Fünf „One Slam Wonder“ im Herrentennis
tennisnet.com präsentiert fünf Spieler, die einen Überraschungscoup bei einem Grand-Slam-Turnier landeten.
von Christian Albrecht Barschel
zuletzt bearbeitet:
16.01.2015, 20:45 Uhr

Von Christian Albrecht Barschel
Einen Grand-Slam-Titel zu gewinnen, ist schon schwer genug. Einen zweiten folgen zu lassen, ist noch weitaus schwerer. Einige Spieler und Spielerinnen hatten nach dem Turnier ihres Lebens, mit dem Gewinn eines Grand-Slam-Titels, Schwierigkeiten, an den großen Erfolg anzuknüpfen. tennisnet.com präsentiert für "One Slam Wonder" im Damentennis.
Mark Edmondson - Australian Open 1976
Mark Edmondson hat das erreicht, wovon alle australischen Spieler träumen. Er gewann sein Heimturnier, die Australian Open. Es war im Jahr 1976, als Edmondson als Nummer 212 der Weltrangliste im Finale der Australian Open gegen seinen Landsmann John Newcombe siegte. Er war damit der am niedrigsten platzierte Spieler, der je ein Grand-Slam-Turnier gewinnen konnte und ist bis heute der letzte Australier, der im eigenen Land triumphierte. Wer jetzt dachte, dass dies der Beginn einer großen Einzelkarriere von Edmondson war, der sah sich getäuscht. Der Australier konnte hauptsächlich nur bei australischen Turnieren glänzen und erreichte mit Position 15 seine beste Platzierung in der Weltrangliste. Besser lief dagegen seine Karriere als Doppelspieler: 34 Turniersiege, darunter fünf Grand-Slam-Titel, machten Edmondson zu einem der besten Doppelspieler seiner Zeit.
Andrés Gómez - French Open 1990
19 ATP-Turniere hatte Andrés Gómez gewonnen, als er im Jahr 1990 als Weltranglisten-Siebter in die French Open ging. Der Ecuadorianer hatte zuvor noch nie das Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers erreicht und war bereits 30 Jahre alt. Gómez war in Roland Garros in der Form seines Lebens. Der Finaleinzug war bereits eine Überraschung. Im Endspiel gegen den 19-jährigen Andre Agassi, damals die Nummer fünf der Welt, war Gómez der Außenseiter. Während Gómez seine große Titelchance beim Schopfe packte, war Agassi mehr mit sich selbst und seinen Haaren beschäftigt. Was damals kaum jemand wusste: Agassi spielte mit einer Perücke auf dem Kopf und war so sehr besorgt, dass diese auf den Boden fallen konnte. Gómez siegte schließlich in vier Sätzen und stieg zum Nationalhelden in Ecuador auf. "Ich komme seit zwölf Jahren hierher und habe immer von diesem Moment geträumt. Es hat so lange gedauert. Das ist mit Abstand das beste Tennis, das ich jemals gespielt habe", freute sich Gomez, der mit dem Erfolg bei den French Open auf Platz vier in der Weltrangliste kletterte. Doch dann begann der rasante Absturz. Gómez kassierte Niederlage um Niederlage und musste ein Jahr später sogar auf die Titelverteidigung in Paris verzichten. Der Ecuadorianer gewann nur noch ein Grand-Slam-Match, bei den French Open 1992.
Thomas Johansson - Australian Open 2002
Schweden ist durch Björn Borg zu einer großen Tennisnation geworden. Neben Borg gewannen drei weitere schwedische Spieler mindestens ein Grand-Slam-Turnier. Mit Mats Wilander und Stefan Edberg sind auch von Tennislaien zwei weitere Namen schnell aufgezählt. Doch dann hapert es bei vielen mit dem vierten Spieler. Wer war es denn nun, der als letzter Schwede ein Grand-Slam-Turnier gewann? Die Antwort lautet: Thomas Johansson. Heimlich, still und leise, wie es sich für einen Schweden gehört, gelang Johansson bei den Australian Open 2002 sein großer Coup. Der Schwede war 26 Jahre alt, als er in Down Under, wo er zuvor nie über die dritte Runde hinausgekommen war, allen Gegnern das Fürchten lehrte. Zugegeben, es waren nicht gerade die ganz großen Namen, die er auf dem Weg ins Finale aus dem Weg räumte. Im Finale besiegte er schließlich Marat Safin, ausgerechnet an dessen 22. Geburtstag. Nach seinem Sieg bei den Australian Open verlief die Karriere von Johansson genauso weiter wie zuvor, nämlich relativ unspektakulär. Der Schwede konnte im folgenden Jahr aufgrund einer Verletzung überhaupt kein Turnier bestreiten und ließ nur noch einmal mit der Halbfinalteilnahme in Wimbledon 2005 aufhorchen. Im Juni 2009 hängte er schließlich den Tennisschläger an den Nagel.
