Kerber nach Bad-Homburg-Sieg: "Einer der schönsten Momente meiner Karriere"

Angelique Kerber hat beim Turnier in Bad Homburg ihren ersten Titel seit Wimbledon 2018 gefeiert, sie hat beim Heimspiel nicht nur als Spielerin überzeugt.

von Jörg Allmeroth
zuletzt bearbeitet: 27.06.2021, 09:16 Uhr

Angelique Kerber
© Paul Zimmer/Daniel Maurer
Angelique Kerber

Wann immer Angelique Kerber in der letzten Woche vor einer Kamera stand, folgte früher oder später ein Satz, der wie ein Befehl in eigener Sache klang. Sie wolle die Spielerinnen beim Turnier in Bad Homburg „glücklich machen“, sagte Kerber, sie sollten und müssten sich „wohl und geborgen fühlen“ in der idyllischen Atmosphäre der hessischen Kurstadt.

Die Schlusspointe einer denkwürdigen Wettbewerbswoche war allerdings diese: Die glücklichste Teilnehmerin der ersten Bad Homburg Open-Auflage war keine andere als Kerber selbst, die Turnierbotschafterin und „Mutter der Kompanie“ strahlte am Samstagnachmittag als Titel-Heldin mit der Sommersonne um die Wette. „Es war der perfekte Moment hier und heute, einer der schönsten in meiner Karriere“, sagte die zu Tränen gerührte Tennis-Veteranin, die seit ihrem historischen Wimbledon-Triumph 2018 zum ersten Mal wieder einen Pokal in die Höhe stemmen konnte. 

Rittner: "Harte Arbeit zahlt sich aus"

Der unheimlich starke Gesamtauftritt, gekrönt mit dem 6:3, 6:2-Endspielsieg über die Tschechin Katerina Siniakova, weckte tatsächlich auch Hoffnungen für die an diesem Montag beginnenden Ausscheidungsspiele im Tennis-Heiligtum Wimbledon. „Die harte Arbeit, die Angie in den letzten Monaten investiert hat, zahlt sich jetzt aus“, sagte DTB-Frauenchefin Barbara Rittner, „ich glaube nicht, dass man sie in Wimbledon gern als Gegnerin haben möchte.“

Im dicht gedrängten Turnierkalender dieser zweiten Pandemie-Saison blieb der 33-jährigen Kielerin buchstäblich keine Atempause, um den Erfolgscoup im Kurpark gebührend mit Familie und Freunden feiern und genießen zu können – schon am Samstagabend musste sich Kerber ins Flugzeug nach London setzen, um sich vor Ort im All England Club noch für das Grand-Slam-Auftaktmatch gegen die Serbin Nina Stojanovic (WTA-Rangliste 86) zu präparieren. „Ich gehe gelassen und ruhig an Wimbledon heran. Aber jetzt auch mit viel Rückenwind, mit neuem Selbstvertrauen“, sagte die Heimsiegerin in heiter-gelöster Verfassung. 

Kerber beim Heimturnier in alles eingebunden

Neben den den drei Grand-Slam-Triumphen, dem Sprung auf Platz 1 der Weltrangliste bei den US Open 2016 und dem Gewinn der olympischen Silbermedaille dürfte der Erfolg in Bad Homburg zu den emotional wertvollsten Momenten in Kerbers bewegter Karriere gehören. Das Turnier sei „nicht wie jedes andere“, sagte Kerber schon vor den ersten Ballwechseln, und tatsächlich hatte sie für den Wettbewerbsneuling im Wanderzirkus nicht einfach nur ihren guten Namen hergegeben, sondern mitgewirkt an Atmosphäre und Funktionalität des ganzen Projekts. Kerbers Manager Aljoscha Thron lud seine Chefin immer wieder zu Arbeitssitzungen ein, nahm sie mit, wenn es darum galt, Sponsoren anzuwerben. „Sie hat das Turnier wirklich repräsentiert und war in alle Details eingebunden“, sagt Thron.

Das blieb nicht ohne Wirkung auf die Kerber-Matches bei diesen ersten Rasenfestivitäten in Bad Homburg. Anders als bei vielen anderen Turnieren der letzten 24 Monate wirkte Kerber voller Leidenschaft, Entschlusskraft und Willensstärke – die Absicht, selbst als erste Gewinnerin Geschichte zu schreiben, erfüllte sie mit dem Glanz bester Tenniszeiten. Gerade in der Corona-Krise war Kerber oft verloren und etwas orientierungslos erschienen, weit davon entfernt, ein Comeback in der engeren Weltspitze auf den Centre Courts zu inszenieren. Auch die Rückholaktion des langjährigen Coaches Torben Beltz verfing nicht, Kerber war seit dem Frühling 2020 eigentlich bis zu den Bad Homburg Open zu einer Randfigur im großen Spiel geschrumpft. Immer wieder keimten Spekulationen auf, das Karriereende Kerbers rücke näher.

Kerber und Wimbledon: Rückkehr ins Theater der Träume

Doch wenn Kerber mit dem nötigen Mumm und Biss ans Hand-Werk geht, wenn Fitness und Turniergefühl stimmen, dann ist immer noch mit ihr zu rechnen. Selbst zwei Drei-Satz-Siege am Freitag sind dann möglich, darunter der mitreißende Halbfinalerfolg gegen die zweimalige Wimbledongewinnerin Petra Kvitova – bei jenem Sieg übrigens machte Kerber ein 3:6, 1:3-Defizit wett und schaffte im entscheidenden dritten Satz noch ein Rebreak nach 5:6-Rückstand. Es mutete ein wie ein kleines Wunder nach den Enttäuschungen und Entbehrungen der bisherigen Saison.

Und jetzt also Wimbledon, die Rückkehr ins Theater der Träume. Läuft alles glatt, könnte Kerber in der dritten Runde auf eine alte Bekannte treffen. Auf Serena Williams, die Frau, gegen die sie beim ersten Endspiel im All England Club verlor, im Jahr 2016. Und gegen die sie zwei Jahre später dann souverän gewann. Nun ist wieder vieles möglich für Kerber. Nach einer perfekten Tenniswoche daheim in Deutschland, nach einer Woche „wie im Traum.“

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Kerber Angelique

von Jörg Allmeroth

Sonntag
27.06.2021, 09:50 Uhr
zuletzt bearbeitet: 27.06.2021, 09:16 Uhr

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