Generali Open 2022: Kevin Krawietz und Andreas Mies im Interview - „Es hat sich unglaublich schnell eingependelt“

Kevin Krawietz und Andreas Mies sind am Dienstag erfolgreich in die Generali Open 2022 gestartet. Die zweimaligen Gewinner der French Open gelten als heiße Anwärter auf den Titel in Kitzbühel. Auch deshalb fällt das Gespräch im Spielerbereich sehr entspannt aus.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 27.07.2022, 07:49 Uhr

Andreas Mies und Kevin Krawietz spielen in Kitzbühel um den Titel mit
© Getty Images
Andreas Mies und Kevin Krawietz spielen in Kitzbühel um den Titel mit

tennisnet: Herr Mies. Sie kommen gerade vom Match von Johnny O´Mara, gegen den und Ken Skupski Sie mit Kevin in Wimbledon gewonnen haben. In einem stimmungsvollen Match, wo O´Mara seinen Partner permanent angefeuert hat. Wie viel haben Sie davon mitbekommen?

Andreas Mies: Wir wussten ja schon vor dem Match, dass es das letzte Karriere-Match von Ken Skupski sein würde. Mich hat es für ihn gefreut, dass er mit der dritten Runde noch einmal so ein super Turnier hatte. Wir waren gewarnt. Weil die hatten Klaasen und Melo in der zweiten Runde glatt geschlagen. Johnny bringt immer eine gute Energie. Und in dem Match ganz besonders.

tennisnet: Letzte Woche Hamburg auf Meereshöhe, jetzt im alpinen Kitzbühel. Wie schwierig ist die Umstellung für die Doppelspieler?

Kevin Krawietz: Man merkt einen Riesen-Unterschied zwischen Hamburg und hier. Ich trainiere andererseits meistens in München, unter ziemlich ähnlichen Bedingungen. Da fällt mir die Umstellung vielleicht ein wenig leichter. Aber man braucht schon ein, zwei Tage, bis man die richtige Bespannungshärte, das richtige Timing gefunden hat.

tennisnet: Sie üben interessanterweise ja gar nicht so oft gemeinsam.

Krawietz: Wir versuchen schon, ein paar Wochen pro Jahr gemeinsam zu trainieren. Aber wir reisen unheimlich viel. Dann wollen wir jene Wochen, die wir frei haben, auch zuhause verbringen. Ich in München, Andi in Köln. Jetzt kommt eine lange Nordamerika-Reise auf uns zu. Montreal, Cincinnati, dann gäbe es Winston Salem vor den US Open. Vielleicht legen wir da eine Trainingswoche ein.

Andreas Mies - "Wir brauchen niemanden, der uns das Doppel erklärt"

tennisnet: Neu im Team ist seit ein paar Wochen Lukas Wolff. Wie sehen Ihre Erwartungen aus?

Mies: Wir sind froh, dass wir Lukas im Team haben. Er ist eine extrem positive Erscheinung und ein sehr guter Tenniscoach. Lukas hat zwar nicht so viel Doppel-Erfahrung. Aber wir haben auch nicht das Gefühl, dass wir unbedingt jemanden brauchen, der uns jetzt nochmal das Doppel erklärt. Wir müssen uns als Tennisspieler dennoch immer weiter verbessern. Bei mir arbeiten wir gerade an meinem zweiten Aufschlag und am Vorhand-Return. Diese Schläge sollen mutiger kommen. Wir wollen aber auch an den Stärken arbeiten.

tennisnet: Die da wären …?

Mies: Zum Beispiel meine Reaktionsfähigkeit am Netz. Ich gehe mit meinem Athletiktrainer in Köln immer wieder auf den Hockeyplatz, stelle mich da ins Tor. Er schießt zehn Tennisbälle hintereinander auf mich - und ich muss abwehren. Viele Dinge dieser Art üben wir aber auch auf dem Tennisplatz. Das hilft am meisten.

tennisnet: Wie ist es zur Zusammenarbeit mit Lukas gekommen?

Krawietz: Ich habe vor ein paar Jahren schon mal mit Lukas gearbeitet, dann bin ich weg von der Tennisbase in Oberhaching. Andi und ich haben diskutiert, wer in Frage käme. Da sind ein paar Namen gefallen. Es muss ja für beide passen. Ich verstehe mich gut mit ihm, weiß, wie er vom Typ her ist. Und Lukas kannte Andi auch aus Kölner Zeiten. Lukas kann unglaublich gut auf verschiedene Charaktere eingehen. Es hat sich unglaublich schnell eingependelt.

"Roger, Rafa und Djokovic haben auch klare Muster"

tennisnet: Wie sieht die Vorbereitung auf die Matches aus? Gibt es ein explizites Scouting?

