Davis Cup: Vor dem Start ins Ungewisse

Am Wochenende beginnt in Sachen Davis Cup eine neue Zeitrechnung. Viele Verantwortliche machen aktuell gute Miene zum bösen Spiel.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 01.02.2019, 07:55 Uhr

Davis Cup
© Getty Images
Der gute alte Davis Cup

Es war am Mittwochnachmittag, als der Davis Cup in seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit auflebte. Es hatte allerdings nicht mit dem Länderspiel zu tun, das an diesem Wochenende anberaumt ist, in der Frankfurter Festhalle zwischen Deutschland und dem drittklassig besetzten Team aus Ungarn. Nein, es war eine Weißt-Du-Noch-Stunde, eine nette Zeremonie, die an die weitaus stolzeren und besseren Zeiten des ältesten Teamwettbewerbs der Welt erinnerte. Boris Becker, Carl-Uwe Steeb, Eric Jelen und Patrik Kühnen waren noch ein mal vereint, sie wurden vom Deutschen Tennis Bund im Steigenberger Hotel in Bad Homburg für den ersten deutschen Davis Cup-Sieg geehrt, vor über 30 Jahren im Scandinavium zu Göteborg.

Die Helden von damals, die 4:1-Überraschungsgewinner gegen Schweden, stehen für eine Epoche, in der Tennis ein Straßenfeger war – und der Davis Cup so etwas wie ein Heiligtum dieses Sports, ein kostbares, nicht anzutastendes Gut. Einen „Ausverkauf der Tradition“ beklagte Steeb, der Wegbereiter des damaligen Überraschungscoups, bei der Zeremonie: „Der Wettbewerb hat seine Seele verloren.“ Und Becker, der junge Anführer von einst, meinte achselzuckend, der „alte Davis Cup“ sei nun mal gestorben, damit müsse man sich abfinden. Was jetzt passiere, habe mit „dem Geschehen von früher nichts mehr zu tun.“ Er wolle aber, so Becker, „dieser neuen Sache irgendwie doch eine Chance geben“, vielleicht sagte er so etwas Staatstragendes auch, weil er nun ja auch Funktionär des DTB ist, auch der Motivator für das aktuelle Nationalteam.

Lleyton Hewitt spricht Klartext

In dem ganzen Durcheinander, das derzeit im Welttennis herrscht, lässt sich wenigstens dies festhalten: Der Davis Cup, wie ihn ganze Spieler- und Fangenerationen kannten, dieser Davis Cup wurde sanft zu Grabe getragen im vergangenen November – mit der Finalpartie zwischen Frankreich und Kroatien in Lille. Was mit diesem Wochenende und dieser Saison beginnt, ist etwas Anderes, auf dem zwar noch das Etikett Davis Cup draufsteht – aber das ist dann eben auch schon alles, was das Ehemalige und das Jetzige verbindet.

Vom anderen Ende der Welt hat sich dazu in aller Ausführlichkeit und Klarheit gerade noch einmal einer der schärfsten Kritiker des neuen Davis Cup gemeldet, nämlich Australiens Teamchef Lleyton Hewitt. „Bizarr“ sei das alles, „lächerlich und zum Kopfschütteln“, sagte Hewitt und nahm sich dann noch einmal spitz den neuen Mitveranstalter vor, das Konsortium Kosmos und dessen Repräsentanten Gerard Pique, den Fußballprofi vom FC Barcelona: „Komisch, dass nun ein Fußballer das Sagen hat. Das ist so, als wollte ich mich in die Champions League einmischen.“ Ähnlich scharf hatte sich auch schon einmal Roger Federer dazu geäußert.

Viele Stars nur wegen Olympia dabei

Das deutsche Tennis, das zu den schärfsten Kritikern der Davis Cup-Reform gehörte, muss nun trotzdem gute Miene zum neuen, bösen Spiel machen – es gilt, wie Funktionäre und Profis sagen, „sich den Realitäten zu stellen.“ Was konkret heißt: Die erste Runde, die noch nach dem alten Modus gespielt wird, mit Anstand und natürlich auch Erfolg über die Bühne zu bringen. Gegen Ungarn, das mit einem Trupp der Nobodys nach Frankfurt gereist ist, sollte die Qualifikation für die Endrunde nur eine Pflichtübung sein, es mutet schon im vorhinein – ohne Arroganz – wie ein Schaulaufen vor eigenem Publikum an.

Aber mit dem auf zwei Tage verkürzten Ländermatch (Freitag und Samstag/Spiele über zwei Gewinnsätze) daheim erschöpfen sich die paar Beziehungsstränge zur Davis-Cup-Tradition auch schon. Früher, also noch im letzten Jahr, hätte man auf weitere deutsche Heimspiele, bestenfalls sogar nach vielen Jahren auf ein deutsches Heimfinale hoffen können. Doch was dem Erstrundensieger winkt, ist das zweifelhafte Geschenk einer Endrunde im November, noch nach dem ATP-Finale in London. In Madrid soll dieses Finalturnier stattfinden, viele der Branchengrößen haben bereits angekündigt, nicht mitspielen zu wollen, auch Alexander Zverev nicht, die deutsche Nummer eins. Einige Stars spielen dennoch in der ersten Runde, vor allem, weil sie Länderspieleinsätze brauchen, um die Teilnahmekriterien für die Olympischen Spiele im kommenden Jahr zu erfüllen.

von Jörg Allmeroth

Freitag
01.02.2019, 07:52 Uhr
zuletzt bearbeitet: 01.02.2019, 07:55 Uhr