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Die gespaltene Liebe zu Wimbledon

Der Samstag in Wimbledon endete für die drei deutschen besten Spielerinnen mit gemischten Gefühlen.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 29.06.2014, 14:13 Uhr

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Von Jörg Allmeroth aus Wimbledon

Auf der Terrasse des Fernsehzentrums hatteAndrea Petkovicim letzten Tageslicht dieses verrückten Wimbledon-Samstags noch einen dringenden Wunsch an ihre FreundinAngelique Kerber: „Die Sharapova, die haust Du jetzt aber weg, Olle." Kerber stutzte einen Moment, ehe sie den Auftrag dann mit einem Schmunzeln annahm: „Mach' ich, klar." Und dann umarmten sie sich noch mal für die TV-Kameras des Senders „Sky", die Siegerin des Tages, die Achtelfinalistin Kerber. Und die wieder mal Gescheiterte, die Immer noch-Rasenallergikerin Petkovic. Es war fast genau in dem Moment, in dem auf den Monitoren zu sehen war,wie Sabine Lisickis Match gegen Ana Ivanovic in die Warteschleife geschickt wurde - abgebrochen beim Stand von 6:4 und 1:1, vertagt auf den Montag.

Wimbledonsieg nur mit „Liebe"

Es war ein Tag der komplett entgegengesetzten Gefühlslagen, Stimmungen und Ergebnisse, ein Tag, an dem einem schließlich ein Mann einfiel, dessen verrückte Geschichte als Sinnbild für alle Beschwernisse und Glücksmomente in Wimbledon steht - der Kroate Goran Ivanisevic. „Du kannst dieses Turnier nur gewinnen, wenn du es liebst. Mit all seinen Tücken und Macken", sagte er, der drei Mal in Endspielen als Favorit und Superstar Knockout geschlagen wurde,ehe er als unwahrscheinlicher Triumphator mit einer Wildcard in die Geschichtsbücher einging.

Viel Wahrheit steckt in diesem Satz, eine Wahrheit, die auch Kerber, Petkovic und noch eine gewisse Sabine Lisicki angeht, den Dreier-Pack aus der starken deutschen Fed-Cup-Truppe. Denn ein Zufall ist es gewiss nicht, dass die herausragende Allrounderin Kerber auch in Wimbledon wieder souverän ihre Frau steht, eine Spielerin, über die ihr Trainer Benjamin Ebrahimzadeh sagt: „Sie hat die Mentalität, immer 100 Prozent zu geben. Sie liebt den Wettkampf. Auf jedem Belag, morgens, mittags, abends. Überall auf der Welt. Und in Wimbledon noch mal besonders." Deshalb steht Kerber auf Platz sieben der Weltrangliste, deshalb ist Kerber auch die klare Frontfrau der Deutschen im Wanderzirkus, und deshalb darf sie sich jetzt auch nach dem 3:6,-6:3,-6:2-Sieg über die letztjährige Halbfinalistin Kirsten Flipkens der Verabredung mit French-Open-Siegerin Sharapova auf den Grüns des All England Club stellen. „Angie ist einfach ein Muster an Konstanz", sagt Bundestrainerin Barbara Rittner über die tüchtige Kielerin, die seit zwei Jahren ihren Platz in den Top Ten verteidigt.

Kerber malocht nach Rückschlägen

Kerber könnte wahrscheinlich auch auf Schnee oder Eis Tennis spielen, wenn man sie ließe. Einfach, weil sie immer ihre Pflicht und Schuldigkeit erfüllt, mit einer professionellen Attitüde, auf die manche Möchtegern-Heldinnen im Tourbetrieb schauen sollten. Sie steckt auch die wenigen herben Fehlschläge schnell weg, so wie jüngst den Pariser Achtelfinal-Ausrutscher gegen die Kanadierin Eugenie Bouchard. „Da hat sie sich drei Tage geärgert, dann hat sie sich rumgedreht und wieder auf Hochbetrieb malocht", sagt Trainer Ebrahimzadeh, „du musst auch vergessen können in einer langen Saison."

Während Kerber schon dem Achtelfinal-Rendezvous mit der „Heiligen Maria" (The Times) entgegenblickte („Das wird eine richtig heiße Sache"), hing Vorjahres-Finalistin Lisicki noch im Drittrunden-Match gegen Ivanovic fest. Lisicki, nicht gerade vom Glück verfolgt in der Regen-Lotterie des Samstags, verließ Court 1 gleichwohl mit einem Lächeln - denn ihre Liebe zu Wimbledon können auch diese Wetterkapriolen nicht erschüttern. Wie eine Verwandlungskünstlerin war sie bis zum Abbruch einmal mehr aufgetreten, der beste Satz der gesamten Saison ließ die kümmerliche Bilanz der letzten Wochen und Monate vergessen, weckte Hoffnungen auf eine neue starke Wimbledon-Kampagne. „Du stellst sie hier auf den Platz, und sie spielt gutes Tennis. Es ist schon irre", sagte Rittner, die Fed-Cup-Chefin. Terminstress ist allerdings sicher für Lisicki in der zweiten Woche, denn bis zu einem möglichen Halbfinaleinzug müsste sie von Montag bis Donnerstag nun jeden Tag spielen. Rasentennis satt also.

Petkovic und die fehlende Überzeugunskraft

Und Petkovic, die Hauptdarstellerin eines starken Pariser Grand-Slam-Auftritts? Sie verbindet mit Wimbledon keine Liebesbeziehung, sondern allenfalls eine Vernunftbeziehung. Ihrem Spiel merkt man es an: Auch als es am Samstag gegen Kanadas kommenden Superstar Bouchard um Alles oder Nichts ging, fehlte der Darmstädterin die letzte innere Überzeugungskraft, um diese Hürde zu nehmen. „Auf Rasen fehlt mir diese Selbstverständlichkeit in den Aktionen", sagte die 3:6,-4:6-Verliererin Petkovic, die auch nicht so leicht mit dem Chaos am ersten ärgerlichen Regentag zurechtkam, „ich habe mich alle 15 Minuten warm gemacht, doch dann ging´s wieder nicht weiter. Da war niemand, der klare Ansagen gab." Besondere Gram war indes nicht zu spüren, als ihr Wimbledon-Abenteuer nun vorüber war, aufs Neue und wieder mal in der dritten Runde - und auch dieser Gleichmut war eine Aussage für sich. Lebbe gehd weider, wenn auch nicht im All England Club.

Eine saß an diesem Tag auch noch in den Katakomben des Tennis-Heiligtums, die Nummer eins nämlich, die ihre bis dato schwache Grand Slam-Saison in Wimbledon drehen und wenden wollte. Doch für die beherrschende Spielerin dieser Epoche, für Serena Williams, wurde der Saison-Höhepunkt zum nächsten Tiefschlag -mit einer fatalen 6:1,-3:6,-4:6-Niederlage gegen die drahtige Französin Alizé Cornet. „Gegen mich spielt jede da draußen das Spiel ihres Lebens", sagte Williams, „deshalb muss ich wieder besser werden. Hundert Mal besser."

Hier die Damen-Ergebnisse aus Wimbledon.

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Sonntag
29.06.2014, 14:13 Uhr