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Eine Hochbegabte auf Höhenflug: Bianca Andreescu fordert Serena Williams heraus

Bianca Andreescu gegen Serena Williams - das Finale der US Open 2019 hat es in sich! Auch, weil beide Spielerinnen gerne mal anecken und als "Drama Queens" bekannt sind.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 07.09.2019, 12:46 Uhr

Bianca Andreescu steht in New York im Halbfinale
Bianca Andreescu

Im letzten Jahr war Bianca Andreescu schon weg, als die meisten anderen Spielerinnen noch gar nicht da waren in New York. Nun ist sie immer noch bei den US Open, während der große, ganz große Rest der Kolleginnen längst zu anderen Zielen und Turnieren aufgebrochen ist. Nur sie, die Erstrundenverliererin in der Qualifikation des Jahres 2018, kann jetzt im Finale noch eine gewisse Serena Williams auf dem Weg zum 24. Grand-Slam-Titel stoppen, auf dem Weg zur Einstellung des Allzeitrekords der Australierin Margaret Court-Smith. „Die Reise, die ich hinter mir habe“, sagt die kanadische Teenagerin nach ihrem Halbfinalsieg über Belinda Bencic (Schweiz), „ist wie ein Märchen. So irre, dass ich sie selbst glauben kann.“

Andreescu könnte bei den Offenen Amerikanischen Meisterschaften für eine neuerlich wilde Schlusspointe der Grand-Slam-Saison sorgen, wie in den letzten Jahren etwa die Amerikanerin Sloane Stephens oder im letzten Jahr die Japanerin Naomi Osaka. Eine Überraschung wäre ein Sieg allerdings nicht, schließlich gehört die 19-jährige zu den erfolgreichsten Akteurinnen des Wanderzirkus in dieser Spielzeit – dann, wenn sie auf einen der Centre Courts schreiten konnte.

Zwischen längeren Ausfallzeiten wegen komplizierter Schulterblessuren machte sie fast immer Eindruck, schon gleich zu Beginn der Serie 2019, mit dem Finaleinzug in Auckland. Dort unterlag sie Julia Görges, aber zweieinhalb Monate später ließ sie eine andere Deutsche ziemlich frustriert zurück – im Wüstenparadies von Indian Wells in Kalifornien. Angeliqe Kerber war jene Verliererin, und nach dem Fehlschlag im Finale grantelte sie über einige Mätzchen und überlange Behandlungspausen von Andreescu. Sie sei die „größte Drama-Queen überhaupt“, teilte Kerber mit und erntete einen Shitstorm im Social Media-Kosmos. 

Andreescu: Zwischen Siegen und Auszeiten

Andreescu, gewiss nicht jedermanns Darling, setzte anschließend aber nicht etwa zu einem unwiderstehlichen Sturm aufs Establishment an, dem Coup von Indian Wells folgte kein Siegeszug auf anderen Bühnen. Die Teenagerin verschwand für zwei Monate aus dem Tourbetrieb, noch immer angeschlagen kehrte sie zu einem wenig erquicklichen Gastspiel bei den French Open zurück. Sie trat nicht zu ihrem Zweitrundenspiel gegen die Amerikanerin Sofia Kenin an und wurde fortan wieder nicht mehr gesehen, der ganze Juni und der ganze Juli verstrichen, ohne dass man die Hochbegabte zu Gesicht bekam – auch in Wimbledon nicht.

Und dann, kurz vor den US Open, war sie auf einmal wieder da, und wie: Als ob es die Verletzungsnöte der letzten Monate nicht gegeben hätte, stürmte sie daheim in Toronto zum Titel, düpierte Top-Ten-Konkurrenz, profitierte im Endspiel allerdings auch von der Aufgabe von Serena Williams beim Spielstand von 3:1. Nun gibt es ein Wiedersehen im Arthur Ashe-Stadion, und klar ist soviel: So schnell wird die Angelegenheit dort nicht vorüber sein, nicht für Andreescu. Aber auch nicht für Williams.

Schon länger in diesem Turnier hatte man das Gefühl, dass allein die junge Strategin es im Ernstfall mit Williams aufnehmen könnte – im Kampf um den New Yorker Tennisthron. Williams ist schon vier Mal beim Versuch gescheitert, den magischen Titel Nummer 24 zu gewinnen, besonders dramatisch im US-Open-Vorjahr gegen Osaka, wer könnte es vergessen. Und auch nun muss sie bangen um den Erfolgsmoment – gegen eine Spielerin, die über ein herausragendes Spielverständnis, technische Reife und ein breit gefächertes Schlagrepertoire verfügt. Oft wirkt sie wie eine modernere Version der Schweizerin Martina Hingis, ähnlich flexibel und variabel und unberechenbar, aber mit mehr Power und Durchschlagskraft ausgestattet. Wohl auch noch mit mehr Biss, Mumm und Giftigkeit. Nach den US Open wird sie erstmals in den Top 10 aufscheinen, für die Zukunft gilt: Alles ist drin, nichts unmöglich.

"Behalt ihn, du kannst ihn gebrauchen"

„Feisty“ nennen die Amerikaner eine wie Andreescu, die Tochter rumänischer Migranten nach Kanada – und das kann man wohlwollend mit „resolut“, „lebhaft“ oder „quirlig“ übersetzen. Aber auch mit „streitsüchtig“ oder „kratzbürstig.“ Viktoria Azarenka, ehemals die Nummer 1 der Branche, würde Letzteres wohl eher unterschreiben. Sie spielte zuletzt, vor den US Open, ein Showmatch gegen Andreescu. Eine Entscheidung für Andreescu wurde von der Schiedsrichterin überstimmt, die 19-jährige regte sich so heftig auf, dass Azarenka gönnerhaft auf die andere Seite des Netzes rief: „Ich gebe Dir den Punkt.“ Worauf Andreescu erwiderte: „Behalt´ ihn, du kannst ihn gebrauchen.“

Andreescu ist jedenfalls nichts ins Endspiel gelangt, um dort artig den Diener vor ihrem einstigen Idol Williams zu machen und ihr die Show zu überlassen. „Das ist ein Riesenmoment für mich. Aber auch eine Riesenchance. Und die will ich nutzen“, sagt Andreescu. 

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Williams Serena

von Jörg Allmeroth

Samstag
07.09.2019, 18:54 Uhr
zuletzt bearbeitet: 07.09.2019, 12:46 Uhr

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