"Werde alles machen, um zu helfen"

Der Niederösterreicher wird nicht rechtzeitig für das nächstwöchige Davis-Cup-Duell gegen Frankreich fit, wird das Team aber als Sparringpartner unterstützen.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 22.02.2011, 09:53 Uhr

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Es hätte für Andreas Haider-Maurer ein großes Highlight in diesem Jahr werden sollen. Stattdessen wird der Niederösterreicher den Davis-Cup-Schlager gegen Vorjahresfinalist Frankreich vom 4. bis 6. März am Flughafen Wien-Schwechat nur von der Tribüne aus verfolgen können. Der 23-Jährige will sich dennoch in den Dienst der Mannschaft stellen und als Sparringpartner zur Verfügung stehen. Warum das für ihn selbstverständlich ist, warum er wirklich absagen musste und warum er nach seiner schweren Lungenentzündung schon wieder optimistisch in die Zukunft blickt, erzählte er im Gespräch mit tennisnet.com.



Andi, du hast die ganze Saisonplanung auf den Davis Cup gegen Frankreich ausgelegt gehabt – und jetzt die Absage. Wie groß muss da jetzt die Enttäuschung sein?


Die ist natürlich sehr groß. Das tut mir echt weh. Ich hab in den letzten eineinhalb Wochen alles versucht und geschaut, dass das mit der Lungenentzündung besser wird. Aber ich muss so ehrlich sein und zugeben, dass es einfach keinen Sinn macht.


Wie bist du zu diesem Schluss gekommen?


Ich hab das gemeinsam mit meinem Coach Karel van Wyk, meinem Konditionstrainer Christian Kohl und meinem Manager Bernd Haberleitner besprochen und entschieden. Und wir haben uns diese Entscheidung sicher nicht leicht gemacht.


Was ist konkret das Problem? Wo stehst du körperlich derzeit denn?


Etwa bei 60 bis 70 Prozent, würde ich sagen. Das Problem ist, dass ich ab dem Achtelfinale beim Reunion-Challenger zwei, drei Wochen lang fast die ganze Zeit über im Bett gelegen bin. Da verliert man eben an Substanz. Die ist in den eineinhalb Wochen bis zum Davis Cup nicht mehr aufzuholen.


Also eine Vernunftsentscheidung im Sinne des Teams?


Ja, kann man so sagen. Es bringt dem Team nichts, wenn ich mich mit 80 oder 90 Prozent auf den Platz stelle. Ich weiß, dass es gegen die Franzosen nun einmal 100 Prozent braucht. Wenn ich bei diesen aber nicht bin, riskiere ich nur meine Gesundheit.


Wie undenkbar wär’s denn gewesen, nächste Woche vielleicht ein Fünf-Satz-Match auf Sand zu spielen?


Es wäre völlig unmöglich! Ich kann derzeit noch nicht einmal mehr als 20 Minuten intensiv durchspielen. Und ein Best-of-five-Match ist ja von der Belastung her doch noch was ganz Anderes als sonst. Ich würde vielleicht zwei Sätze spielen können, danach wird’s schwer.


Hast du eine Ahnung, wo die Misere ihren Ursprung genommen hat und du dir die Lungenentzündung eingefangen hast?


Es waren wohl generell ein bisschen viele teils sehr lange Flüge seit dem Saisonbeginn, das ist für den Körper schon eine Belastung. Ich hab schwer den Verdacht, dass das dann auf dem Flug nach Reunion passiert ist. Der hat elf Stunden lang gedauert und es hat die ganze Zeit über kalte Luft von oben heruntergeblasen.

Hat dir da das Flugpersonal gar nicht geholfen?


Doch, schon ein bisserl, aber viel können die auch nicht machen. Ich bin mit zwei Pullovern, einer Jacke und einer Decke drüber dagesessen, aber die kalte Luft war eben trotzdem da. Und auf Reunion hat’s dann am Anfang 35 Grad gehabt. Ich hab mit dem Alex Peya dort trainiert und wir haben gleich mal das Nachmittagstraining abgesagt, weil wir so erschöpft waren. Da hat sich bei mir die Lungenentzündung dann schon langsam abgezeichnet.


Und die hat sich dann bekanntlich lang gezogen. Auch weil man als Spitzensportler kaum Medikamente nehmen darf?


Das stimmt schon, etwa 80 Prozent der Medikamente darf man normalerweise nicht nehmen, da sie auf der Verbotsliste stehen. Ich hab trotzdem ein paar erhalten, die ich wirklich höchst dringend gebraucht hab, um die musste ich halt vorher bei der NADA ansuchen. Die Genehmigung hab ich dann aber bekommen.


Deine Situation erinnert frappant an jene von Martin Fischer. Hast du ebenfalls so viel an Muskelmasse verloren?


