David Haggerty - Mit den Methoden der FIFA

David Haggerty strebt mit aller Macht seine Wiederwahl als Präsident des Internationalen Tennisverbandes (ITF) an. Die Methoden des US-Amerikaners erinnern an jene im größten Fachverband der Welt.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 22.03.2019, 18:12 Uhr

David Haggerty, ein Mann mit besten Verbinsungen
David Haggerty, ein Mann mit besten Verbinsungen

Wenn sich die Delegierten des Weltverbands ITF Ende September zu ihrer Vollversammlung in Lissabon treffen, werden sie die Wahl haben. Die Wahl, wer künftig den Chefposten besetzen soll: Entweder Dave Haggerty, der amerikanische Amtsinhaber. Oder Dave Miley, sein Herausforderer aus Irland. Miley, von 1991 bis 2015 selbst in verschiedenen Positionen bei der ITF tätig, hat seine Kandidatur längst bestätigt, Haggerty hat sich noch nicht offiziell erklärt, aber es gilt als ausgemacht, dass der Top-Funktionär an den Schalthebeln sitzen bleiben will.

Zu behaupten, dass Haggerty eine umstrittene Figur sei, wäre wohl nach den letzten, mehr als turbulenten Monaten eine Untertreibung. Haggerty lieferte den Weltverband in der Causa Davis Cup auf Gedeih und Verderben dem Konsortium Kosmos und dessen Frontmann Gerard Piqué aus - was aus dem ältesten Teamwettbewerb der Welt wird, ist noch die große Frage. Denn die ITF befindet sich unter Haggertys Direktion auch auf einem Konfrontationskurs mit der Spielerorganisation ATP, die gerade selbst einen Mannschaftswettbewerb ins Leben gerufen hat.

Konkurrenz durch den ATP Cup

Zum Jahresstart 2020 wird der ATP Cup erstmals über die Bühne gehen, nur rund sechs Wochen nach dem neuen Davis Cup-Finale in Madrid. Große Namen haben sich dem Davis Cup-Turnier bereits verweigert, auch der Deutsche Alexander Zverev gehört dazu. Federer, der Schweizer Maestro, gehört auch zu den Abwesenden, vordergründig, weil er nicht mit seinem Schweizer Team qualifiziert war. Aber er zeigte ohnehin kein Interesse, sich am Ende einer strapaziösen Saison, noch nach dem ATP-Finale, in dieses Davis Cup-Abenteuer zu stürzen.

Haggertys Strategie ähnelte den simplen, fragwürdigen Mustern, die aus dem FIFA-Reich bekannt sind. Er wedelte mit den Dollarbündeln, brachte viele kleinere und kleinste Verbände dazu, in Erwartung des Geldsegens für das Davis Cup-Konstrukt zu stimmen. Die Rechnung des Amerikaners ging auch auf, weil andere ITF-Topleute sich an dieser Lobbyarbeit beteiligten, etwa der umstrittene Franzose Giudicelli oder der Schweizer Stammbach. Was da alles rund um die Stimmabgabe an Versprechungen und Überredungen stattfand, wird man vielleicht und hoffentlich noch eines Tages herausfinden können.

Kein Konzept für den Fed Cup

Selten hat die ITF zuletzt eine gute Figur abgegeben. So blieb sie ja auch eine schlüssige Erklärung schuldig, warum man sich zunächst mit aller Kraft um eine Reform des Davis Cup bemühte, darauf jegliche Energien konzentrierte – aber nichts an Konzepten für den Fed Cup der Frauen vorlegte. Der soll nun erst im nachhinein auch reformiert werden, auch, wie man hört, unter Beteiligung von Kosmos. Erstaunlich genug, mit welcher Gleichgültigkeit das alles von der Frauentennis-Organisation WTA hingenommen wurde – oder doch nicht erstaunlich, wenn man berücksichtigt, wie gesichtslos, opportunistisch und meinungsschwach dieses Unternehmen seit Jahren geführt wird. Noch eins zur ITF: Auch die Einführung der sogenannten Transition Tour war ein absolutes Desaster, das der Weltverband noch dadurch verschlimmerte, dass er sich hartnäckig und starrköpfig gegen eine Welle der Proteste stemmte und behauptete, die Kritiker seien „uninformiert.“ Als der Unmut immer größer wurde, musste der Verband klein beigeben – auch Haggerty war einmal mehr beschädigt.

Zu den Merkwürdigkeiten im schönen neuen ITF-Reich gehört auch dies: Der Herausforderer von Haggerty, der in Fachkreisen angesehene Miley, verkündete bei einem Medientermin in Miami eine offenkundige Behinderung seiner Kandidatur. Laut einer Vorgabe der Ethikkommission der ITF dürfe er beispielsweise sein Tennis-Manifest nicht verbreiten, nicht an Regionalkonferenzen teilnehmen oder nationale Verbände besuchen – während Haggerty, dem Amtsinhaber, all dies qua Position gestattet sei. Miley verwies darauf, dass ihm schon im letzten Jahr der Besuch der Vollversammlung in Orlando verweigert worden sei. Da bleibt allerdings eher die Frage, wie es bei der Ethikkommission selbst um die Ethik aussieht, um die Gleichbehandlung und Fairness in einem Bewerbungsprozess um das höchste Amt des Verbandes.

von Jörg Allmeroth

Freitag
22.03.2019, 17:32 Uhr
zuletzt bearbeitet: 22.03.2019, 18:12 Uhr