Gerald Laposa - „In Australien habe ich 40 Schläger pro Tag bespannt“

Gerald Laposa ist von den Australian Open fast direkt nach Rijeka zum Davis-Cup-Treffen zwischen Österreich und Kroatien weitergereist. Im tennisnet-Interview erklärt Laposa, was die Faszination des Besaiter-Berufes ausmacht.

von Jens Huiber
zuletzt bearbeitet: 07.02.2023, 16:05 Uhr

Man at work: Gerald Laposa in Melbourne
© privat/Gerald Laposa
Man at work: Gerald Laposa in Melbourne

tennisnet: Herr Laposa. Wie wird man Bespanner auf der ATP-Tour?

Gerald Laposa: In meiner Kindheit hat es bei mir nur Fußball und Tennis gegeben. Meine Lehre habe ich in einem „normalen“ Sporthandelsgeschäft in Graz gemacht. Bis dann der Zeitpunkt gekommen ist, an dem ich mich auf etwas spezialisieren musste. Und so bin ich vor ca. zwölf Jahren in ein Tennisfachgeschäft gekommen und habe das Bespannen für mich wiederentdeckt. Das hat mir Spaß gemacht, darauf wollte ich mich konzentrieren.

tennisnet: Wie ist es im professionellen Tennissport losgegangen?

Laposa: Das erste Turnier, das ich betreut habe, war ein Challenger in Graz. Zwei Jahre später bin ich zu Babolat gewechselt, habe neben den Generali Open in Kitzbühel auch Turniere in Deutschland gemacht, wie etwa Düsseldorf oder HalleWestfalen. Und bin auch nach Roland Garros gekommen, wo ich insgesamt vier Mal im Einsatz war. 2016 habe ich die Möglichkeit bekommen, dass ich auch das österreichische Davis-Cup-Team betreue. Im September 2021 habe ich mich schließlich als Bespanner selbständig gemacht und leite 11teamsports, einen Sport-Shop in Leibnitz. Anfang dieses Jahres bin ich nun für Yonex zu den Australian Open geflogen.

tennisnet: Was zeichnet einen guten Bespanner aus?

Laposa: Ganz wichtig ist die Liebe zum Detail. Man muss nicht in erster Linie schnell, aber sehr wohl genau sein. Die Saiten sollten wirklich gerade liegen, die Arbeitsregeln befolgt werden. Jeder Bespanner hat seinen eigenen Stil. Ganz entscheidend ist auch eine gute Bespannungsmaschine. Bei großen Turnieren wie den Australian Open und Roland Garros, wo 20 Bespanner oder mehr arbeiten, sollte man auch ein guter Team-Player sein. Ein bisschen Verrücktheit schadet auch nicht. Weil es ist sehr harte Arbeit. Wir sind in der Regel nämlich die Ersten, die zum Turnierschauplatz kommen. Und die letzten, die gehen. So ein Arbeitstag kann schon von sechs Uhr bis Mitternacht andauern.

Das Bespannungsteam der Australian Open 2022
© privat/Gerald Laposa
Das Bespannungsteam der Australian Open 2022

tennisnet: Sieht man als Bespanner bei einem Grand-Slam-Turnier überhaupt Tageslicht?

Laposa: Ganz selten. Zum Mittagessen geht man vielleicht schon mal über die Anlage. Aber in der Regel schaut man, dass man immer nahe an der Maschine ist.

tennisnet: Ist das für einen Tennisfreak wie Sie nicht frustrierend?

Laposa: Überhaupt nicht! Beim Davis Cup etwa sehe ich ja viele Matches. Und bei den Grand-Slams bleibt man, wenn man nicht bis zum Ende eingeteilt ist, meistens auch einen Tag länger und kann dann die Matches verfolgen.

tennisnet: Wie sehen die ersten Tage bei einem Major aus? Kommen die Spieler auch selbst, um ihre Schläger abzugeben?