Nach so einer Zwangspause nimmt man schon ab. Ich hatte davor bei 1,87 Meter Körpergröße 86 Kilo, jetzt sind’s 83, was aber auch noch okay ist. Ich hab eine sehr gute Substanz. Die drei Kilo hab ich schnell wieder, das hol ich in zwei Wochen auf. Ich bin körperlich halt auf einem Niveau, wo ich mir keine großen Sorgen machen muss, dass ich rasch wieder zurückkomme.


Und wann bist du wieder im Einsatz?


Ich hab nach dem Davis Cup für ein Future in Trento, eine Stunde von Innsbruck, genannt. Mal schauen, ob es sich ausgeht. Der Davis Cup kommt leider zumindest eine Woche zu früh.


Trotzdem willst du dem Team ja laut ÖTV-Aussendung als Sparringpartner zur Verfügung stehen. War das für dich sofort klar, das zu machen?


Ja, auf alle Fälle. Ich werde alles machen, um dem Team zu helfen. Ich werde morgen nach Wien fahren und mal vor allem Kondition trainieren, ich werde dann bis zum Davis Cup dort bleiben, jederzeit zur Verfügung stehen und sicher das eine oder andere Mal mittrainieren. Es ist einfach ein großes Highlight in diesem Jahr, da muss man zusammenhalten.


Der „Kurier“ vom 3. Februar zitiert dich mit „Anfang März werde ich dort anfangen, wo ich in Wien aufgehört habe“. Das wird zwar beim Davis Cup nicht mehr möglich sein, aber was macht dich derzeit trotz aller Widrigkeiten optimistisch?


Dass ich eigentlich bis zu meiner Zwangspause rein vom Spielerischen her zufrieden war. Manche sprechen da von einem „verpatzten Saisonstart“ und dass „alles schlecht gelaufen“ wäre, das sehe ich aber nicht so bei gerade mal zwei verlorenen Matches.


Wie schwer fällt es dir momentan, Geduld mit dir selbst zu haben?


Das ist jetzt schon wieder ein bisserl einfacher, ich kann ja mittlerweile wenigstens spielen. Richtig mühsam war’s, über zwei Wochen nur dazuliegen, zuzuschauen, die Ergebnisse der Anderen zu verfolgen und selber nichts machen zu können. Jeder Sportler weiß: Das ist so richtig frustrierend!


Glaubst du, dass du überhaupt als zweiter Einzelspieler aufgestellt worden wärst?


Ich glaube schon. Die Bedingungen beim Davis Cup wären mir auch bestimmt gelegen. Das macht’s nur doppelt bitter. Aber man kann’s nicht ändern, das ergeht vielen Sportlern so. Man muss das akzeptieren, weitermachen und stärker als vorher zurückkommen.


Für einen Einsatz hat sich zuletzt Stefan Koubek selbst wieder ins Spiel gebracht. Was hältst du von seinem Vorstoß? Kann er dem Team helfen?


Dadurch, dass ich ja jetzt ausfalle, ist es umso besser gewesen. Es ist wichtig, in so einem Länderkampf auf jemanden wie ihn zurückgreifen zu können. Er hat sehr viel Routine und spielt noch immer stark, seine Ergebnisse seit Mitte November sind gut. Er kann dem Team sicher helfen.


Läuft man als Österreichs zweiter Einzelspieler nicht trotzdem Gefahr, gegen die starken Franzosen nur eine Statistenrolle auszuüben?


Das glaub ich eigentlich nicht. Man ist da natürlich klarer Außenseiter. 99 Prozent erwarten sich keinen Sieg von einem, man hat daher aber auch keinen Druck und kann locker drauf los spielen, während die Franzosen diese beiden Einzel in Wahrheit gewinnen müssen, das ist ein großer Vorteil. Man darf halt nicht mit der Einstellung „Es ist nicht möglich, zu gewinnen“ reingehen, sondern muss an sich und seine Chancen glauben.


Wie stehen die für Österreich denn nach den Absagen von Monfils und Tsonga?


Die sind sicher ein bisschen gestiegen. Monfils und Tsonga sind wahrscheinlich doch einen Tick besser als die Anderen. Und Monfils wäre Jürgen (Melzer, Anm.) wohl nicht so gelegen, gegen den hat er, glaub ich, keine so gute Statistik. Schlecht ist das für uns also auf keinen Fall. Aber die Franzosen werden trotzdem mit zwei Leuten mit fast gleichem Niveau antreten können.


Worauf wird es ankommen?


Es hängt viel vom Jürgen ab. Er kann beide Einzel gewinnen und er hat auch schon öfter bewiesen, dass er unter Druck zwei Punkte holen kann. Dann haben wir eine große Chance. Die haben wir auch im Doppel. Und vielleicht gewinnen wir ja eines der anderen zwei Einzel. Wir sind zwar in Summe leichter Außenseiter, aber wir haben sicher unsere Chancen.


Das Gespräch führte Manuel Wachta.

von tennisnet.com

Dienstag
22.02.2011, 09:53 Uhr