comeback gefeiert.
von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet:
04.05.2022, 09:10 Uhr
Einmal im Jahr ist das idyllische Städtchen Bonita Springs, gelegen im Nordwesten des Sonnenstaates Florida, der ziemlich stolze Gastgeber eines Tennisturniers der ITF-Tour. Viele aufstrebende Talente aus aller Herren Länder tummeln sich hier unter Palmen im milden Klima, um wichtige Weltranglisten-Punkte zu sammeln. Um irgendwann, früher oder später, im großen Wanderzirkus aufschlagen zu können.
Bonita Springs ist allerdings auch für eine bekannte, schon einmal sehr etablierte Spielerin eine interessante Wegmarke. Denn dort, im 55.000-Einwohner-Ort nahe des Golfs von Mexiko, begann am Montag das vorerst letzte Comeback einer ehemaligen Wimbledon-Finalistin – die Rückkehr von Sabine Lisicki nach einer 539-tägigen Zwangspause. Lisicki weinte Tränen der Freude, als sie das Qualifikationsmatch der ersten Runde gegen die Japanerin Ena Shibahara mit 6:3 und 6:4 gewonnen hatte, zum Jubel der Fans. „Es war ein großartiges Gefühl, endlich wieder in einem richtigen Wettkampfmatch auf dem Platz zu stehen“, sagte die 32-jährige, einst vom Boulevard wegen ihrer krachenden, pfeilschnellen Aufschläge „Bum-Bum-Bine“ getauft.
Lisicki: "Aufgegeben habe ich mich nie"
Seit sie ehedem im Wimbledon-Finale 2013 gegen die Französin Marion Bartoli verloren hatte, war das Tennisleben schwer und schwerer für die Berlinerin mit polnischen Wurzeln geworden. In vielen Spielen machte sie das Mögliche unmöglich. Das Unmögliche möglich zu machen, wie bei mehreren starken Wimbledon-Missionen, war dagegen eher eine Rarität. Viele gravierende Verletzungen kamen hinzu, in Arztpraxen oder Rehabilitationskliniken hielt sich die Blondine unfreiwillig öfter auf als auf dem Centre Court. Kaum einer Spielerin habe das Schicksal so „viele böse Streiche gespielt wie Sabine“, sagte einmal Chris Evert, die US-Ikone.
Gerade in jüngerer Vergangenheit wurde es noch einmal dramatisch für die ehemalige Nationalspielerin. Sie erkrankte am Pfeifferschen Drüsenfieber, hatte zuvor lange Monate einer Odysee bei Ärzten überstehen müssen, bis die richtige und zugleich niederschmetternde Diagnose feststand. Und dann, nach einer quälenden Comebackanstrengung, folgte im November 2020 in Linz ein Kreuzbandriss. Mit dem Ergebnis, dass Lisicki erst jetzt, im Frühling 2022, wieder ein offizielles Spiel bestreiten konnte – von einem Weltranglistenplatz jenseits der Tausend. „Aufgegeben habe ich mich nie“, sagt Lisicki, „aber hart, sehr hart war es schon. Meine Geduld wurde echt auf die Probe gestellt. Es gab immer wieder Rückschläge, die man verdauen musste.“
Lisicki: Traumziel Rasensaison
Zwischendurch hatten sie viele im Tennisbetrieb kaum noch als Akteurin mit Ambitionen wahrgenommen, zumal sie schon in anderen Rollen auftrat. Beim „Tennischannel“ und bei „Servus TV“ überzeugte Lisicki im vergangenen Jahr als Expertin oder Co-Kommentatorin mit ihrem Insiderwissen. Während der Corona-Pandemie stellte sie auch eine Serie von Fitnessvideos auf der Plattform „YouTube“ ein. In Florida bastelte sie in den vergangenen Monaten nun eher im Verborgenen an der ersehnten Rückkehr, die IMG-Akademie in Bradenton diente ihr dabei wieder einmal als „zweite Heimat“. Dort hatte sie einst auch die wichtige Lehrstunden bei ihrem langjährigen Mentor und Förderer Nick Bollettieri erhalten.
Ein Traumziel für Lisicki liegt buchstäblich auf der Hand. Die Rasensaison, das neue Turnier in Berlin im Steffi Graf-Stadion. 2013, nach ihrem verlorenen Wimbledon-Endspiel, hatte sie in der verwaisten Grunewald-Arena gestanden und gehofft, es werde dort bald wieder einen großen Event geben. 2021 war sie als TV-Frau am Start, in diesem Juni könnte es für die Berliner Tennisfans ein Wiedersehen mit der Spielerin Lisicki geben. „Für die Qualifikation ist erstmal eine Wildcard für Sabine reserviert“, sagt Turnierchefin Barbara Rittner, „wir würden uns natürlich freuen, wenn sie bis dahin gesund und fit bleibt.“
In Bonita Springs ist Lisickis Weg erst mal zu Ende: In Runde 2 der Qualifikation unterlag sie der topgesetzten Gabriela Lee mit 2:6, 2:6.