Krawietz: Wir schauen uns manchmal die Partien der kommenden Gegner zu dritt an, jeder macht sich Notizen. Und natürlich sind Muster bei Mektic/Pavic oder Ram/Salisbury zu erkennen. Aber es gibt auch bei Roger, Rafa und Djokovic klare Muster. Und gegen die gewinnt man trotzdem nicht. Es geht ja darum, wie kann man im Match darauf reagieren. Wenn Mektic und Pavic nur durch die Mitte servieren und die Mitte am Netz zumachen - wie kann ich die dann eben doch passieren?

tennisnet: Weil Nikola Mektic und Mate Pavic gerade angesprochen wurden: Wie beurteilen Sie die Leistung, dass Pavic mit einem gebrochenen Handgelenk das Wimbledon-Finale nicht nur erreicht, sondern auch noch fast gewonnen hätte?

Mies: Ich habe das zunächst gar nicht mitbekommen. Ich habe Ende des dritten Satzes vom Halbfinale gegen die Kolumbianer eingeschaltet. Als Pavic nur noch Lobs mit der Rückhand gespielt hat, habe ich auch das Tape gesehen und dass er den Schläger so komisch gehalten hat. Man muss den Hut davor ziehen, dass sie das fast trotzdem noch gewinnen. Wobei man sagen muss, dass es auf Rasen nicht ganz so schwer fällt wie auf Sand oder auf einem langsamen Belag. Selbst wenn er die rechte Hand benutzen kann, macht man auf Rasen dann doch nicht so viele Punkte mit dem Return. Es ist natürlich ein krasser Nachteil, aber er hat mit Mektic einen der besten Returnspieler neben sich.

tennisnet: Sie haben in dieser Saison die Turniere in Barcelona und München gewonnen. Bei welchen Events hatten Sie das Gefühl, dass noch mehr drin gewesen wäre?

Krawietz: Schwierig zu sagen. Vielleicht die beiden Viertelfinali in Madrid und Rom, einmal gegen Isner und Hurkacz, und dann gegen Bolelli und Fognini. gegen Bolelli/Fognini müssen wir gewinnen, da sind wir Satz und Break vorne. Und gegen Isner/Hurkacz waren wir auch die bessern Spieler.

Kevin Krawietz zum Davis Cup: "Es ist eine blöde Situation"

tennisnet: Bei den French Open und zuletzt in Hamburg haben Sie gegen Lloyd Glasspool und Hari Heliovaara verloren. Kristallisiert sich da ein Angstgegner heraus?

Mies: Wenn man sich das jetzt im Nachhinein anschaut, dann waren Glasspool/Heliovaara vielleicht sogar das schwierigste Los in Runde eins in Paris. Die haben da schon sehr gut gespielt, sind jetzt in Hamburg ohne Satzverlust durchgegangen. Wir wussten, dass es schwer wird. Obwohl wir das Match davor in München klar gewonnen haben. Deshalb würde ich nicht von Angstgegnern sprechen. In Hamburg war unsere Leistung viel besser als bei den French Open. Aber wir haben leider unsere Chancen nicht genutzt. Wir verlieren da bei 1:1 vier Mal No-Ad in Folge, schon steht es 1:5. Es kann aber genauso gut 4:2 für uns stehen. Dann sitzt Du bei 1:6 auf der Bank und denkst Dir: Wir haben doch eigentlich gut gespielt!

tennisnet: Im September steht die Zwischenrunde im Davis Cup in Hamburg an. Jetzt hat Michael Kohlmann das Luxusproblem, dass er aus dem Trio Kevin Krawietz, Tim Pütz und Andreas Mies auswählen darf. Wie soll es der Kapitän anlegen?

Krawietz: Wir wissen alle noch nicht, wer dabei ist. Wir haben drei Weltklasse-Doppelspieler. Einen muss es halt treffen. Ich habe mit Pützi gut gespielt, jetzt bin ich an der Seite von Andi. Es ist eine blöde Situation, keine Frage.

Mies: "Kohle" hat sich in Hamburg mit allen Spielern zusammengesetzt und die Situation besprochen. Nominiert wird nach Montreal und Cincinnati. Pützi ist im Ranking ein paar Plätze vor uns, macht seine Sache auch sehr gut. Mein Anspruch ist halt, immer für Deutschland zu spielen. Ich bin mit Kevin im Davis Cup ja noch ungeschlagen. Aber man muss halt auch sagen: Kevin ist mit Tim auch noch ungeschlagen.

tennisnet: In Hamburg ist hoffentlich ein volles Haus zu erwarten. Wie beeinflusst das einen Spieler?

Krawietz: Wenn wir uns die Australian Open in diesem Jahr anschauen: Da hat man gegen Kyrgios und Kokkinakis und noch 5.000 Leute im Publikum gespielt. Hat man auch nicht alle Tage: Dass einer einen Doppelfehler serviert und das Stadion explodiert. Das kann man nicht ausblenden. Die Stimmung in Rio, wo ich mit Pützi gespielt habe, war auch extrem. Es ist immer unangenehm, wenn das Publikum vor dem zweiten Aufschlag noch einmal stört. Das Publikum kann zum Erfolg viel beitragen. Ohne die Leistung von Kyrgios und Kokkinakis schmälern zu wollen.

Hier das Doppel-Tableau in Kitzbühel

von Jens Huiber

Mittwoch
27.07.2022, 09:46 Uhr
zuletzt bearbeitet: 27.07.2022, 07:49 Uhr