Als das Angebot kam, habe ich nicht gezögert

Der 38-Jährige beendet im Januar seine Karriere und spricht über seine Arbeit als Co-Trainer des Davis-Cup-Teams.

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 02.04.2020, 08:06 Uhr

Michael Kohlmann stehen spannende Zeiten bevor. Vor wenigen Tagen wurde der 38-jährige Tennisprofi vom Deutschen Tennis Bund (DTB) als neuer Co-Trainer des Davis-Cup-Teams vorgestellt. Zu Kohlmanns Aufgabengebiet zählt auch der männliche Nachwuchs ab 18 Jahren. Bei den Deutschen Jugend-Hallenmeisterschaften in Essen, die heute beginnen, wird Kohlmann somit erstmals in neuer „Mission“ unterwegs sein. Doch nicht nur das: Der Doppelspezialist feiert am 7. Dezember Hochzeit und beendet im Januar bei den Australian Open in Melbourne seine dann rund 18 Jahre dauernde Profikarriere. Seine Bilanz kann sich sehen lassen: Im Einzel schaffte er den Einzug in die Top 100, im Doppel gewann er fünf Turniere und kletterte bis auf Platz 27 der Weltrangliste. Wir sprachen mit dem Westfalen in der TennisBase Oberhaching, wo er seit Jahren seinen Trainingsmittelpunkt hat und auch zukünftig viel Zeit verbringen wird.

Michael Kohlmann, der Karrierestart als Trainer oder der Start ins Eheleben, was ist aufregender?

Beides ist eine spannende Herausforderung. Meiner Frau ist glücklicherweise bekannt, dass ich am Netz stärker bin als am Herd.

Dann wenden wir uns auch besser den Themen rund ums Netz zu. Wie lautet denn die Bezeichnung Ihrer Tätigkeit für den DTB? Das war bei der offiziellen Vorstellung nicht ganz klar.

Ich bin der Stellvertreter von Teamchef Carsten Arriens während der Davis-Cup-Wochen, insofern passt Co-Trainer des Davis-Cup-Teams am besten. Zusätzlich haben wir beide ein Konzept für den männlichen Nachwuchs ab 18 Jahren entwickelt, den wir in dieser wichtigen Phase intensiver begleiten und unterstützen wollen. Der Nachwuchsbereich ist vor allem meine Aufgabe, während sich Carsten intensiver um das Davis-Cup-Team kümmern wird.

Haben Carsten Arriens und Sie dabei nicht ein „Zeitproblem“, da Sie beide nicht Vollzeit vom DTB engagiert sind?


Das stimmt, die Zeit ist ein großer Faktor, aber 2013 sehen wir als Übergangsjahr an und hoffen, dass danach die Kapazitäten frei sind, um eine Vollzeitstelle für mich zu schaffen und unser Konzept so umsetzen zu können, wie wir uns das als Ziel setzen.

Für Sie ist 2013 selbst ein Übergangsjahr. Sie beenden Ihre Profikarriere, da ist der Trainerjob auf diesem Level doch geradezu der ideale Anschluss, oder?

Absolut. Ich habe mir schon in diesem Jahr Gedanken darüber gemacht, was passieren und wo mich mein Weg hinführen wird. Und ich bin dankbar, dass Patrik Kühnen mir die Chance gegeben hat, in der Partie gegen Australien in Hamburg als Co-Trainer mal „reinzuschnuppern“. Das war für mich eine riesen Gelegenheit, die Szene einmal von der anderen Seite zu beleuchten, und das hat mir auch sehr viel Spaß gemacht. Als dann das Angebot vom DTB kam, habe ich nicht gezögert.

Wie bewerten Sie die Arbeit von Patrik Kühnen im Rückblick?