Albert Costa - French Open 2002
Albert Costa gewann in seiner Karriere zwölf ATP-Titel. Sein letzter war der mit Abstand größte und wichtigste. Costa gewann im Jahr 2002 sensationell die French Open. Obwohl der Spanier ein klassischer Sandplatzspezialist war und alle seine Titel auf Sand errang, konnte er bei den French Open seine Sandplatzkünste vorher nicht so zeigen, wie er es sich erhofft hatte. Bei den French Open 2002 passte dann alles zusammen. Costa putzte zunächst im Achtelfinale den dreifachen French-Open-Sieger und Titelverteidiger Gustavo Kuerten in drei Sätzen und besiegte auf dem Weg ins Finale mit Guillermo Canas und Alex Corretja zwei weitere Sandplatzwühler. Im Endspiel traf Costa auf Landsmann Juan Carlos Ferrero. Die ersten 46 Minuten des Finals werden beide Spieler wohl nie vergessen. Denn Costa führte den Favoriten vor und gewann die ersten beiden Sätze mit 6:1, 6:0. Der Spanier gewann schließlich das Finale in vier Sätzen und beendete das Turnier seines Lebens mit einem Paukenschlag. An den großen Erfolg konnte Costa aber nicht mehr anknüpfen. Zwar spielte er sich ein Jahr später bei den French Open als Titelverteidiger ins Halbfinale vor, wo Ferrero erfolgreich Revanche nahm, doch danach ging es in der Karriere des Spaniers rasant bergab.
Gaston Gaudio - French Open 2004
Gaston Gaudio ist das, was man einen reinen Sandplatzspezialisten nennt. Der Argentinier fühlte sich auf der roten Asche zu Hause und bekam den Spitznamen "El Gato", die Katze, verpasst. Bei den French Open 2004 sollte sich sein sehnlichster Traum, der Grand-Slam-Sieg in Paris, erfüllen. Im Finale traf er auf seinen Landsmann Guillermo Coria, genannt "El Mago". Coria ging als haushoher Favorit in das Endspiel und hatte zuvor von 38 Spielen auf Sand nur eines verloren. "El Gato" war anfangs gegen die magischen Kräfte von "El Mago" chancenlos und wurde vorgeführt. 0:6, 3:6 hieß das ernüchternde Ergebnis nach zwei Sätzen. Doch Gaudio kämpfte sich in die Partie zurück und gewann schließlich das Match nach Abwehr von zwei Matchbällen in den folgenden Sätzen mit 6:4, 6:2, 8:6. Der Argentinier war am Ziel seiner Träume angekommen und hatte sich selbst auch besiegt. "Ich bin selbst mein schwierigster Gegner", meinte Gaudio immer über sich selbst. Zwar gelangen ihm nach seinem Triumph bei den French Open noch fünf weitere Turniersiege bei kleineren Sandturnieren, doch der Kampf gegen sich selbst ging immer öfter verloren. Besonders haften bleibt seine Niederlage als Titelverteidiger ein Jahr später bei den French Open 2005. Im Achtelfinale führte Gaudio gegen David Ferrer mit 4:0 im fünften Satz und sagte zum Coach von Ferrer: "Mach dir keine Sorgen. Ich werde heute nicht gewinnen." Er verlor tatsächlich sechs Spiele in Folge und das Match. Kurze Zeit später begann der rasante Absturz, bis zum Verschwinden aus der Weltrangliste des Argentiniers, der sich aufgrund seiner psychischen Labilität auf dem Tennisplatz auch in die Hände eines Psychiaters begab.