Jan-Lennard Struff: „Ich habe auf jeden Fall wieder richtig Bock“
Nach seiner Auszeit aufgrund einer Hüftverletzung arbeitet Jan-Lennard Struff an seinem Comeback auf der ATP-Tour. Im tennisnet-Interview berichtet der 33-jährige Warsteiner über den aktuellen Stand seiner Vorbereitungen.
von Dietmar Kaspar
zuletzt bearbeitet:
10.08.2024, 10:37 Uhr

Eine herausragende erste Saisonhälfte absolvierte Jan-Lennard Struff, in der er sich mit den Finalteilnahmen beim Masters-Event in Madrid und dem ATP-Turnier in Stuttgart mit Platz 21 in der Weltrangliste auf sein Karrierehoch spielen konnte. Wegen einer Verletzung an der Hüfte musste der deutsche Davis-Cup-Spieler auf die Grand Slam-Turniere in Wimbledon und New York verzichten. Als Härtetest absolvierte er unter Anleitung seines Coaches Carsten Arriens eine Trainingswoche in der TennisBase Oberhaching und nahm sich anschließend Zeit mit tennisnet zu sprechen.
tennisnet: Jan-Lennard, vorab die wichtigste Frage: Wie geht es dir körperlich im Moment?
Jan-Lennard Struff: Eigentlich geht es mir ganz gut. Ich habe die ganze Woche hier trainieren können und hatte keine größeren Probleme. In den letzten Wochen konnten wir die Umfänge immer mehr steigern. Wie es dann richtig aussieht, wird sich erst im Wettkampf wieder zeigen. Die Eindrücke vom Training waren aber schon mal sehr positiv.
tennisnet: Neben Wimbledon musstest du auch auf die gerade laufenden US Open verzichten. Verfolgst du während so einer Verletzungspause das Geschehen verstärkt im TV?
Struff: Ich versuche in so einer Phase auch mal anderweitig etwas vom Tennis abzuschalten. Aber generell interessiert es mich dann halt zu sehr, wie die Matches ausgehen. Während eines Turniers schaue ich mir auf dem Zimmer meist nur die entscheidenden Phasen von Matches an. Für die US Open habe ich mir einen Streaming-Pass geholt und mir einige Matches meiner Davis Cup-Kollegen angeschaut. Während Wimbledon und Cincinnati habe ich abends gemütlich etwas geschaut, wenn meine Kids im Bett waren.
tennisnet: Nach deinen erfolgreichen Wochen in der ersten Jahreshälfte musstest du für das Turnier in Wimbledon absagen. Wann hatte sich deine Hüfte erstmals bemerkbar gemacht?
Struff: Eigentlich schon beim Challenger in Bordeaux, das ich als nächstes nach dem Turnier in Madrid gespielt habe. Im Viertelfinale gegen Moutet ist es mir dort einmal reingestochen und war auch bei der Halbfinal-Niederlage gegen Etcheverry nicht richtig gut. Danach haben wir zuhause einen ersten Scan gemacht, wo alles noch im Rahmen war und ich deshalb bei den French Open und den ersten Rasen-Turnieren spielen konnte. Gegen Mitte des Turniers in Halle habe ich dann erstmals wieder etwas gespürt, hatte aber nicht das Gefühl, dass es etwas Schlimmeres ist. Der Scan nach dem Turnier hat dann aber eine deutliche Verschlechterung gezeigt, weshalb ich für Wimbledon rausziehen musste.
Positive Vorzeichen für den Wiedereinstieg
tennisnet: Eine Verletzung kommt für einen Sportler nie zu einem geeigneten Zeitpunkt. Hilft es einem für die Vorbereitung trotzdem, dass man davor so erfolgreich gespielt hat?