Wenn man zehn Jahre etwas macht, hat man vieles richtig gemacht. Die Davis-Cup-Wochen waren perfekt, das haben alle Spieler bestätigt. Ich glaube, dass nach zehn Jahren Dinge manchmal größer gemacht werden, als sie sind. Dass es jetzt so ausgegangen ist, ist schade. Man muss ihm für die zehn Jahre danken. Jetzt freue ich mich aber auf meine neue Aufgabe mit Carsten, mit dem ich mich auch sehr gut verstehe und mit dem ich mich auch schon intensiv inhaltlich ausgetauscht habe.

Der erste Pflichttermin steht nun an, die Deutschen Jugend-Hallenmeisterschaften in Essen.

Ja, aber das sehe ich nicht als Pflichttermin an, sondern als einen Termin, den ich gerne wahrnehmen möchte. Ich will mich ja schnellstmöglich in meinen Job einarbeiten. Wenn man selber auf der Tour ist, hat man nur wenig Zugriff auf die Jugendlichen – anders als beispielsweise hier in Oberhaching. Ich werde auch bei Deutschen Meisterschaften der Damen und Herren in Biberach sein. Danach geht es nach Australien, wo dann die Arbeit mit Carsten richtig beginnt. Dort werden wir auch festlegen, wer welche Turniere besucht und wie der Kalender mit Sichtungen, Lehrgängen etc. aussehen wird.

Stichwort Oberhaching. Welche Rolle wird die TennisBase, Leistungszentrum des BTV und DTB-Bundesstützpunkt, in Zukunft für Sie spielen?

Für mich war Oberhaching die letzten sechs, sieben Jahre absoluter Mittelpunkt, und das wird auch so bleiben. Einerseits weil hier die Jugendarbeit und das ganze Trainingskonzept einzigartig in Deutschland sind. Andererseits, weil die TennisBase als Bundesleistungszentrum sowieso mein Stützpunkt ist, von dem aus ich agieren und Sichtungen durchführen werde. Die Trainingsbedingungen waren für mich immer top, und diese Masse an guten, erfolgreichen Spielern plus die Masse an guten, erfolgreichen Trainern ist wohl in Deutschland einzigartig.

Wie sieht es denn mit dem bayerischen Nachwuchs aus?

Absolut positiv. Wenn Carsten und ich uns über Talente unterhalten, fallen immer wieder die Namen einiger bayerischer Spieler. Etwa Maximilian Marterer, Johannes Härteis, Hannes Wagner und Daniel Baumann, die alle in Essen dabei sind und auch in der deutschen Rangliste ganz weit vorne stehen. Alle vier haben große Voraussetzungen, aber jetzt müssen die nächsten Schritte gemacht werden, damit es in die richtige Richtung geht. Es gibt im Herrentennis niemanden mehr, der mit 17 oder 18 die Welt erobert.

Sie selbst wurden mit 19 Profi. Was waren rückblickend die schönsten Momente Ihrer Karriere?

Zwei, drei Ereignisse werde ich nicht vergessen. 1998 hab ich gegen Michael Chang in Singapur gewonnen. Damals war er in Asien ein absoluter Hero, und mit diesem Sieg bin ich unter die ersten 100 in der Weltrangliste gekommen. Das war mit Sicherheit etwas ganz Besonderes, ebenso das Halbfinale mit Jarkko Nieminen in Australien, mit dem ich jetzt auch mein letztes Turnier spielen werde. Und natürlich jede Davis-Cup-Woche, weil dort sowohl in der Niederlage als auch im Sieg extreme Gefühle aufkommen.

Wie oft haben Sie für Deutschland im Davis Cup gespielt?

Da muss ich mal zählen. Argentinien, Kroatien, Australien, Düsseldorf in Krefeld, Belgien... sechs oder sieben Mal, das weiß ich nicht mehr so genau.

Und der letzte Einsatz?

Das war gegen Belgien im Jahr 2007. Da hab ich mir das Knie kaputt gemacht, das vergesse ich natürlich auch nie. Auf der Bank ist das Verletzungsrisiko glücklicherweise etwas geringer.

Interview: Bayerischer Tennis-Verband; Foto: GEPA pictures

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Montag
03.12.2012, 11:56 Uhr
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