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„Diese Erfahrungen werden mir helfen“

Die 23-jährige Berlinerin hatte im Endspiel gegen Marion Bartoli mit der nervlichen Belastung zu kämpfen.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 06.07.2013, 19:54 Uhr

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Von Jörg Allmeroth aus Wimbledon

Als alles vorbei war, brandete noch einmal eine Welle der Sympathie über den Centre Court hinweg, ein Applaussturm für die blonde junge Frau, die in den letzten zwei Wochen zum „Liebling von London“ geworden war. Doch in diesen ersten Minuten nach dem verlorenen Wimbledon-Endspiel saßSabine Lisickizunächst einfach nur geschlagen und leer auf ihrem Stuhl, zog sich das Handtuch über den Kopf, um den Rest der Welt ihre abgrundtiefe Enttäuschung nicht zeigen zu müssen. „Ich habe selbst ein paar Tränen vergossen, als ich diese Szene sah“, sagte später Bundestrainerin Barbara Rittner, „es war schon ein Bild des Jammers. Das Bild, was wir an diesem Tag nicht sehen wollten.“

Lisicki: „Ich wollte mich konzentrieren, aber es ging nicht“

Gleich nach dem Match und den offiziellen Zeremonien eilten Rittner und Lisickis Eltern hinunter in die Umkleidekabine, um die geschlagene Finalistin aufzurichten. „Das kann man nicht schnell und einfach wegstecken“, sagte später Trainer Wim Fissette, „das wäre ja auch unnormal, denn dieses Spiel bedeutet einem ja sehr viel.“ Noch am Morgen waren sie alle guter Dinge gewesen im Team Lisicki, auch der aus Düsseldorf stammende Mannschaftsarzt des Fed-Cup-Teams, Dr. Ulf Blecker, der eigens noch einmal zum Endspiel nach London geeilt war: „Sabine war entspannt, hat sich gut gefühlt, war voller Energie. Aber man kann nicht unterschätzen, welche nervliche Belastung so ein Finale bedeutet – auf der größten Bühne des Tennis. Und die Matches vorher, da musste Kraft eingesetzt werden. Mehr als gedacht wohl.“

Als Lisicki fast zwei Stunden nach der Niederlage zu ihrer offiziellen Pressekonferenz kam, hatte die 23-Jährige den ersten Frust freilich couragiert weggesteckt, die Weltuntergangsstimmung der ersten paar Minuten nach dem Scheitern. Sehr präzise und sehr gewinnend analysierte die Berlinerin den Zwei-Satz-Fehlschlag, sprach davon, dass die extrem schweren Spiele besonders der zweiten Woche zuviel Substanz gekostet hätten und dass es extrem schwer gewesen sei zu akzeptieren, „nicht so zu spielen, wie man es eigentlich kann“: „Ich wollte mich konzentrieren, aber es ging nicht. Ich wollte mit aller Macht kämpfen, aber es ging nicht richtig. Da verlierst du dann einfach auch den Glauben.“ Gefragt, wie sie ihre zwei Wochen hier bilanziere, sagte sie: „Es war eine große Leistung insgesamt. Und diese Erfahrungen der letzten Tage gerade werden mir helfen. Ich merke, wie ich als Spielerin immer weiter wachse.“

Empfang in der Heimat in Berlin

Inzwischen waren auch von Freundinnen aus dem Fed-Cup-Team und aus der ganzen Sportwelt Glückwünsche an die zweite Siegerin eingegangen. „Ich ziehe trotz dieser Niederlage den Hut vor Sabine. Sie hat ein Monsterturnier hingelegt und die schwersten Brocken aus dem Weg räumen müssen“, sagte die Darmstädterin, einst die Anführererin des deutschen Fräuleinwunders, „das hat man im Finale dann gemerkt“. Basketball-Riese Dirk Nowitzki ließ die Berlinerin wissen: „Wahnsinnsturnier, Sabine. Kopf hoch.“ DTB-Chef Karl-Georg Altenburg erklärte nach der Niederlage: „Sabine wird ihren Weg weitergehen. Sie hat die Kraft, eines Tages in Wimbledon zu gewinnen, da bin ich sicher. Wir alle wollen jetzt versuchen, den Schub mitzunehmen, den sie uns mit ihren tollen Leistungen gegeben hat.“ Auch Porsche-Chef Matthias Müller, dessen Unternehmen das Fed-Cup-Team mit Lisicki unterstützt, lobte Lisicki als „Vorbild für alle jungen Talente“ in Deutschland.

Lisicki wird bereits an diesem Sonntag nach Berlin reisen. Was genau am Tag der Rückkehr in die Heimat passieren wird, ist noch unklar. Angeblich soll es auf der Anlage von Rot-Weiß Berlin einen Empfang für die Wimbledon-Finalistin geben. „Wenn der ganze Trubel jetzt vorbei ist, freue ich mich auf ein paar ruhige Tage. Ich muss das jetzt erst mal alles verdauen“, sagte Lisicki, bevor sie mit ihrer Entourage ins angemietete Haus in Wimbledon entschwand.(Foto: GEPA pictures/ Alan Grieves)

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Samstag
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