Struff: Es hilft auf jeden Fall, dass ich aufgrund meines Rankings zu Beginn gleich wieder bei den Top-Turnieren drin bin. Von meinem Level her wird es natürlich spannend zu sehen, wie die ersten Turnierwochen verlaufen werden. Auf jeden Fall kann ich erst mal lauter ATP-Turniere spielen und muss nicht auf die Challenger-Tour ausweichen wie nach der letztjährigen Verletzungspause. Durch meine erfolgreichen Turniere vor der Verletzung habe ich natürlich einen großen Ansporn, dort wieder anzuknüpfen. Aber wenn man länger raus ist, muss man es sich neuerlich hart erarbeiten um dort wieder hinzukommen.
tennisnet: Letzte Saison hattest du ein schwieriges Jahr, wo es im Ranking weit runter ging. Dennoch gab es Highlights wie die Matches im Davis Cup. Wie wichtig waren diese für dich?
Struff: Ich hatte letztes Jahr einen schlechten Start mit einer Verletzung. Zwischendurch hatte ich immer wieder gute Matches, die ich öfters auch mal eng verloren habe. Die Davis Cup-Gruppenphase in Hamburg war für mich überragend und hat mir einen Push für die restliche Saison gegeben, mit guten Resultaten in Sofia und Bergamo. Für Deutschland zu spielen es eh immer etwas ganz Besonderes für mich.
Start beim UTS-Show-Event in Frankfurt
tennisnet: Dein Comeback ist momentan beim UTS-Showevent in Frankfurt geplant. Warum fiel die Entscheidung für diese Veranstaltung?
Struff: Ursprünglich hatte ich natürlich den Plan, die Turniere in den USA zu spielen und anschließend im Davis Cup. Nach so langer Pause direkt beim Davis Cup einzusteigen macht für mich keinen Sinn, da wäre ich dem Team auch keine Hilfe. Deshalb ist das UTS-Event für mich eine gute Gelegenheit, top-motiviert reinzugehen aber das Risiko möglichst gering zu halten. Bei den Spielen auf Zeit kann ich meine Grenzen wesentlich besser austesten. Eigentlich war das Event ja schon voll besetzt, aber aufgrund der Absage von Kyrgios hat sich diese Chance glücklicherweise für mich ergeben.
tennisnet: Wie siehst du solch neue Show-Formate? Denkst du das traditionelle Tennis sollte sich etwas in diese Richtung verändern?
Struff: Ich finde das traditionelle Tennis eigentlich cool, wie es ist. Ich bin auch ein großer Fan von den Fünfsatz-Matches und fand es ganz besonders, wenn diese so 15:13 im Entscheidungssatz geendet sind. Für die Fairness im Wettbewerb ist es natürlich besser, wenn am Ende ein Tie-Break gespielt wird und dies bei allen vier Grand Slam-Turnieren gleich ist. Generell gibt es halt eine Entwicklung in der Gesellschaft, je schneller desto besser. So ein Show-Event wie jetzt in Frankfurt ist auch für mich ein neuer Ansatz. Ich habe so etwas noch nie gespielt und generell bin ich immer offen für solche Neuerungen. Ich merke ja auch bei mir selber, dass mir privat immer öfter die Zeit fehlt und ich mir dann von Tennis-Matches oder auch von Fußballspielen eher die Highlight-Clips anschaue, wo ich es mir früher nicht so vorstellen konnte. Dennoch sollte das Tennis mit seinen Attributen wie Ausdauer und Facettenreichtum möglichst in seiner traditionellen Form erhalten bleiben.
Tour-Comeback in Asien geplant
tennisnet: Auf der Tour soll es für dich nach aktuellen Planungen auf der Asien-Tour weitergehen. Welche Ziele verfolgst du noch bis Saisonende?
Struff: Ich habe auf jeden Fall wieder richtig Bock, gute Matches zu spielen und gute Ergebnisse zu erzielen. Das momentane Ziel ist es, in Asien wieder zu spielen. Aber ich muss natürlich abwarten, ob mein Körper schon wieder bereit ist. Nach drei Monaten wird es nicht einfach, sofort wieder in den Match-Rhythmus zu kommen. Vielleicht habe ich ja den Vorteil, dass andere Spieler etwas müde sind, weil sie die letzten Wochen komplett durchgespielt haben. Ich freue mich einfach mega darauf, wieder auf den Court zu gehen und das Beste aus mir herauszuholen.
Vielen Dank für das Interview und alles Gute für die nächsten Wochen.