Daniil Medvedev - Absichtlich sehr sparsam im Jubel

Große Emotionen waren bei Daniil Medvedev nach dessen größten Karriere-Erfolg nicht zu sehen. Das war auch so geplant.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 23.11.2020, 01:29 Uhr

Daniil Medvedev - auch nach dem Sieg tiefenentspannt
© Getty Images
Daniil Medvedev - auch nach dem Sieg tiefenentspannt

Ein Rangliste über Jubelposen, die den Tennissport geprägt haben, würde sicherlich zu angeregten Diskussionen führen: Älteren Beobachtern der Szene käme wohl zunächst Björn Borg in den Sinn, der ikonische Kniefall nach seinem fünften und letzten Wimbledon-Sieg im Endspiel 1980 gegen John McEnroe hat Geschichte geschrieben.

Björn Borg 1980 in Wimbledon
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Björn Borg 1980 in Wimbledon

Boris Becker ist 15 Jahre später nach dem Matchball gegen Kevin Curren stehen geblieben, aber auch der Jubel der deutschen Legende ist noch in guter Erinnerung. Ebenso wie jener von Andre Agassi in Roland Garros 1999, der mindestens ebenso viel Ungläubigkeit wie Freude transportiert hat.

Andre Agassi 1999 in Roland Garros
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Andre Agassi 1999 in Roland Garros

Keine Reaktion bei Daniil Medvedev

Die ATP Finals 2020 haben ein weiteres, wenn auch sehr kurzes Kapitel zur Jubelgeschichte hinzugefügt. Da wäre zunächst einmal Nikola Mektic: Der Kroate ließ nach dem entscheidenden Doppelfehler von Jürgen Melzer seinen Schläger fallen, ging dann allerdings recht gemächlich zu Boden, das hat man schon anders gesehen. Partner Wesley Koolhof half Mektic wieder auf die Beine, Verletzungsgefahr war zu keinem Zeitpunkt gegeben.

Schon gar nicht bei Daniil Medvedev. Wer gedacht hatte, die Nicht-Reaktion nach seinem Erfolg beim ATP-Masters-1000-Turnier in Shanghai 2019 oder auch in Paris-Bercy vor wenigen Wochen (beide Male gegen Alexander Zverev) sei noch zu unterbieten, nun, nach seinem bislang größten Triumph hatte der Russe nur eine kurze Grimasse übrig. Wie schon nach dem Halbfinal-Sieg gegen Rafael Nadal (seinem ersten Erfolg gegen den Spanier) wie auch nach dem Endspiel-Sieg gegen Dominic Thiem übte sich Medvedev in vornehmer Zurückhaltung.

In ihm würde es schon brodeln, das hatte Medvedev während der Woche gesagt. Er hätte nur gelernt, seine Emotionen nicht mehr nach draußen zu tragen. Und vor allem: Nach seinen Erfahrungen bei den US Open 2019, wo sich Medvedev mit dem Publikum angelegt hatte, habe er für sich entschieden, dass dies seine Masche werde. Wenn er große Turniere gewinnen sollte, dann würde er die Ruhe selbst bleiben.

Dass es auch anders geht, haben beim sportlich eher zweitrangigen Laver Cup Jack Sock und John Isner gezeigt: 2018 in Chicago feierten die beiden US-Amerikaner ihren Erfolg gegen Alexander Zverev und Roger Federer geradewegs so, als hätten sie gerade ein Grand-Slam-Turnier gewonnen.

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Montag
23.11.2020, 09:55 Uhr
zuletzt bearbeitet: 23.11.2020, 01:29 Uhr