Andrea Petkovic mit Beschimpfungen weiter, Anna-Lena Friedsam verpasst Coup

Der heutige Donnerstag bei den French Open bot aus deutscher Sicht reichlich Dramatik.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 28.05.2015, 17:05 Uhr

Von Jörg Allmeroth aus Paris

Über den Außenplatz 6 des Stade Roland Garros hallten wilde Flüche des Missvergnügens. „Du kannst doch überhaupt kein Tennis spielen“, beschwerte sichAndrea Petkovicüber sich selbst, in ihrem Zweitrundenduell gegen die Spanierin Lourdes Dominguez Lino. Einen Ballwechsel später hörte sich das Jammern so an: „Absolut anfängerhaft, was willst Du hier überhaupt.“ Dann folgte die Klage: „Ich treffe überhaupt nichts. Nullkommanichts.“ Schließlich war es selbst Petkovic genug: „Halt die Fresse“, ermahnte sie sich, schaute dabei verschreckt zu ihrer Entourage, als könne es einer aus dem Trainerstab oder sogar Vater Zoran auf sich gemünzt haben.

Der derbe Stoppruf verfehlte seine Wirkung indes nicht: Ohne weitere Selbstbeschimpfungen, dafür aber mit umso mehr Konzentration und Kampfkraft bog die Weltranglisten-Zehnte die schon verloren geglaubte Partie noch zum 4:6,-6:4,-6:4-Erfolg um. „Ich habe mich anfangs gefühlt wie ein Ochse, wie ein Elefant auf dem Court. Es war grässlich, dieses Herumstampfen“, sagte die deutsche Frontfrau, die im dritten, entscheidenden Satz schon 1:3 in Rückstand geraten war. Die Nerven ihres Vaters hatte die mal wieder komplett unberechenbare Darmstädterin heftig beansprucht: „Ich bin sicher, dass ich meinen 60. Geburtstag nicht mehr erleben werde, wenn das so weitergeht“, sagte der 54-Jährige kopfschüttelnd. Schon am Samstag wird auch er wieder zittern müssen, wenn es für Tochter Andrea gegen die italienische SandplatzwühlerinSara Erranigeht, sozusagen eine Fünf-Sterne-Ausgabe der geschlagenen Dominguez Lino. Im Vorjahr hatte Petkovic die unermüdliche Dauerläuferin mit 6:2 und 6:2 im Viertelfinale bezwungen.

Friedsam schnuppert an der Sensation

Petkovics Sieg, auch der 6:4,-7:6 (4)-Erfolg vonJulia Görgesgegen die Weltranglisten-FünfteCaroline Wozniackiwären allerdings nur eine Randnotiz gewesen an einem Pariser Tennistag, an dem eine junge Deutsche trotz einer Niederlage für großes Tenniskino und Dramatik sorgte – und beinahe die Grand-Slam-Welt auf den Kopf gestellt hätte. Ohne Angst und Respekt vor dem großen Namen, gab sich die 21-jährigeAnna-Lena Friedsamerst nach einem unvorhersehbaren Drei-Satz-Thriller mit 7:5, 3:6 und 3:6 gegen die Weltranglisten-Erste und TurnierfavoritinSerena Williamsgeschlagen. Der Aufschrei der Erleichterung, mit dem die 19-malige Grand-Slam-Gewinnerin schließlich ihren Sieg quittierte, war das größte Kompliment für die zupackende Rheinländerin, eine der vielen starken Hoffnungen aus der deutschen Talentschmiede.

Mitte des zweiten Satzes hatte Friedsam alle Möglichkeiten, die nervöse Titelkandidatin unsanft aus dem Pokalrennen zu katapultieren, geriet dann aber selbst – den möglichen Sensationscoup vor Augen – ins Flattern. „Da habe ich nicht mehr die richtige Entschlossenheit gehabt“, sagte Friedsam, „trotzdem war es eine Supererfahrung. Das hat Appetit auf mehr gemacht.“ Auch die 20-jährige HamburgerinCarina Witthöftbot bei ihrer 3:6,-6:4,-2:6-Niederlage gegen die 2012er-Finalistin Sara Errani eine gute Vorstellung, vor allem, als sie sich beim Zwischenstand von 3:6 und 1:4 noch einmal energisch ins Match zurückkämpfte und einen Entscheidungssatz erzwang. „Ich wäre gerne noch länger geblieben, aber ich fühle mich auf dem richtigen Weg“, sagte Witthöft.

Görges mit kontrollierte Aggressivität

Julia Görges wahrte sich mit dem Prestigeerfolg gegen Wozniacki die Chancen, erstmals in ihrer Karriere ins Achtelfinale und damit die zweite Roland-Garros-Woche vorzustoßen. Gegen die lauf- und kampfstarke Dänin hatte sie einst, im Jahre 2011, ihren größten Turniersieg daheim in der Stuttgarter Porsche-Arena gefeiert, gegen Wozniacki bestätigte sie nun ihre gute Form bei den wichtigsten Tennismomenten des Jahres. Selbstbewusst und souverän wie zu Jahresbeginn bei den Grand-Slam-Festspielen der Australian Open bestimmte Görges die Partie, punktete regelmäßig mit kontrollierter Aggressivität. Power mit Präzision – es war der Schlüssel zum Triumph. „Es war ein sehr schöner Sieg. Einer, den ich so schnell nicht vergessen werde“, sagte Görges, die nun in der dritten Runde auf die US-AmerikanerinIrina Falconitrifft.

Nach dem bitteren Verletzungs-Rückzug des wackeren SaarländersBenjamin Becker, den Schulterschmerzen nach dem Fünf-Satz-Marathonsieg gegen Fernando Verdasco piesackten, beendetePhilipp Kohlschreibermit einer jähen Zweitrundenpleite gegen den SpanierPablo Andujarbereits das Gastspiel der deutschen Herren im Stade Roland Garros: In der wiederaufgenommen Hängepartie des Mittwochs holte der Augsburger kein einziges Spiel mehr, verlor nach 4:2-Führung im fünften Satz noch 1:6, 6:7, 6:3, 6:3 und 4:6. „Ich bin natürlich niedergeschlagen jetzt“, sagte Kohlschreiber.

Hier die Damen-Ergebnisse von den French Open.

Hier die Herren-Ergebnisse von den French Open.

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Donnerstag
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