Elina Svitolina: „Ich vertrete die Ukraine vor der Welt“
Im Interview mit dem britischen Lifestyle-Magazin „Harper’s Bazaar“ gab Elina Svitolina tiefe Einblicke in ihre Gedankenwelt rund um die Geschehnisse auf dem Tennis-Court.
von Dietmar Kaspar
zuletzt bearbeitet:
26.07.2023, 14:23 Uhr

Beim diesjährigen Wimbledon-Turnier war Elina Svitolina zweifellos eine der größten Sympathieträgerinnen im All-England-Club. Mit einer Wildcard ausgestattet konnte die 28-jährige mit Venus Williams, Sofia Kenin, Victoria Azarenka und Iga Swiatek insgesamt vier ehemalige Grand Slam-Siegerinnen bezwingen, ehe sie sich der späteren Championesse Marketa Vondrousova im Halbfinale beugen musste.
Großer Zuspruch des Publikums in Wimbledon
Neben dem sportlichen Meriten freute sich die Ukrainerin besonders über die Zuneigung des britischen Publikums: „Es war ein magisches Turnier für mich. Natürlich bin ich ein wenig verärgert darüber, dass ich nicht ins Finale gekommen bin um den Pokal zu holen, aber die Unterstützung der britischen Zuschauer hat mir so viel bedeutet. Ich glaube ich habe einige schwierige Siege errungen, weil das Publikum hinter mir stand. Es hat mich dazu gebracht, mein Niveau zu steigern.“
Auch ihre Situation als frisch gebackene Mutter sieht sie als zusätzlichen Motivationsfaktor: „Ich denke, die Mutterschaft hat mein Spiel ebenfalls beeinflusst. Es hat mich auf jeden Fall dazu gebracht, mich neu zu fokussieren.“
Situation in der Ukraine als Ansporn
Schwierigkeiten aber gleichzeitig auch Ansporn bereitet ihr die aktuelle Situation in ihrer ukrainischen Heimat: „Es ist schwierig, nicht ständig darüber nachzudenken. Ich bin ständig online und sehe Nachrichten von Freunden in der Ukraine. Ich muss wirklich versuchen, mich so gut wie möglich zu isolieren. Gleichzeitig bietet es einem auch eine wichtige Perspektive. Wenn ich während des Spiels einen schwierigen Moment erlebe, versuche ich darüber nachzudenken, was die Menschen in der Ukraine gerade durchmachen. Ich kann mich glücklich schätzen das zu tun, was ich liebe.
Eine generelle Änderung der Lebenseinstellung sieht Svitolina seit Kriegsausbruch bei allen ukrainischen Menschen: „Wir versuchen jetzt einfach, jeden einzelnen Tag wirklich zu genießen. Der Krieg lehrt uns, im Moment zu bleiben und die Phasen, die wir mit der Familie oder Freunden verbringen, nicht als selbstverständlich zu betrachten. Wir schätzen jetzt alle die kleinen Momente im Leben.“
Sport als Instrument der Politik
Großes Echo erfuhr auch beim Wimbledon-Turnier die Geste, ihrer Gegnerin Victoria Azarenka nach dem Match nicht die Hand zu geben, was mit Unmutsbekundungen des Publikums gegenüber der Belarussin quittiert wurde. „Für mich ist es sehr traurig und sehr frustrierend, dass die Leute das nicht verstehen. Man kann Politik manchmal nicht vom Sport trennen. Die Spielerinnen repräsentieren ihr Land und ich vertrete mein Land vor der Welt. Meine Position muss klar sein.“
Unterschiedliche Gefühle nimmt Svitolina durch ihre Aufgabe im Dienste ihres Landes wahr: „Ich spüre den Druck. Es ist ein tolles Gefühl, aber es geht auch mit Verantwortung einher, weil man das Gefühl hat, für so viele Menschen im ganzen Land gewinnen zu wollen. Aber ich schätze mich glücklich, dass ich auf der großen Bühne die Möglichkeit habe, über die Ukraine zu sprechen und gleichzeitig meinen Sport zum Ausdruck zu bringen.
Präsenz auch in der Heimat
Auch vor Ort wird sie in der Heimat ihren Sport bei den Jüngsten präsent halten und organisiert Ende des Monats ein Jugend-Tennisturnier in Kiev: „Ich bin wirklich froh, dass das Turnier stattfinden wird, auch wenn es nicht einfach ist. Es sind bereits über 100 Kinder angemeldet. Wir möchten diesen Kindern nicht nur ein kleines Licht in den Tunnel bringen, viele von ihnen haben Familie und Freunde verloren und so viel durchgemacht.“