Laposa: Bei den Australian Open sind relativ viele Spieler selbst gekommen, weil wir direkt im Underground der Rod Laver Arena gearbeitet haben. In Roland Garros war das ein wenig anders, weil wir in einem Nebengebäude untergebracht waren. Grundsätzlich läuft es aber so, dass wir einen Empfangstisch haben, an dem alles gemanaget wird. Wir haben in Australien über 6.900 Rackets gemacht. Den größten Stress gab es in der ersten Runde. Da habe ich 40 Schläger pro Tag bespannt. In der zweiten Woche, wenn Junioren kommen und die ersten Bespanner abreisen, habe ich immer noch 25 bis 30 Schläger pro Tag gemacht.

Nach Australien würde Gerald Laposa gerne wieder reisen
© privat/Gerals Laposa
Nach Australien würde Gerald Laposa gerne wieder reisen

tennisnet: Wie oft kommt es noch vor, dass Spieler während eines Matches dringend eine neue Bespannung brauchen?

Laposa: Es gibt einen Trend, dass mehr bespannt wird. Im Vergleich zum Vorjahr gab es einen Anstieg um 20 Prozent. Gerade in Australien gab es aufgrund der Temperatur-Unterschiede sehr viele On-Court-Rackets. Es gab Spieler, die hatten sieben Schläger mit auf dem Court. Und haben dennoch während der Partie noch einmal zwei Schläger rausgebracht, ohne das Gewicht zu verändern. Aber: Aus der Maschine kommt der Schläger einfach härter raus.

„Djokovic und Wawrinka haben ihre eigenen Bespanner dabei“

tennisnet: Wie kommt es, dass Sie ausgerechnet von Yonex nach Australien geschickt wurden?

Laposa: Yonex hat in Form von Carsten Neuhaus (Promotion Manager) und Michael Schwarz (Sales Manager) ein Auswahlverfahren erstellt, welche Besaiter durch ihre bereits bewiesenen Qualitäten und Erfahrungen in Frage kommen können. Und so wurde mir zusammen mit Kai Plitt aus Deutschland diese Ehre aus dem deutschsprachigen Raum zuteil.

tennisnet: Wie sieht es dagegen im Davis Cup aus?

Laposa: Im Davis Cup ist es im Vergleich zu den Grand-Slam-Turnieren um einiges entspannter. Ich habe meine fünf Spieler zu betreuen. Man kann noch besser auf die Spieler eingehen. Und das Teamgefühl, das wir haben, macht richtig viel Spaß.

tennisnet: In welcher Bandbreite spielen sich die Bespannungen ab? Womit wird gespielt?

Laposa: Es werden relativ wenige Darmsaiten gespielt. Polyester ist da im Vormarsch. Die Spieler kommen mit ihren Saiten zu uns. Adrian Mannarino hat nur mit elf Kilopond bespannt, Alexander Erler dagegen mit 34. Im Schnitte liegen wir so bei 23 bis 24 Kilopond.

Bei Yonex-Schlägern kaum Gewichtsschwankungen

tennisnet: Welche Unterschiede sehen Sie bei den Schlägern?

Laposa: Kein Unternehmen stellt schlechte Schläger her. Der größte Unterschied für handelsübliche Schläger sind die Schwankungen im Gewicht. Wenn man ein Racket kauft, das 300 Gramm wiegt, dann kann dieses fünf Gramm schwerer oder leichter sein, es gibt also eine Schwankungsbreite von bis zu zehn Gramm. Die große Ausnahme ist da Yonex: Da bewegen sich die Abweichungen lediglich im Ein-Gramm-Bereich. Man kann mit Racket-Tuning einiges verändern: Balancepunkt oder Schwungmasse zum Beispiel. Aber leichter machen kann ich den Schläger nicht.

tennisnet: Hand auf´s Herz: Wie groß ist der Anteil eines Bespanners am Erfolg eines Spielers?

Laposa: 100 Prozent! Nein, so hoch ist der natürlich nicht. Aber man versucht immer, dass während eines Turniers jeder Spieler einem Besaiter zugeteilt wird, der ihn dann über die ganz Strecke betreut. Weil jeder Bespanner arbeitet ein wenig anders - und auch die Maschinen unterscheiden sich. Das funktioniert nicht immer, weil Bespanner manchmal schon früher abreisen, oder weil man schon 20 Schläger für den kommenden Tag vorbereiten muss. Beim Davis Cup bin wirklich nur ich zuständig. Das heißt also: gleiche Maschine, gleicher Bespanner.

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