Marc-Andrea Huesler im Interview - "Die Schweiz ist so klein"

Zum dritten Mal in dieser Saison gastiert die ATP-Challenger-Tour in der Schweiz. Nach den Turnieren in Biel und Lugano findet in dieser Woche mit den Finaport Zug Open ein erstes Outdoor-Event der höchsten Kategorie statt. Wir haben mit dem Turnierfavoriten Marc-Andrea Huesler gesprochen.

von Florian Heer
zuletzt bearbeitet: 28.07.2022, 13:02 Uhr

Marc-Andrea Huesler ist in Zug an Position eins gesetzt
© Florian Heer
Marc-Andrea Huesler ist in Zug an Position eins gesetzt

Von Florian Heer aus Zug

Heimspiel für den 26 Jahre alten Züricher Marc-Andrea Huesler. Die Nummer 96 der ATP-Weltrangliste ist bei dem mit 134.920 Euro dotierten Sandplatzturnier an Nummer 1 gesetzt. Nach seinem Zweisatzerfolg in der zweiten Runde über Santiago Rodriguez Taverna aus Argentinien am Mittwochnachmittag haben wir uns mit Huesler zum Interview getroffen. Wir sprachen mit ihm über das neue Turnier sowie seine Abenteuer in Wimbledon und Mexiko, wo er in Aguascalientes und Mexico City im April dieses Jahres zwei seiner insgesamt fünf ATP-Challenger-Turniersiege feiern konnte.

Herr Huesler, mit den Zug Open gibt es ein neues Challenger-Turnier in der Schweiz. Wie sind Ihre Eindrücke?

Marc-Andrea Huesler: Sehr cool. Es findet in einem normalen Tennisclub statt und man hat es geschafft ein großes Challenger-Event auf die Beine zu stellen. Ohne Tradition ist es schwierig Sponsoren zu akquirieren. Es kommen allerdings viele Leute. Die Stimmung ist toll und auch die speziellen Plätze (Conipur Sand) sind sehr gut zu bespielen.

Man kann überhaupt von einer positiven Entwicklung bezüglich der Turnierlandschaft in der Schweiz sprechen. Ist das etwas, wovon die Schweizer Spieler profitieren konnten?

Ja, absolut. Als ich angefangen habe auf dem Pro-Circuit zu spielen, gab es nur Futures, aber noch keine Challenger in der Schweiz. Jetzt mit einer Generation junger, talentierter Spieler kamen plötzlich auch mehrere Turniere, wie in Biel, Lugano und jetzt Zug. Es ist sehr schön diese Events vor Familie und Freunden zu bestreiten und natürlich auch den Heimvorteil zu genießen. Wir haben zurzeit viele gute Spieler und pushen uns gegenseitig. Man sieht was möglich ist und das motiviert.

Wie ist Ihr Verhältnis untereinander?

Die Schweiz ist so klein. Man kennt sich sehr gut. Mit Dominic (Stricker) habe ich im Davis-Cup bereits einiges erlebt. Wir verstehen uns auch abseits des Platzes super. Er ist einer der besten Kollegen auf der Tour. Gleiches gilt für Alex (Ritschard). Früher haben viele der Spieler ihr eigenes Ding gemacht. Heute sind wir auf einem ähnlichen Spielniveau und versuchen gegenseitig davon zu profitieren. Natürlich ist es schade, dass Spieler wie Roger Federer oder Stan Wawrinka im Davis-Cup nicht mehr dabei sind, aber wir versuchen uns mit einer neuen Mannschaft zu etablieren.

Kommt man mit den Schweizer Legenden wie Federer und Wawrinka auch mal in Kontakt?

Eher selten, aber ab und an kommt man bei den Grand Slams oder auch in der Schweiz zum Trainieren zusammen. Meistens haben sie aber andere Turnierplanungen und sind deswegen eher unter sich.

Stichwort Grand Slam. Sie haben in Wimbledon Ihr erstes Hauptfeld bei einem Major gespielt. Wie war die Erfahrung?

Rückblickend eine tolle. Es war alles sehr speziell und aufregend. Mein letztes Match in der Qualifikation habe ich in fünf Sätzen gewonnen. Es wäre schön gewesen, wenn mir das in der ersten Runde des Hauptfeldes auch gelungen wäre (Huesler verlor gegen Hugo Grenier in fünf Sätzen). Allerdings gibt es nun den Anreiz es nächstes Jahr besser zu machen. Zudem sind es wertvolle Erfahrungen, die man machen muss. Man sollte davon profitieren damit auch langfristig der Weg nach oben führt.

Verspüren Sie als Top-Gesetzter bei einem Challenger-Event vor heimischer Kulisse auch einen gewissen Druck?

Ein wenig natürlich, aber als Tennisspieler ist man das auch gewohnt. „Pressure is a privilege”. Man ist Favorit, weil man Sachen erreicht hat, für die man hart gearbeitet hat. Die Dichte bei einem Challenger ist jedoch enorm. Jeder kann jeden schlagen. Die Matches sind eng. Oft ist die Tagesform ausschlaggebend. Deshalb gilt es jeden Tag möglichst sein bestes Tennis auf den Platz zu bringen.

Sie haben im Frühjahr in Mexiko eine ganze Turnierserie gespielt. Nicht nur weil Sie zwei Titel gewinnen konnten, schien Ihnen dieser Swing sehr gut gefallen zu haben?

Die Bedingungen dort kamen mir sehr entgegen. Die Höhenlage und schneller Sand. Ich hatte anfangs einige Startschwierigkeiten. Am Ende habe ich jedoch sehr gut gespielt und konnte zwei Titel gewinnen und habe ein weiteres Halbfinale erreicht. Die Turniere in Mexiko sind immer super. Die Events finden in den wohlhabenderen Clubs des Landes statt. Es kommen viele Leute und die Spieler werden richtig gefeiert. Das ist ein wenig eine andere Mentalität. Wenn man dazu noch mexikanisches Essen mag, umso besser. Sonst wird es allerdings schwierig (lacht).

Wie sehen Ihre Ziele für den Rest der Saison aus?

Die Zielsetzung am Anfang des Jahres war es unter die ersten 120 der Welt zu kommen. Dies konnte ich bereits erreichen. Im nächsten Schritt gilt es sich nun in den Top 100 zu etablieren, um in den Hauptfeldern der Grand-Slam-Turniere dabei sein zu können. Und dann gilt es immer weiter zu schauen. Schließlich möchte man immer besser werden.

Viel Erfolg und besten Dank.

von Florian Heer

Donnerstag
28.07.2022, 14:36 Uhr
zuletzt bearbeitet: 28.07.2022, 13:02 Uhr